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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mit Neulingen und kaum bekannten Spielern Nagelsmanns Rumpftruppe unter Druck
Bundestrainer Nagelsmann wollte die Begeisterung aus der Heim-EM bis zum nächsten großen Turnier des DFB-Teams retten. Nach einigen Ausfällen seiner Stammkräfte gestaltet sich diese Mission als holprig.
Musialas Führungstreffer gegen Ungarn, Füllkrugs Last-Minute-Ausgleich gegen die Schweiz, Havertz' abgezockter Elfer gegen Dänemark. In diesen Momenten der vergangenen Heim-Europameisterschaft entfachte die deutsche Nationalmannschaft eine Euphorie, die Kritiker ein halbes Jahr zuvor nicht für möglich gehalten hätten. Bundestrainer Julian Nagelsmann setzte auf eine eingespielte Formation, die die Herzen der Fans nach Jahren der fußballerischen Identitätskrise zurückeroberte.
Doch für die kommenden Spiele in der Nations League gegen Bosnien-Herzegowina (11.10.) und die Niederlande (14.10.) muss Nagelsmann improvisieren. Verletzungen von bewährten Leistungsträgern rupften den DFB-Kader. Sechs Spieler ohne jegliche Länderspielerfahrung finden sich nun im Aufgebot wieder. Vor nicht einmal drei Wochen erzählte Nagelsmann noch gut gelaunt, er wolle schon "jetzt eine Elf finden mit fünf, sechs top Einwechselspielern", die bei der WM 2026 nach dem fünften Stern greifen könne.
Daraus wird vorerst nichts. Vor allem in der Offensive müssen sich die Fans auf neue Gesichter einlassen. Von den sechs verschiedenen Torschützen des EM-Turniers ist lediglich Florian Wirtz noch dabei.
U21-Europameister wird belohnt
Mit Niclas Füllkrug und Kai Havertz fehlen die beiden Akteure, die sich bei der Europameisterschaft den Platz in der Sturmspitze teilten. Seit der vergangenen Länderspielpause im September plagen Füllkrug Probleme an der Achillessehne. Kai Havertz traf noch am Wochenende für den FC Arsenal, sagte aber wegen Kniegelenkbeschwerden ebenfalls für die Nationalmannschaft ab.
Beide werden durch Spieler ersetzt, die erstmals in den Kreis der A-Nationalmannschaft berufen wurden. Mit Jonathan Burkardt schafft ein U21-Europameister von 2021 den Sprung nach oben. Zwei Knieoperationen hatten den Spieler von Mainz 05 in den Jahren nach dem Junioren-Titel zurückgeworfen. Nun startete er fulminant in die neue Bundesliga-Saison, kommt nach seinem Doppelpack beim 3:0 gegen St. Pauli schon auf fünf Saisontore.
Um die Rolle des klassischen Stoßstürmers, wie Füllkrug einer ist, zu besetzen, greift Nagelsmann auf Tim Kleindienst zurück. Der 1,94-Meter-Mann schoss den 1. FC Heidenheim in der Saison 2022/23 mit 25 Toren in die erste Liga und vergangenes Jahr mit zwölf Treffern in die Conference League. Auch bei seinem neuen Verein Borussia Mönchengladbach startete Kleindienst vielversprechend in die Saison. Auf dem Platz gilt er als harter Arbeiter, bezeichnete sich selbst als "Drecksack". Mehr dazu lesen Sie hier.
Wenige bekannte Gesichter
Für die verletzten Jamal Musiala und Robin Koch hat Nagelsmann Jamie Leweling vom VfB Stuttgart und Kevin Schade vom englischen Erstligisten FC Brentford nachnominiert. Während Schade schon dreimal unter Hansi Flick bei der DFB-Elf zum Einsatz kam, könnte der 23-jährige Leweling sein Länderspiel-Debüt feiern. Genauso wie der elf Jahre ältere Oliver Baumann. Der Hoffenheimer Keeper wird bei mindestens einem der zwei Länderspiele im Tor stehen und den schwer am Knie verletzten Marc-André ter Stegen ersetzen. "Er hat es sich verdient, jetzt mal ein Länderspiel zu kriegen, das wird jetzt auch so sein", sagte Nagelsmann bei der Nominierung.
Am Dienstagvormittag gesellte sich dann der nächste Spieler dazu. David Raum reiste wegen einer Sprunggelenksverletzung vorzeitig ab (mehr dazu lesen Sie hier) und wird von Italien-Legionär Robin Gosens ersetzt.
Mainz, Gladbach, Hoffenheim, Brentford, Florenz: Die Zeiten, in denen die Nationalmannschaft aus den Spitzenteams der Bundesliga zusammengestellt wurde, scheinen zunächst vorbei. Bereits nach den Rücktritten von Manuel Neuer, İlkay Gündoğan, Thomas Müller und Toni Kroos hatte das DFB-Team an bekannten Gesichtern eingebüßt. Doch der Kader für die kommenden Länderspiele dürfte für den gelegentlichen Fußball-Gucker einige Fragen aufwerfen.
Dabei beweist Nagelsmann bei der Auswahl seiner Spieler schon länger mehr Mut als seine Vorgänger Löw und Flick und berief regelmäßig Spieler "kleinerer" Vereine. Bei seinem Amtsantritt als Bundestrainer betonte er, aufgrund aktueller Leistung nominieren zu wollen. Im Herbst 2023 lud er den damaligen Angreifer von Union Berlin, Kevin Behrens und Werder-Stürmer Marvin Ducksch ein. Beide setzten sich jedoch nicht langfristig im Kreise der Nationalmannschaft durch.
Ganz im Gegensatz zu Maximillian Mittelstädt (VfB Stuttgart) und Robert Andrich (Bayer Leverkusen), die ebenfalls unter Nagelsmann debütierten und bei der EM viele Minuten absolvierten. So können auch Tim Kleindienst oder Jonathan Burkardt hoffen, sich mit guten Leistungen gegen Bosnien-Herzegowina sowie gegen die Niederlande für die weiteren Länderspiele im November zu empfehlen.
Zunächst muss Bundestrainer Nagelsmann aber aus der zusammengewürfelten Truppe eine wettbewerbsfähige Einheit formen. "So schade es ist, wenn wir auf verletzte Stammkräfte, die uns bei der Heim-EM im Sommer mitgetragen haben, dieses Mal verzichten müssen: Wir freuen uns jetzt sehr darauf, unsere neuen Spieler im Kreis der Mannschaft und im Training zu erleben", erklärte Nagelsmann. Denn: Es ist nicht auszuschließen, dass einer der DFB-Neulinge bis zur WM 2026 ein bekanntes Gesicht sein wird.
- Eigene Recherche
- Mit Material der Nachrichtenagentur SID