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FC Bayern | Thomas Müller eröffnet brisante Mia-san-mia-Debatte


Bayern-Star stellt Grundsätzliches infrage
Müller eröffnet brisante Debatte


24.02.2025Lesedauer: 4 Min.
Thomas Müller mit Leidenschaft bei der Sache: Der Weltmeister stellt sich in den Dienst des Vereins.Vergrößern des Bildes
Thomas Müller mit Leidenschaft bei der Sache: Der Weltmeister stellt sich in den Dienst des Vereins. (Quelle: IMAGO/Eibner-Pressefoto/Memmler)
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Ausgerechnet nach dem am Ende souveränen Erfolg gegen Frankfurt schlägt Vizekapitän Thomas Müller beim FC Bayern Alarm. Er eröffnet eine brisante Grundsatzdebatte.

Aus München berichtet Julian Buhl

Thomas Müller war mal wieder ganz in seinem Element. Mit einer Müller-Milch in der Geschmacksrichtung Banane in der Hand, womit auch sonst, stand er in der Interviewzone im Bauch der Allianz Arena und parlierte und parierte dort eine Frage nach der anderen. Es waren ziemlich knifflige dabei.

Der 35-Jährige wurde unter anderem auf seine vermeintliche Demütigung durch seinen Trainer Vincent Kompany (mehr dazu lesen Sie hier) und sogar einen möglichen Angriff der Aliens auf die Erde (mehr dazu lesen Sie hier: Müller beantwortet verrückte Alien-Frage) angesprochen. All das brachte den Routinier nicht aus der Ruhe. In seiner für ihn typischen lässigen und lockeren Art moderierte er all das gewohnt souverän ab, schließlich ist er nicht umsonst so etwas wie der Außenminister des FC Bayern.

Bei einem Thema war von lustigen Sprüchen oder Augenzwinkern aber plötzlich nichts mehr zu hören oder zu sehen. Man merkte schon an dem ernsten Tonfall seiner Stimme, dass er etwas Wichtiges zu sagen hatte. Müller warf nämlich selbst eine Frage auf, die ihn momentan offenbar sehr beschäftigt. Und damit stellte er nichts weniger als den Leitgedanken des gesamten Klubs infrage: das "Mia san mia".

Müller eröffnet brisante Debatte

"Wir haben uns den Sieg verdient in diesem Spiel – durch die Art und Weise, wie wir gespielt haben", begann Müller seine Analyse nach dem eigentlich souveränen 4:0-Sieg des FC Bayern gegen Frankfurt. "Wir haben vielleicht ein bisschen gebraucht, uns auch selber zu glauben", fuhr Müller dann fort und eröffnete mit den Sätzen, die er noch folgen ließ, dann endgültig die "Mia san mia"-Debatte. "Das muss man schon feststellen, dass in den letzten Wochen oder grundsätzlich, dass manchmal so ein bisschen dieses Selbstvertrauen fehlt bei dem einen oder anderen."

Ein Umstand, der eigentlich so gar nicht zum Selbstverständnis und traditionell sehr ausgeprägten Selbstbewusstsein des deutschen Rekordmeisters passt. Warum die Münchner genau das zuletzt bisweilen verloren oder zumindest nicht ausstrahlten, darüber rätselt auch Müller. "Obwohl ja jeder, der beim FC Bayern unter Vertrag steht, irgendetwas Besonderes können muss, ansonsten wäre er nicht hier. Das ist nämlich schon eine ganz enorme Auslese, die hier spielt", sagte er. "Und da wundere ich mich tatsächlich manchmal darüber, dass wir da nicht grundsätzlich noch mehr Selbstvertrauen haben. Aber wir sind auch Menschen."

Das nach den beiden glücklichen Remis in Leverkusen (0:0) und gegen Glasgow (1:1) offenbar etwas verloren gegangene Vertrauen habe sich die Mannschaft mit dem am Ende dominanten Auftritt gegen Frankfurt "peu à peu, von Minute zu Minute zurückgeholt", stellte Müller fest.

Müller will Bayern wieder mehr "Mia san mia" einimpfen

Er selbst hatte seine Teamkollegen teilweise auf dem Spielfeld förmlich dazu aufgerüttelt. Konrad Laimer bekam das nach knapp einer halben Stunde am deutlichsten zu spüren, den Müller wild gestikulierend auf dem Platz anblaffte.

"Ich war einen Hauch drüber. Aber der Konni hält das aus", sagte der Weltmeister von 2014 darauf angesprochen und scherzte: "Dadurch ist mein Schuss enorm fest geworden – weil ich so wütend war, dass er mir den Laufweg nicht angeboten hat."

Als Vizekapitän gehört es durchaus zu Müllers Aufgaben, seinen Teamkollegen das "Mia san mia" (wieder) einzuimpfen. Oder etwa nicht? "Natürlich, schon! Wir zeigen, dass es wenig Grund gibt, grundsätzlich zu hadern, es jedoch Sinn macht, zu analysieren", sagte Müller darauf angesprochen. "Aber: Eine Analyse, die darf selbstkritisch sein, nur ohne dieses Selbstvertrauen zu verlieren, dass man jede Sekunde selbst immer noch ein Top-Top-Spieler ist – diesen Grat, der natürlich schmal ist, musst du finden."

"Wieso ist der rote Teppich nicht bis zum Haus ausgerollt?"

Dem 35 Jahre alten Routinier, der seit 2000 im Verein ist und 738 Profieinsätze für Bayern vorzuweisen hat, ist das bereits unzählige Male in seiner erfolgreichen Laufbahn gelungen. "Ich habe das Ganze in meiner Karriere schon über 700-mal gemacht", sagte Müller und beschrieb das Dilemma, in dem er als Profifußballer dabei oft steckt.

"Nach schlechten Spielen sitze ich auch daheim und man fühlt sich vielleicht kurz wie der größte Versager – und nach dem anderen Spiel, wo es super läuft, da denkst du jetzt: Ja, wieso ist der rote Teppich nicht bis zum Haus ausgerollt?" Müller weiter: "In diesem Wellenbad der Gefühle bewegen wir uns, und da musst du halt zurechtkommen."

Spiele

Zumindest gegen Frankfurt gelang Müller und den Bayern das gut. "Grundsätzlich war es einfach ein guter Auftritt – du hast ja jedes Spiel eine neue Chance. Aber du hast auch jedes Spiel eine neue Chance, am unmenschlichen Druck zu zerbrechen", sagte Müller.
Das Gleiche gilt nun auch für die kommenden Aufgaben der Münchner am Freitag (20.30 Uhr) beim Vizemeister VfB Stuttgart und erst recht für die beiden Achtelfinalduelle in der Champions League mit Bayer Leverkusen, die direkt danach folgen.

"Wir sind ja auch nicht blöd"

Speziell der erschreckend harmlose und hilflose Auftritt beim glücklichen 0:0 vergangene Woche in Leverkusen hat bei den Bayern Spuren hinterlassen. "Wir sind ja auch nicht blöd, wir schauen ja auch unser Spiel, wir haben ja auch ein Gefühl", sagte Müller. "Wenn du nicht aufs Tor schießt und 0,02 x Goals-Wert (Torwahrscheinlichkeit; Anm. d. Red.) hast, das fühlt sich nicht gut an. Aber es muss sich auch nicht immer alles gut anfühlen."

Wenn ausgerechnet Bayer die Träume der Bayern vom "Finale dahoam" am 31. Mai schon im Achtelfinale beenden würde, wäre das zweifellos ein harter K.-o.-Treffer für die Münchner und ihr Selbstverständnis. Das gilt auch für den Fall, dass ihnen ihr festes Vorhaben, zumindest die Meisterschaft nach einer komplett titellosen Saison wieder nach München zurückzuholen, am Ende doch noch misslingen sollte.

Bayern könne aber "auch die Tabelle interpretieren", wie Müller befand. "Acht Punkte vor Leverkusen zu stehen, das musst du dir verdient haben. Und so müssen wir das Ganze auch interpretieren", sagte er. "Dass die letzten Wochen nicht so mit dieser Leichtigkeit und mit diesen Glanzvorstellungen abgelaufen sind, das wissen wir auch. Deswegen war es schön, heute mal wieder zu spüren, was uns hilft, die Spiele so zu absolvieren." Das "Mia san mia" eben. Müller und die Bayern werden es in den kommenden Wochen zweifellos brauchen.

Verwendete Quellen
  • Mixed-Zone-Gespräch mit Thomas Müller am 23. Februar in der Allianz Arena
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