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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bayerns Goldjunge Damit konnte keiner rechnen
Aleksandar Pavlović stand beim Topspiel des FC Bayern gegen Leverkusen im Mittelpunkt. Er lässt einen 50-Millionen-Neuzugang vergessen und die Bosse träumen.
Aus der Allianz Arena berichtet Julian Buhl
Nein, Erleichterung sei keine dabei gewesen, beteuerte Aleksandar Pavlović, als t-online ihn auf dem Weg zum Ausgang in den Katakomben der Allianz Arena auf seinen Ausgleichstreffer (39. Minute) beim 1:1 des FC Bayern im Topspiel gegen Bayer Leverkusen ansprach. "Ich habe mich einfach nur darüber gefreut", sagte der 20 Jahre alte Mittelfeldspieler der Münchner.
Nach seinem Distanzschuss aus knapp 20 Metern sprach er vom "schönsten Tor meiner Karriere". An seinen Fehlpass ins Toraus, mit dem er den Eckball, der zum zwischenzeitlichen 0:1 durch Robert Andrich (31.) geführt hatte, habe er da nicht gedacht. "Beim Pass zur Ecke wollte ich zu Manu spielen, da ist der Ball noch mal blöd aufgesprungen", erklärte er und stellte fest: "Die Ecke müssen wir dann besser verteidigen."
Auch Kapitän Manuel Neuer, der Pavlovićs missglücktes Zuspiel nicht mehr erreichen konnte, sprach seinen Mitspieler von aller Schuld frei und sagte: "Für mich gehört das nicht zu der Entstehung des Tores dazu."
Eberl: "Aleks ist ein Sinnbild"
Schon auf dem Platz hatte sich Pavlović von seinem kleinen Fauxpas nicht verunsichern lassen und überzeugte nicht nur mit seinem Traumtor, sondern auch mit gewohnter Ruhe und Übersicht. Am Ende kam er auf 100 Ballkontakte. 82 seiner insgesamt 91 Pässe, also 90 Prozent, kamen bei seinen Mitspielern an.
Bayerns Sportvorstand Max Eberl sprach nach der Partie beim TV-Sender Sky von Pavlovićs Leistung als "schönes Signal". Er verwies darauf, dass es nach dem Traumstart mit sechs Siegen in den ersten sechs Pflichtspielen unter dem neuen Trainer Vincent Kompany Aussagen gegeben hätte, dass Bayern sich dabei noch mit keinem Rückstand und keinem ebenbürtigen Gegner habe auseinandersetzen müssen. "Wir haben alles bewiesen, dass wir es können, und Aleks ist ein Stück weit ein Sinnbild dafür", sagte Eberl. "Er macht den Rückpass und macht postwendend dieses wunderschöne Tor. Das ist Aleks Pavlović." Eberl schwärmte von ihm als "großartiges Talent in unseren Reihen aus der Akademie. Er ist ein besonderer Spieler."
Pavlović hat Palhinha verdrängt
Dass Pavlović, wie schon zuvor in fünf der sechs vorangegangenen Partien, auch in dem wichtigen Spiel gegen Leverkusen neben dem ebenfalls in der Zentrale gesetzten Joshua Kimmich in der Startelf stand, war keine allzu große Überraschung. Dass er sich derart deutlich im zentralen Mittelfeld behauptet und sogar 50-Millionen-Euro-Neuzugang João Palhinha damit nach wie vor auf die Ersatzbank verdrängt, ist dennoch bemerkenswert.
15. Spieltag
Wegen Pavlović ist Bayerns "Holding-Six", jener ballsichere und zweikampfstarke defensive Mittelfeldspieler, den schon Ex-Trainer Thomas Tuchel unbedingt nach München lotsen wollte und Kompany nun bekam, jedenfalls weiterhin "on hold", also im Wartestand. Von Konrad Laimer und Edelreservist Leon Goretzka, die in der Mittelfeldhierarchie hinter Palhinha stehen, ist momentan schon gar keine Rede mehr.
Unbeirrt davon lebt der in München geborene Pavlović beim deutschen Rekordmeister gleichzeitig weiter seinen Traum. Vom Nachwuchskicker und einstigen Balljungen hatte er es bereits in die Stammelf von Tuchel geschafft, war damit die Entdeckung der vergangenen Saison. Unter Kompany knüpft er nun nahtlos daran an und schreibt aktuell das nächste Kapitel in seiner ganz persönlichen Cinderella-Story.
Freund über Pavlović: "Das ist schon außergewöhnlich"
Auch Sportdirektor Christoph Freund ist davon begeistert. "Er hat generell ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Der Junge macht Spaß", sagte er zu t-online. "Es ist keine Selbstverständlichkeit für so einen jungen Spieler, dass er immer wieder in der Regelmäßigkeit und auf dem Niveau diese Leistung abruft", so Freund weiter. "Das ist schon außergewöhnlich."
Auch Neuer schwärmte förmlich von Pavlović: "Er ist auf einem sehr guten Weg ist, spielt sensationell gut Fußball, liest das Spiel, ist immer anspielbar und traut sich sehr viel", so der frühere DFB-Keeper. "Dementsprechend wird sein Weg positiv weitergehen."
Wohin dieser ihn wohl noch führen wird? Eberl nannte Pavlović bereits kürzlich neben Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Josip Stanišić als Spieler, der zu einem der Gesichter des FC Bayern der Zukunft werden soll. Mit ihm, der es vom Nachwuchsprofi bei Bayern zur festen Größe im Profiteam geschafft hat, ist ein großer Traum der Klubbosse gerade dabei, in Erfüllung zu gehen. Genauso hatten sich das die Verantwortlichen vorgestellt, als sie über 100 Millionen Euro in die Errichtung des Nachwuchscampus investierten. Dieser soll ihre Antwort auf den immer verrückter werdenden Transfermarkt sein.
Pavlović: "Und dann geht’s ab!"
Ziel sei es, "noch mehr günstige Transfers zu tätigen, denn die günstigsten Transfers sind einfach Eigengewächse", sagte Eberl. "Wir haben mit Jamal, auch wenn er nicht lange bei uns in der Jugend war, mit Aleks, Stani und einigen anderen darüber hinaus, Spieler, die wir bei uns integrieren müssen", so Eberl weiter.
"Das hat Bayern München immer wieder geschafft und das schaffen andere große Vereine übrigens auch." Die Bayern hoffen, nach den 2014er-Weltmeistern Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger sowie Thomas Müller endlich die nächste Goldene Generation in ihren Reihen gefunden zu haben. Pavlović zahlt das in ihn gesetzte Vertrauen jedenfalls weiterhin Woche für Woche mit starken Leistungen zurück und ist schon jetzt auf dem besten Weg, der nächste Schweinsteiger zu werden.
"Natürlich bin ich sehr stolz, glücklich und dankbar, dass ich diese Chance bekomme", sagte er. "Es macht richtig Spaß mit den Jungs. Wir werden auf jeden Fall noch mehr Gas geben, noch weiter an uns arbeiten", versprach Pavlović, "und dann geht’s ab!" Für die Konkurrenz dürfte das wie eine Drohung klingen.
- Mixed-Zone-Gespräche mit Aleksandar Pavlović, Manuel Neuer, Max Eberl und Christoph Freund
- Aussagen von Max Eberl bei Sky