Bayern-Star spielt jetzt um seine Zukunft Am Scheideweg
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leroy Sané meldet sich mit seinem ersten Startelf-Einsatz und einer starken Leistung beim FC Bayern zurück. Er spielt jetzt um seine Zukunft und ist für Kompany die größte Aufgabe.
Aus Mainz berichtet Julian Buhl
Nach dem 4:0-Sieg des FC Bayern und der Ehrenrunde im Mainzer Stadion kamen Leroy Sané und Jamal Musiala als letzte Spieler am Spielertunnel an. Die beiden Matchwinner der Münchner waren noch immer ins Gespräch und die Analyse der vorangegangenen 90 Minuten vertieft. Dabei hatten die beiden zweifellos den Unterschied ausgemacht. Musiala, der drei Tore erzielt hatte, trug den Spielball, den er sich als Andenken gesichert hatte, mit sich. Sané hatte über seiner Schulter das Trikot von Gegenspieler Anthony Caci hängen, der ihn kurz zuvor um den Tausch gebeten hatte.
Im Schatten des magischen Musiala verdiente sich auch Sané die t-online-Note eins. Schließlich war auch er an der Entstehung von gleich drei Treffern beteiligt. Vor Musialas Abstauber-Kopfball zum zwischenzeitlichen 2:0 lieferte er die perfekte Flanke auf Harry Kane. Auch das 4:0 brachte er mit einem öffnenden Pass mit auf den Weg (45). Am meisten Eindruck hatte Sané aber definitiv unmittelbar zuvor mit seinem Treffer zum 3:0 gemacht. Den leitete er nämlich mit beherztem Einsatz und einem Doppelpass am eigenen Strafraum selbst ein – und vollendete ihn mit einem perfekt platzierten Distanzschuss.
Sané stand in Mainz zum ersten Mal seit dem 8. Mai und dem Halbfinalrückspiel in der Champions League gegen Real Madrid wieder in der Startelf. Nach seinem Jokertor als Einwechselspieler beim 5:0 am Sonntag in Bochum meldete sich der Nationalspieler dabei eindrucksvoll zurück.
Musiala: "Mit Leroy macht es immer Spaß"
Nach einem komplizierten Sommer, in dem er eine langwierige Schambeinentzündung mit in die Heim-EM geschleppt hatte, scheint Sané sich nun langsam wieder seiner Bestform anzunähern.
Musiala, der auch Sanés bester Kumpel in der Mannschaft ist, genoss das Zusammenspiel der beiden Zauberfüße jedenfalls sichtlich. "Mit Leroy macht es immer Spaß. Wir sind richtig nahe und reden viel. Es war einfach cool, ihn wieder auf dem Platz zu sehen", sagte Musiala zu t-online. "Wir haben in den letzten Jahren immer gut zusammen gezockt." Für Sané gehe es jetzt darum, "seinen Fitnessrhythmus nach seinen Verletzungen aufzubauen", so Musiala weiter. "Wir alle wissen, was für Qualitäten er hat."
Von genau diesen Qualitäten und Sanés Potenzial, den europäischen Fußball mit seinen Fähigkeiten dominieren zu können, hatten die Verantwortlichen der Bayern in den vergangenen Jahren immer wieder geschwärmt. Ob sie nun von Ex-Sportvorstand Hasan Salihamidzic oder den beiden ehemaligen Bayern-Trainern Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel kamen, die schwärmerischen Formulierungen wiederholten sich in nahezu identischer Form immer wieder. Sané ließ sein Können zwar immer wieder aufblitzen, konstant über eine komplette Saison abrufen konnte er diese Leistungen in München aber noch nicht. Bislang ist er ein unerfülltes Versprechen geblieben.
Sané ist am Scheideweg seiner Karriere angekommen
Auch deshalb steht die Verlängerung seines am Saisonende auslaufenden Vertrags noch immer aus. Kompliziert ist die auch deshalb, weil Sané mit geschätzt knapp 20 Millionen Euro pro Jahr zu den absoluten Topverdienern bei Bayern gehört. Sané spielt jetzt auch um seine Zukunft. Er weiß, dass er an einem Scheideweg seiner Karriere angekommen ist.
"Er muss jetzt natürlich ein Stück weit in den Rhythmus kommen. Er hat sich in das Spiel reingearbeitet, macht dann dieses Tor wunderschön", sagte Sportvorstand Max Eberl, angesprochen auf Sané, zu t-online. "Er hat Aktionen nach hinten gehabt. Dieses Verteidigen ist das, was wir brauchen. Dementsprechend war es eine gute Leistung." Mit einer Balleroberung fast an der eigenen Torauslinie verdiente sich Sané Mitte der zweiten Halbzeit sogar Szenenapplaus von der Bayern-Bank (74.). "Er ist bei 100 Prozent, deshalb hat er heute gespielt", fasste Eberl zusammen.
In dieser Form drängt Sané zurück in die Stammformation und wird den Konkurrenzdruck auf die bislang gesetzte Offensivreihe um Musiala, Serge Gnabry und Michael Olise in den kommenden Wochen weiter erhöhen. Olise hatte Sanés Fehlen mit seinem Traumstart in München in den vergangenen Wochen teilweise ein wenig vergessen gemacht. Im Moment steht der Neuzugang, der im Sommer für über 50 Millionen Euro verpflichtet wurde, noch klar vor ihm. Das betonte auch Eberl zuletzt und machte Sané damit durchaus ein wenig Druck.
Sané verschärft Konkurrenzsituation weiter
"Wir haben viele Spieler, die in der Offensive reinspringen können", sagte Musiala und erinnerte auch an Kingsley Coman, der zuletzt in Bochum eine Chance von Beginn an bekam und ebenfalls ein Traumtor erzielte. "Das braucht man so ein bisschen, diese Competition", also diesen Wettkampf, so Musiala, "damit jeder auf seinem höchsten Niveau spielen kann."
Das Gedränge im offensiven Mittelfeld und auf den Flügelpositionen der Bayern ist riesig – und so groß wie in keinem anderen Mannschaftsteil. Mit seinem starken Auftritt verschärfte Sané die Konkurrenzsituation noch weiter. Damit setzte er auf dem Weg zurück zu alter Stärke ein erstes großes Ausrufezeichen.
Bei der Heim-EM, durch die er sich – wie schon zuvor durch die Rückrunde bei Bayern – mit hartnäckigen Leistenproblemen und nur mit der Hilfe von Schmerzmitteln schleppte, war er noch einer der großen Verlierer. Bayerns neuer Trainer Vincent Kompany gab ihm anschließend bewusst die notwendige Zeit, um seine Verletzung vollständig auszukurieren und sich von einer Leisten-OP zu erholen.
Sané ist Kompanys größte Aufgabe bei Bayern
Kompany weiß noch aus der gemeinsamen Spielerzeit bei Manchester City wohl wie kein Zweiter, welch großes Potenzial in einem Sané in Bestform schlummert. Das auch aus ihm herauszuholen, hat sich Kompany schon damals zu seiner ganz persönlichen Aufgabe gemacht. Wie Sané zuletzt verriet, hatte Kompany ihm nämlich schon als City-Kapitän angekündigt, dass er ihn irgendwann trainieren werde. Diese Prophezeiung hat sich in München, wohin Sané 2020 für 49 Millionen Euro wechselte, jetzt erfüllt. Sané ist jetzt Kompanys vielleicht größte Aufgabe beim Rekordmeister.
"Ich kann mir vorstellen, dass wir in den kommenden Wochen hoffentlich einen top Leroy Sané sehen werden", sagte Kompany schon vor dem Pokalspiel. "Es gibt keinen Zeitdruck. Seine Minuten werden kommen. Er wird zeigen, wie gut er ist." In Mainz ist Sané das erstmals wieder gelungen.
Auch Bundestrainer Nagelsmann beobachtet Sanés Entwicklung ganz genau und steht nach t-online-Informationen in engem Austausch mit dem Flügelspieler. Es gilt als nahezu sicher, dass er Sané für die Länderspiele Mitte November wieder nominieren wird. Es wäre der nächste Schritt auf seinem Weg zurück. In dieser Form kommt Nagelsmann an ihm ohnehin eigentlich nicht vorbei.
Das gilt genauso für Kompany und die Bayern. Sané will ihnen das in den kommenden Wochen weiter beweisen. Mainz soll da nur der Anfang gewesen sein.
- Eigene Beobachtungen vor Ort in Mainz
- Mixed-Zone-Gespräche mit Max Eberl und Jamal Musiala