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Zum journalistischen Leitbild von t-online.WM-Blackout droht Nationaltorhüterin genervt: "Unbefriedigend und katastrophal"
Noch ist immer nicht klar, wo die Frauen-WM zu sehen sein wird. Alle Beteiligten hoffen auf eine baldige Lösung. In Zukunft könnte ein großes Internetunternehmen parat stehen.
Der DFB stellt sich für die Zukunft auf. Und die Zukunft heißt Google – zumindest für die DFB-Frauen. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg machte beim Presse-Event in Berlin keinen Hehl draus, wie sehr sie sich über den neu gewonnenen Partner ihres Verbands freute. Im Hinterhof des Google-Komplexes verkündete der DFB gemeinsam mit dem Internetriesen die pünktlich zum WM-Start am 20. Juli beginnende neue Partnerschaft. Drei Jahre soll der Deal laufen.
"Dass Google nun unser Partner wird, ist eine Ehre und wird uns helfen, noch mehr Aufmerksamkeit für den Frauenfußball zu generieren", sagte Bundestrainerin Voss-Tecklenburg. DFB und Google im Kontext des Frauenfußballs sei der Beweis für das enorme Potenzial für die Zukunft. "Aber das ist nur der Anfang", kündigte sie euphorisiert an.
Google soll Aufmerksamkeit bringen – doch was ist mit der WM?
Dass das Suchmaschinenunternehmen dem Frauen-Team zukünftig zu einer höheren Aufmerksamkeit verhelfen wird, steht außer Frage. Viel wichtiger und drängender ist allerdings die Klärung der TV-Rechte-Situation in Deutschland, beginnt doch in weniger als zwei Monaten die Weltmeisterschaft.
Stand jetzt droht ein TV-Blackout, die Spiele der Frauen-WM könnten in Deutschland nicht frei zugänglich übertragen werden. Bislang konnte sich kein Sender die Rechte am Tunier sichern. Die Fifa soll um die zehn Millionen Euro für die Übertragungs-Rechte verlangen, ARD und ZDF aber wohl nur gut die Hälfte zahlen wollen. Zwar kam zuletzt Bewegung in die Gespräche zwischen Fifa und möglichen TV-Rechte-Partnern, eine Lösung ist bis zum heutigen Tag allerdings noch nicht gefunden – trotz stattfindender Vermittlungen vonseiten des DFB (mehr dazu lesen Sie hier).
"Im Hintergrund sind die Gesprächsfäden wieder aufgenommen. Zufriedenstellend ist es für den DFB, wenn möglichst viele Menschen in Deutschland die Spiele sehen können – vor allem die deutschen Partien. Unsere klare Zielsetzung ist es, eine Free-TV-Abdeckung zu erreichen", teilte Holger Blask, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb beim DFB, t-online mit.
Kontakt zur Politik hat der DFB bislang noch nicht aufgenommen, um zu klären, ob der Medienstaatsvertrag auch für die Frauen-WM gilt. Er legt fest, dass Großereignisse von "erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung" in einem "frei empfangbaren und allgemein zugänglichen Fernsehprogramm" in Deutschland übertragen werden sollen. "Der Medienstaatsvertrag spricht an der bestimmten Stelle ja nicht von Männern oder Frauen, sondern von gewissen Turnieren und entsprechenden Spielen. Hat man damals, als der Vertrag gemacht wurde, die Frauen erfasst gesehen oder nicht? Das ist eben nicht ganz klar", sagt Blask dazu.
Schult wird erneut deutlich: "Für mich ist es unvorstellbar"
Nationaltorhüterin Almuth Schult ist genervt von der unklaren Situation. "Für uns Spielerinnen ist es unbefriedigend und katastrophal, dass zwei Monate vor Turnierbeginn immer noch keine Lösung gefunden ist", sagt Schult, ebenfalls beim Google-Event geladen und zur Zeit in Babypause. "Wir Spielerinnen werden auch befragt und wollen die Plattform nutzen. Es kann so nicht laufen, und wir alle drücken die Daumen, dass es eine Einigung gibt. Für mich ist es unvorstellbar, dass so ein großes Turnier in Deutschland nicht übertragen wird", so die Torhüterin weiter.
Auch Google-Chef Sundar Pichai ist der TV-Rechte-Streit nicht verborgen geblieben. Mit dem Videoportal YouTube besitzt der Internetriese seinerseits eine weltweit bekannte und prominente Plattform. Heißt die Lösung im Streit zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Fifa am Ende also vielleicht sogar Google? Pay-TV-Sender Sky zeigte jüngst das Hamburger Derby zwischen dem HSV und St. Pauli kostenlos im Livestream bei YouTube – und erzielte dabei beachtliche Nutzerzahlen.
Auf eine entsprechende Frage von t-online gab der CEO des Weltkonzerns eine spannende, aber wohl nicht ganz ernst gemeinte Antwort: "Ich kenne nicht alle Details, aber wenn's nicht klappt, zeigen wir die WM bei YouTube", sagte Pichai mit einem Grinsen im Gesicht. Es war eine Aussage, auf die das anwesende Publikum mit jubelndem Applaus antwortete.
Google wird nicht in die Bresche springen – noch nicht
Doch dass Google bereits diesen Sommer einspringt und den TV-Blackout verhindert, ist unwahrscheinlich. "Die WM zu zeigen ist nicht unser Thema – definitiv nicht", ordnete Google-Sprecher Kay Oberbeck die Aussagen des CEOs bei t-online ein. "Wir wollen dem Frauenfußball zu mehr Sichtbarkeit verhelfen und dafür sorgen, dass mehr Leute sich begeistern. Wenn das dazu führt, dass übertragende Sender solch ein Produkt toll finden, dann ist ja allen gedient. Darin sehen wir vorrangig unsere Aufgabe."
Schult jedenfalls freute sich über das Angebot des Google-Bosses, ob ernst gemeint oder nicht: "Das hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, weil das Thema schon sehr schwer wiegt." Für sie steht dennoch fest: An einer Übertragung bei ARD und ZDF sollte kein Weg vorbeiführen. "Wir möchten im öffentlichen Rundfunk gezeigt werden, alles andere wäre unbefriedigend. Ich möchte gar nicht darüber nachdenken, wie es wäre, das Turnier nur bei YouTube schauen zu können. Ich will das Turnier bei ARD und ZDF sehen – und werde meine Hoffnungen nicht aufgeben."
- Eigene Beobachtungen und Gespräche vor Ort
- Medienstaatsvertrag