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EM 2024: Kritik an DFB-Elf | Reicht das für den Titel?


Nationalelf nach dem Gruppensieg
Selbstüberschätzung und Größenwahn


Aktualisiert am 24.06.2024Lesedauer: 2 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Einer der Anführer und Motivatoren der deutschen Nationalmannschaft: Toni Kroos.Vergrößern des Bildes
Einer der Anführer und Motivatoren der deutschen Nationalmannschaft: Toni Kroos. (Quelle: Wunderl/imago-images-bilder)

Deutschland zieht als Gruppensieger ins Achtelfinale ein. Spieler und Trainer geben sich trotz des sehr mühsamen Spiels am Sonntag hochzufrieden und selbstbewusst – womöglich zu Unrecht?

Der Treffer von Niclas Füllkrug (90.+2) zum 1:1 gegen die Schweiz hat der deutschen Nationalmannschaft nicht nur den Gruppensieg in Gruppe A beschert, sondern offenbar auch eine große Portion Selbstbewusstsein. Mittelfeldspieler Toni Kroos schwärmte am Mikrofon in der ARD gleich nach dem Schlusspfiff: "Ich bin total zufrieden mit der Mannschaft, muss ich ehrlich sagen." Kapitän İlkay Gündoğan: "Ganz ehrlich, ich glaube, es hätte am Ende nicht besser laufen können."

Video | Kroos zeigt sich trotz Remis gegen Schweiz zufrieden
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Quelle: MagentaTV

Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann lobte seine Mannschaft: "Wir haben besser gespielt als gegen Ungarn. Ein spätes 1:1 nehme ich lieber als ein klares 4:0." Gegen Ungarn hatte seine Mannschaft allerdings noch 2:0 gewonnen und von mehreren Seiten viel Lob bekommen.

Dabei gab es durchaus Anlass zu Kritik am Spiel der deutschen Mannschaft. ARD-Experte Bastian Schweinsteiger stellte etwa fest: "Die kleinen Fehler, die Abspielfehler, darauf müssen wir noch das Augenmerk richten. Wir waren die Mannschaft, die dominanter war, mehr in Ballbesitz. Aber mich ärgert das 1:0. Da fehlt mir das nötige Engagement. Sonst verteidigen wir gut, aber wir geben dem Gegner immer wieder eine Chance zurückzukommen, das müssen wir abstellen." Das führt zu der Frage:

Ist es ein gutes Zeichen, wenn die Nationalmannschaft ihr Spiel schönredet?

Pro
Philipp Michaelis
Philipp MichaelisBereichsleiter Aktuelles

Ja, endlich ist die Brust breit

Natürlich muss die Nationalmannschaft nach diesem Kampf- und Krampfspiel gegen die Schweiz kritische Fragen beantworten. Keine Frage.

Warum wackelte die Defensive wieder? Wann bekommt Niclas Füllkrug seine Chance von Beginn an? Warum konnten Schweizer Spieler wie Widmer, Freuler und Aebischer Deutschlands Superstars wie Antonio Rüdiger so ins Trudeln bringen? Die spielen sonst für Mainz, Augsburg, Rennes und Bologna! Wo ist der Zug zum Tor, den Wirtz, Havertz, Musiala, Gündoğan und auch Sané eigentlich ausstrahlen sollten? Und am wichtigsten: Reicht das so gegen die ganz Großen in der K.-o.-Phase?

Allerdings: All das diskutiert man nicht kurz nach dem Schlusspfiff, und schon gar nicht vor laufenden Kameras. Um 22:46 Uhr tropfte Füllkrugs Kopfball ins Schweizer Netz. Um 22:47 Uhr lag eine euphorisch jubelnde, schreiende, sich umarmende deutsche Spielertraube auf dem Frankfurter Rasen. Voller Adrenalin, voller Glück, fix und fertig vor Erschöpfung und Erleichterung. Und aus dieser Traube soll sich ein Spieler um 22:52 Uhr herausschälen und gefälligst selbstkritisch und reflektiert analysieren? Falsche Zeit, falscher Ort. Wer das fordert, hat Fußball nicht verstanden.

Das Gegenteil ist richtig: Endlich haben wir Siegertypen. Kerle, die bei Gegenwind aufrecht stehen bleiben. Die nach einem kleinen Rückschlag nicht erschrecken wie eine Kuh, wenn’s donnert. Deren Brust breit ist und die auch unserem nächsten Gegner zeigen: "Uns habt ihr erst geschlagen, wenn das Spiel vorbei ist. Wir kommen immer zurück!" Das haben wir von dieser Mannschaft immer verlangt. Diese Tugend hat ihr lange gefehlt. Freuen wir uns, dass sie endlich an sich glaubt.

Kontra
Florian WichertStellvertretender Chefredakteur

Nein, etwas mehr Demut wäre angebracht

Deutschland ist Gruppensieger, hat einen Rückschlag weggesteckt, ein 0:1 egalisiert und noch mehr Selbstverstrauen getankt. Spieler und Trainer stecken voller Adrenalin, kommen direkt aus der Jubeltraube vor das Mikro – da können sie schon mal kurzzeitig einen etwas verklärten Blick auf die 90 Minuten zuvor haben …

Sollten sie aber nicht. Oder zumindest versuchen, eine Portion Realismus und Demut in ihre Ausführungen einzustreuen.

Waren es nicht genau diese Selbstüberschätzung, der Größenwahn und der Verlust der Bodenhaftung, die das Nationalteam in den vergangenen zehn Jahren immer weiter von den Fans entfernt und zur größten Krise in der Geschichte des deutschen Fußballs geführt haben?

Natürlich braucht die Nationalmannschaft Selbstvertrauen, selbstverständlich soll sie eine Euphorie nicht nur entfachen, sondern weiter befeuern und Hoffnung machen – allerdings in erster Linie auf und nicht neben dem Platz.

Hier heißt es: runter vom hohen Ross – und gelegentlich mal an die vergangenen Jahre denken. Die Nationalelf hat einiges gutzumachen. Da reicht es nicht, in der Turniervorbereitung gegen Frankreich zu gewinnen und unbeschadet durch die Vorrunde zu kommen. Zumal sie gegen die Schweiz große Schwächen offenbart hat. Die geben den nächsten Gegnern diverse Ansatzpunkte, Deutschland aus dem Turnier zu werfen.

 
 
 
 
 
 
 

Am kommenden Samstag geht es für die deutsche Mannschaft dann im Achtelfinale wieder zur Sache.

In Dortmund trifft die DFB-Auswahl um 21 Uhr auf den Zweiten der Gruppe C.

Das wäre nach aktuellem Stand Dänemark (zwei Punkte), aber auch England (vier Punkte), Slowenien (zwei Punkte) oder Serbien (ein Punkt) könnten auf Deutschland treffen. Entscheiden wird sich das am Dienstagabend ab 21 Uhr.

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