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WM-Rückblick 1962: Vorrunden-Aus und Spieler-Aufstand gegen Herberger


WM-Rückblick: Chile 1962
Peinliches Aus und Spieler-Aufstand gegen Herberger

Von sid, t-online
04.06.2018Lesedauer: 3 Min.
Bundestrainer Sepp Herberger und Co-Trainer Helmut Schön 1962: Nach der WM in Chile gab es reichlich Gegenwind für den Coach.Vergrößern des Bildes
Bundestrainer Sepp Herberger und Co-Trainer Helmut Schön 1962: Nach der WM in Chile gab es reichlich Gegenwind für den Coach. (Quelle: Horstmüller/imago-images-bilder)

In Chile verteidigt Brasilien den WM-Titel. Bundestrainer Sepp Herberger erlebt hingegen ein Debakel und einen bitteren WM-Abschied. Nach dem Turnier streikt die halbe Nationalmannschaft.

Das hatte sich der legendäre Sepp Herberger sicher ganz anders gedacht: Nach seiner vierten und letzten Weltmeisterschaft als Reichs- bzw. Bundestrainer gab es ganz erheblichen Ärger.

Vorrunden-Aus gegen Jugoslawien

Die Träume des Weltmeisters von 1954 endeten 1962 in Chile schon in der Zwischenrunde: 0:1 gegen Jugoslawien. Damit nahmen die Blauhemden aus Belgrad und Zagreb Revanche für ihre Niederlagen 1954 (0:2 in Genf) und 1958 (0:1 in Malmö), wo sie trotz teilweise überlegenen Spiels den Kürzeren gezogen hatten.

Den WM-Titel gewannen wie vier Jahre zuvor in Schweden die Brasilianer. Diesmal am Schluss sogar ohne ihren Superstar Pelé, der sich schon in der Vorrunde so schwer verletzt hatte, dass er vorzeitig nach Hause gefahren war.

Nur Seeler bringt Normalform

Im deutschen Lager schlug das 0:1 gegen die Jugoslawen hohe Wellen. Zwar waren die Deutschen lange die bessere Elf, schossen aber keine Tore. Im vielgerühmten Sturm mit Albert Brülls, Helmut Haller, Uwe Seeler, Horst Szymaniak und Hans Schäfer brachte nur Seeler Normalform.

Hinterher wurde offen Kritik geäußert. Haller ließ Luft ab: In Chile habe es innerhalb der Mannschaft eine Menge "Hochradfahrer" gegeben, die zwar weniger trainiert, dafür aber Herberger umso mehr Honig ums Maul geschmiert hätten.

Herbergers Taktik in der Kritik

Dabei habe der alte Fuchs Herberger diesmal eine Menge taktischer Fehler gemacht. Gegen Italien (0:0), die Schweiz (2:1) und Chile (2:0) in der Vorrunde seien die Deutschen mit einem blauem Auge davongekommen. Haller: "Aber gegen die cleveren Jugoslawen musste unsere betonte Defensivtaktik schiefgehen."

Auch Torwart Hans Tilkowski war stocksauer. Ihn hatte Herberger in Chile überhaupt nicht aufgestellt, sondern den Neuling Wolfgang Fahrian vorgezogen, der allerdings auch kaum Fehler machte. Tilkowski beklagte sich und zog Konsequenzen: "Erst eine Stunde vorher habe ich erfahren, dass ich nicht spiele. Fahrian aber wusste es immer schon früher. Ich bin schließlich kein kleiner Junge mehr, sondern spiele seit sechs Jahren im Nationalteam. Herberger wusste, dass er offen mit mir reden konnte, hat sich aber gedrückt. Für mich ist Schluss - bis er weg ist!"

Nach Chile streikt die halbe Mannschaft

Enttäuscht war man auch, weil Herberger bis zum Schluss am Weltmeister Hans Schäfer festgehalten hatte, obwohl der Kölner offensichtlich völlig außer Form war. Dagegen blieben Jüngere wie Heinz Strehl oder Günter Herrmann nur auf der Ersatzbank. Kurzum: Nach Chile streikte die halbe Nationalmannschaft.

Herberger musste seine restlichen zwei Jahre als Bundestrainer ohne Tilkowski, Haller, Brülls, Szymaniak und Herrmann auskommen, die alle erst unter seinem Nachfolger Helmut Schön wieder mitmachten. Herberger nahm 1964 nach dem Tod von DFB-Präsident Peco Bauwens seinen Hut.

Schließlich stand der "Bundes-Sepp" schon im Rentenalter. Viele hätten dem verdienten und erfolgreichen Mann einen besseren Abschluss gewünscht. Denn gerade auch Herberger sah Weltmeisterschaften als absolute Höhepunkte an. Da schmerzte ein frühes Aus wie in Chile besonders.

Brasilien-Stars wirken antiquiert

Aber auch die Brasilianer waren nach dem zweiten Titelgewinn in Folge nicht nur glücklich. Ohne den verletzten Pelé gab es viel Leerlauf. Beim 3:1 über die Tschechoslowakei im Endspiel sahen die Europäer über weite Strecken wie der Sieger aus, obwohl sie sich ihrer 1:0-Führung nur 100 Sekunden erfreuen konnten. Brasiliens Trainer Vincente Italo Feola hatte gegenüber 1958 nur drei Spieler ausgetauscht.

Im Vergleich zur WM vier Jahre zuvor in Schweden wirkten einige Dreißiger wie Nilton Santos, Didi, Vava und andere schon reichlich antiquiert, trotz ihrer immer noch hohen Kunst am Ball. Brasilien musste jüngere Leute einbauen, das braucht auch unter dem Zuckerhut seine Zeit. Das sollte sich 1966 in England zeigen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur sid
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