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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bessere Statistik als Ibrahimović Kann dieser Mann das deutsche Sturmproblem lösen?

Mika Biereths Torquote in diesem Jahr erinnert an ein Videospiel. Skurril: Noch ist der Stürmer ohne A-Länderspiel – und könnte für Bundestrainer Nagelsmann womöglich viele Probleme lösen.
Acht Ligaspiele, zehn Tore, drei Dreierpacks: Der statistische Leistungsnachweis von Mika Biereths ersten Wochen bei der AS Monaco erinnert an den jungen Erling Haaland. Als dieser im Januar 2020 zu Borussia Dortmund kam, erzielte er im selben Zeitraum allerdings "nur" neun Treffer.
Dieser Vergleich zeigt: Der 22-jährige Däne ist im europäischen Spitzenfußball wie ein Meteorit eingeschlagen – quasi aus dem Nichts und mit voller Wucht. So könnte es womöglich bald auch der deutschen Nationalmannschaft gehen. Denn: Angreifer Biereth könnte laut unterschiedlichen deutschen Medienberichten möglicherweise auch für den Deutschen Fußball-Bundes (DFB) antreten – und Bundestrainer Julian Nagelsmann und den Verband damit eines großen Zukunftsproblems entledigen.
Hochveranlagte Mittelstürmer wie der etwa 1,87 Meter große Biereth sind im deutschen Fußball rar gesät – zumal in dem Alter. Stuttgarts Deniz Undav (28 Jahre) und der Gladbacher Tim Kleindienst (29) haben sich zwar zuletzt massiv entwickelt, nähern sich allerdings dem 30. Lebensjahr an.
Die derzeit formstarken Nick Woltemade (23, ebenfalls Stuttgart) und Jonathan Burkhardt (24, Mainz) sind unzweifelhaft talentiert, haben aber kein einziges Europapokalspiel absolviert. Allerhöchsten Ansprüchen wird einzig Arsenals Kai Havertz (25) gerecht, doch der fällt wegen einer Oberschenkelverletzung wohl für den Rest der Saison aus.
Eine Option erscheint am wahrscheinlichsten
Ist also Senkrechtstarter Biereth die Lösung und wird womöglich bereits am Donnerstag erstmals für die Länderspiele gegen Italien ins deutsche Team berufen? Dazu hat sich der DFB auf t-online-Anfrage bisher nicht geäußert.
Ausgeschlossen scheint das nicht. Wahrscheinlicher ist indes, dass Biereth zeitnah das Trikot der dänischen A-Mannschaft überstreifen wird. Denn für "Danish Dynamit" lief er bereits elfmal in den Nachwuchsnationalteams auf und war dabei sogar Kapitän. Allerdings bieten sich dem schlaksigen Blondschopf mannigfaltige Möglichkeiten.
Sein Vater hat dänische und deutsche, seine Mutter bosnische Wurzeln. Weil er dazu in London geboren ist, würden für Biereth gleich vier Nationalmannschaften infrage kommen. Selbst im zunehmend globalisierten Profifußball ist er damit eine Ausnahme.
Seitdem auch seine Torquote zur Ausnahmeerscheinung avanciert, wird der in London geborene Mittelstürmer zunehmend mit dem Thema konfrontiert. "Ich dachte nicht, dass diese Fragen so schnell gestellt werden würden – aber es scheint so zu sein", sagte der 22-Jährige vor einigen Tagen: "Wenn man im Klub überzeugt, kommt das Thema Nationalmannschaft von selbst auf. Ich werde weiter hart im Verein arbeiten und bin in einer einzigartigen Situation. Nicht viele können für vier unterschiedliche Länder auflaufen."
Hütter bremst die Euphorie
Sein Vereinstrainer ist vom Wirbel um den vermeintlichen neuen Wunderstürmer mittelmäßig begeistert. Monacos Bundesliga-erfahrener Coach Adi Hütter lobt Biereths Auftritte zwar regelmäßig als "beeindruckend", beschwört aber auch, weiter ruhig zu arbeiten. "Niemand hebt hier ab", wiederholt Hütter mantraartig.
Das wäre wohl einfacher, wenn sich das Medieninteresse am multikulturell geprägten Angreifer zuletzt nicht gefühlt überschlagen hätte. Ein Grund: Biereth stellt einen anderen Skandinavier in den Schatten, dessen Name auch nach dem Karriereende in die Schlagzeilen gerät. Zlatan Ibrahimović.
Das in den vergangenen zwei Jahrzehnten wohl größte Enfant terrible des Weltfußballs brauchte für seine ersten zehn Treffer in der französischen Ligue 1 nach seinem Wechsel zu Paris Saint-Germain 2012 neun Partien. Biereth erreichte das schon zwei Spiele vorher. Zudem ist Monacos Stürmer der erste Spieler, dem in Frankreichs höchster Spielklasse drei Dreierpacks innerhalb eines Kalendermonats gelangen.
Doch all diese Statistiken sind nur eine Seite des Hypes. Die andere ist Biereths Persönlichkeit – die wie bei Ibrahimović unverkennbar extrovertiert ist. Bevor er im Januar für kolportierte 13 Millionen Euro ins schwerreiche Fürstentum gewechselt ist, spielte Biereth im beschaulichen Graz.
Vom ehemaligen Schwarzenegger-Stadion in die große Fußballwelt
Mit dem Sportklub Sturm aus der Heimatstadt Arnold Schwarzeneggers holte er im vergangenen Sommer überraschend die österreichische Meisterschaft – nachdem diese zuvor zehnmal in Folge an Red Bull Salzburg gegangen war.
Bei der Titelsause im Zentrum der steirischen Landeshauptstadt präsentierte sich Biereth als echtes Feierbiest. Mit schwarzer Vokuhila-Perücke, die er zuvor auch beim Torjubel getragen hatte, und angeklebtem Schnurrbart, heizte er den rund 15.000 Fans von einer Hebebühne vor dem Rathaus aus ein.
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Im Vergleich zu all seinen Teamkollegen trug er dabei noch die komplette Spielermontur. Biereth hatte sich bei den Festivitäten nach dem letzten Saisonspiel am Vortag gar nicht groß umgezogen. Teamkollege Jusuf Gazibegović attestierte dem Stürmer daraufhin, Partylöwe Nummer eins im Team zu sein.
Nicht nur aufgrund solcher Anekdoten hat Biereth Spuren in Graz hinterlassen – obwohl er knapp elf Monate in der Steiermark war. So richtig platzte der Knoten aber erst nach der Meisterschaft: In der Hinrunde der aktuellen Saison netzte der Mittelstürmer in 16 Spielen der österreichischen Bundesliga elfmal ein.
Ganz anderer Körperbau als Haaland und Ibrahimović
Im intensiven Angriffspressing von Meistertrainer Christian Ilzer, der mittlerweile in Hoffenheim wirkt, leistete Biereth viel Laufarbeit, rotierte oft und schuf dadurch immer wieder Räume für seine Offensivkollegen. Außerdem legte er fünf Treffer auf.
Von seinen skandinavischen Nachbarn Haaland und Ibrahimović, die beide 1,95 Meter groß und – trotz ihrer Dynamik – breit und muskulös sind, unterscheidet Biereth eine Menge. Nicht nur, weil er bei fast 1,90 nur etwa 70 Kilogramm auf die Waage bringt.
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Von vielen anderen Spielertypen dieser Gewichtsklasse unterscheidet ihn allerdings seine fußballerische Sozialisation – und zwar wesentlich: In der Jugend in London spielte er für den FC Fulham und Arsenal, ehe Biereth sich durch Leihen nach Waalwijk in den Niederlanden und Motherwell in Schottland die nötige Wettkampfhärte in physische herausfordernden Spielklassen holte.
Diese scheint ihm in dieser Saison besonders zu Pass zu kommen: Mit insgesamt 21 Liga-Treffern in Österreich (elf) und Frankreich (zehn) liegt Biereth in der Addition gleichauf mit Harry Kane (FC Bayern) und Robert Lewandowski (FC Barcelona).
In der Champions League ist die Torquote nicht annähernd so gut
Von den beiden wohl besten Stürmern Europas trennt ihn dennoch eine Menge. Denn in der Champions League traf der gebürtige Londoner in acht Spielen nur zweimal. Kane und Lewandowski netzten dagegen neunmal ein.
Auch im Ligue-1-Topspiel gegen Paris (1:4) blieb Biereth für Monaco torlos – ebenso wie am Freitag beim 1:1 gegen Toulouse. Den Hype um das Sturmtalent wird das vorerst allerdings wohl nicht beenden – auch was Spekulationen um eine DFB-Nominierung angeht.
Seine Berateragentur hat auf eine entsprechende Anfrage von t-online übrigens noch nicht geantwortet. Ob das eine gute oder schlechte Nachricht für die deutsche Nationalelf ist, könnte die nächste Woche zeigen.
- Anfrage an den Deutschen Fußball-Bund
- Anfrage an Mika Biereths Berateragentur
- transfermarkt.de: 3. Hattrick seit Wintertransfer: Monacos Biereth nach sieben Spielen schon 5. der Torjägerliste
- transfermarkt.de: Spielerprofil von Mika Biereth
- transfermarkt.de: Spielerprofil von Zlatan Ibrahimović
- transfermarkt.de: Spielerprofil von Erling Haaland
- ran.de: Mika Biereth: Monaco-Senkrechtstarter knackt irren Hattrick-Rekord von Ibrahimovic - Option für Nagelsmann?
- spox.com: Er könnte für Deutschland spielen: Mika Biereth von der AS Monaco glänzt mit verrückter Tor-Quote
- sport1.de: "Er löscht Zlatan von der Tafel"
- kleinezeitung.at: Wieder Triplepack! Mika Biereth zerlegt auch Reims
- sportschau.de: Havertz-Verletzung schockt nicht nur Arsenal
- youtube.de: Profil von 360edition
- youtube.de: Profil von Sturm Graz