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FC Bayern: Effenberg rät Goretzka zu Abschied und Tah vom Wechsel ab


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Ungewohnte Situation
So etwas darf nicht noch mal passieren

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 15.08.2024Lesedauer: 6 Min.
Vincent Kompany (l.) und Max Eberl: Trainer und Sportvorstand des FC Bayern haben in diesem Sommer viel zu tun.Vergrößern des Bildes
Vincent Kompany (l.) und Max Eberl: Trainer und Sportvorstand des FC Bayern haben in diesem Sommer viel zu tun. (Quelle: Frank Hoermann/SVEN SIMON)
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Der FC Bayern startet noch mit einigen Fragezeichen in die neue Saison. Für Goretzka könnte ein Abschied sinnvoll sein, für Tah ein Verbleib in Leverkusen.

Die Sommerpause ist vorbei und der FC Bayern startet am Freitag mit dem Pokalspiel in Ulm in die neue Saison. Der Supercup am Tag danach findet nach der ersten titellosen Saison seit zwölf Jahren dieses Mal ohne den Rekordmeister statt. Leverkusen und Stuttgart haben sich als Meister und Vizemeister die Teilnahme daran aber mehr als verdient. Für die Bayern ist das trotzdem ungewohnt und es tut ihnen sicher weh.

Es wird jetzt mit Sicherheit einen Angriff der Bayern auf die Meisterschaft geben. Einfach wird das aber nicht. Vor allem mit Leverkusen und Dortmund, das sich sehr gut verstärkt hat, haben sie schwierige Gegner, Leipzig lauert dahinter. Ich erwarte mindestens einen Dreikampf um die Meisterschaft. Auch den VfB Stuttgart sollte man nicht abschreiben. Sie haben ihre prominenten Abgänge gut aufgefangen. Es wird auf jeden Fall megaspannend.

Den Bayern sollte die enttäuschende vergangene Saison jetzt als Antrieb dienen. Ihr Anspruch muss es sein, wieder Meister zu werden und endlich auch mal wieder ins Pokalfinale zu kommen. Und in der Champions League findet das Finale ja dieses Mal in München statt. Auch das muss ihr Ziel sein.

Ansonsten ist direkt wieder Feuer unterm Dach

Schon den Pokalauftakt in Ulm müssen sie aber sehr ernst nehmen. Ulm ist in die zweite Liga aufgestiegen, dort herrscht große Euphorie. Bayern ist dagegen noch nicht in seinem Rhythmus. Die vergangenen Jahre waren im Pokal mit dem frühen Ausscheiden gegen Kiel, Gladbach, Freiburg und Saarbrücken schlichtweg enttäuschend. So etwas darf jetzt nicht noch mal passieren. Ansonsten ist direkt wieder Feuer unterm Dach.

Generell sehe ich die Bayern aber gut für die neue Saison gerüstet. Mit Hiroki Itō, João Palhinha und Michael Olise wurden drei vielversprechende Neuzugänge verpflichtet. Dass sich Itō direkt schwer verletzt hat und mit einem Mittelfußbruch noch wochenlang fehlen wird, ist natürlich bitter. Der junge Nestory Irankunda ist ebenfalls ein sehr spannender Spieler.

Die größte Baustelle sehe ich weiter durch das Überangebot im zentralen Bereich. Was passiert mit Leon Goretzka? Und was mit Kingsley Coman und Serge Gnabry auf den Außenbahnen? Bekommen sie die noch verkauft oder wollen die Spieler überhaupt gehen?

Wenn sich das Transferfenster schließt und die Champions League dann losgeht und du gewisse Spieler nicht losbekommen hast, die aber keine Rolle spielen, dann kann das eine Gefahr sein. Ich kann mir gut vorstellen, dass in Sachen Verkäufe noch etwas passieren wird. Das muss es eigentlich auch – vor allem mit Blick auf die eigene Zufriedenheit gewisser Spieler.

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Stefan Effenberg. (Quelle: IMAGO/Mladen Lackovic/imago)

Zur Person

Stefan Effenberg (56) stammt aus Hamburg. Der Mittelfeldspieler gelangte über Borussia Mönchengladbach und die Münchner Bayern auch in die Nationalmannschaft, für die er 35 Länderspiele absolvierte. Mit Gladbach holte er den bis heute letzten Titel im DFB-Pokal 1995. Mit dem FC Bayern München gewann er 2001 als Kapitän die Champions League, darüber hinaus drei Deutsche Meisterschaften und zweimal den Pokal. In Florenz und Katar sammelte er Auslandserfahrungen. Nach dem Ende seiner Spielerkarriere machte der "Tiger" in Paderborn als Trainer und in Krefeld als Manager Station. Vor allem aber ist er als meinungsstarker Fußball-TV-Experte und regelmäßiger Kolumnist von t-online bekannt.

Für Goretzka ist die Konkurrenzsituation sehr schwierig

Mit Palhinha hat Bayern jetzt die viel zitierte "Holding Six", also einen ballsicheren und defensiv denkenden zentralen Mittelfeldspieler verpflichtet. Ich gehe davon aus, dass er und Kimmich jetzt eine Doppelsechs bilden und die Bayern auch in dieser Konstellation in die Saison starten werden.

Damit ergeben sich dann automatisch aber auch Fragezeichen hinter Aleksandar Pavlović, Konrad Laimer und eben Goretzka. Vor allem für ihn sehe ich die Konkurrenzsituation sehr schwierig. Er hat schon in den wichtigen Spielen der vergangenen Saison nicht gespielt, wurde nicht für die Heim-EM nominiert. Das sind alles große Rückschläge, die er verkraften muss.

Palhinha wird gesetzt sein und auch alle anderen Mittelfeldspieler sehe ich momentan vor Goretzka. Das muss er auch erkennen. Auf der einen Seite wünsche ich mir immer, dass die Spieler den Kampf um die Stammplätze annehmen. Auf der anderen Seite muss man als Spieler aber auch reflektieren, ob der Weg zu einem anderen Klub nicht vielleicht der bessere ist – gerade auch mit Blick auf die WM in zwei Jahren, bei der Goretzka dabei sein will. Da wäre es eine schlechte Entscheidung, bei Bayern zu bleiben und dann nur acht oder neun Spiele pro Halbjahr zu machen. Er sollte sich Gedanken machen, um wieder ein gesetzter Spieler zu sein.

Einen Abschied von Bayern würde ich auch nicht als Niederlage sehen. Man kann sich auch bei einem anderen Verein beweisen und wieder Top-Leistung bringen. Das haben genug andere Beispiele schon gezeigt. Als Spieler musst du manchmal vernünftige Entscheidungen treffen, um deine Zukunft zu sichern. Mal abwarten, wie Goretzka mit der Situation umgehen wird. Bis Ende August weiß er, wie mit ihm bei Bayern geplant wird.

Die spannendste Personalie der gesamten Bundesliga

Was jetzt mit Pavlović passiert und wie es mit seiner Entwicklung weitergeht, ist ebenfalls extrem spannend. Max Eberl und Christoph Freund haben es sich ja zur Aufgabe gemacht, die Philosophie des Klubs ein wenig umzuschreiben und mehr auf junge Spieler zu setzen. Dass wird man auch gut an Pavlović festmachen können: Ob junge Spieler wirklich die Möglichkeit dazu bekommen, sich bei Bayern weiterzuentwickeln, oder ob sie nur ausgeliehen und irgendwann verkauft werden. So wie das zum Beispiel bei Angelo Stiller der Fall war, der alle Jugendmannschaften bei Bayern durchlaufen hat, ablösefrei gegangen ist und jetzt beim VfB Stuttgart zum Nationalspieler geworden ist.

Ich halte es nach wie vor für schwierig bei Bayern, zu viel auf junge Spieler zu setzen. Wenn du Titel gewinnen willst, geht das nicht nur mit 18-, 19-Jährigen. Von daher ist die Personalie Pavlović die wohl spannendste beim FC Bayern und vielleicht der gesamten Bundesliga.

Dann ist Olise ein Gewinn für Bayern

Interessant wird auch sein, wer sich auf der Außenbahn in München durchsetzen wird. Olise ist ebenfalls eine äußerst interessante Personalie. Er hat über 50 Millionen Euro Ablöse gekostet. Das ist schon ein hohes Risiko. Er ist hochtalentiert, aber auch verletzungsanfällig. Wenn er aber fit bleibt, wird Olise die Qualität im Kader erhöhen und ein Gewinn für Bayern sein.

Bryan Zaragoza sollte den Bayern aber ein warnendes Beispiel sein. Auch er kam mit großen Erwartungen nach München und konnte diese nicht erfüllen. Olise verschärft die Konkurrenzsituation vor allem für Gnabry und Coman. Auch Thomas Müller ist da noch hintendran und hat gewisse Ansprüche. Leroy Sané will ebenfalls spielen. Da ist schon richtig Druck drauf auf den Flügelpositionen. Aber das ist auch gut so.

Kompany muss sich auf zwei Spieler festlegen

Es gibt schon ein paar Aufgaben, die der neue Trainer Vincent Kompany da lösen muss. Das Wichtigste ist, dass du Ruhe innerhalb der Mannschaft hast. Du brauchst bei Bayern eine gesetzte Achse, die unantastbar ist, und musst die dann auch so spielen lassen.

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Das gilt vor allem in der Innenverteidigung. Da durften in der vergangenen Saison mal Min-jae Kim und Dayot Upamecano spielen, dann plötzlich Matthijs de Ligt und Eric Dier. Es war immer eine Rotation drin. Und Bayern hat am Ende allein in der Bundesliga 45 Gegentore geschluckt. Das war auch das Ergebnis der permanenten Wechsel und der daraus resultierenden Unsicherheit. Wichtig wird sein, dass Bayern da wieder Stabilität reinbekommt.

Da wird Palhinha mit Sicherheit dabei helfen. Entscheidend sind aber vor allem die beiden Innenverteidiger, die das uneingeschränkte Vertrauen ihres Trainers brauchen. Das war zuletzt nie der Fall und das hat alle verunsichert. Da muss Kompany jetzt eine Entscheidung treffen und sich auf zwei Spieler festlegen. Die Defensive muss stehen wie in Stein gemeißelt.

Würde Tah raten, noch ein Jahr in Leverkusen zu bleiben

Der mögliche Transfer von Leverkusens Jonathan Tah zu Bayern ist immer noch in der Schwebe. Er ist für mich der Spieler, der in der vergangenen Saison den größten Sprung in seiner Entwicklung gemacht hat. Er ist mit Leverkusen Meister und Pokalsieger und auch in der Nationalelf zum Stammspieler geworden.

Ich würde ihm trotzdem raten, noch ein Jahr in Leverkusen zu bleiben und seine Leistung zu bestätigen. Dort hat er auch wieder die Möglichkeit, um Titel zu spielen, ist unangefochten gesetzt und genießt vollstes Vertrauen. Wenn sein Vertrag im Sommer dann ausläuft, stehen ihm die Welt und auch der Weg zu Bayern immer noch offen.

In München ist es aber ein anderer Kampf um den Stammplatz als in Leverkusen. Eine Garantie hast du dort nie. Unter anderem auch Kim und Upamecano wollen dort ebenfalls immer spielen. Aus meiner Sicht brauchst du keine drei oder gar vier Innenverteidiger, die auch genau diesen Anspruch haben. Da sollte den Bayern die Situation mit de Ligt, Upamecano und Kim jetzt bei den Verhandlungen mit Tah ein warnendes Beispiel sein.

Bayern München bekommt nicht mehr jeden Spieler

Auch deshalb kann ich es verstehen, dass Bayern de Ligt jetzt an Manchester United verkauft hat. Mit Dier, Itō und Josip Stanišić haben sie immer noch gute weitere Optionen in ihrem Kader.

Dass Xavi Simons sich für Leipzig entschieden hat, kann ich ebenfalls nachvollziehen. Für seinen nächsten Entwicklungsschritt war das die richtige Entscheidung. Leipzig spielt auch in der Champions League und will in der Bundesliga wieder voll angreifen und für Furore sorgen. Bayern München bekommt eben auch nicht mehr jeden Spieler.

Bayern hat ohnehin einen sehr großen Kader mit einem Gehaltsvolumen von rund 300 Millionen Euro. Da musst du auch mal wieder abbauen. Wenn du immer nur aufbaust, ist das eine große Gefahr – auch für deine Ziele. Deshalb sollte jetzt eher der Fokus darauf liegen, vielleicht noch ein, zwei Spieler abzugeben. Es ist nur vernünftig, dass Bayern ein Auge darauf hat, das alles wieder ein bisschen runterzuschrauben. Das passiert in allen anderen Ligen momentan ja auch. Ich finde den Kader insgesamt sehr gut aufgestellt. Jetzt müssen die Jungs aber auch liefern.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
Verwendete Quellen
  • Eigene Einschätzungen
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