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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Steffen Freund So kann Dortmund Tottenham schlagen
Der frühere Mittelfeldspieler des BVB und der Spurs spricht vor dem Duell über seine beiden Ex-Klubs im Champions-League-Achtelfinale – und erklärt, worauf der BVB besonders achten muss.
161 Pflichtspiele für Borussia Dortmund, 115 Einsätze für Tottenham Hotspur – Steffen Freund kennt beide Klubs in- und auswendig. Für den TV-Sender Nitro ist der Ex-Nationalspieler und Europameister von 1996 heute als Experte tätig. Vor dem Hinspiel im Achtelfinale der Champions League (Mittwoch ab 21.00 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de) spricht Freund im Interview über das Duell seiner beiden Ex-Klubs.
t-online.de: Mit Tottenham und dem BVB treffen zwei alte Bekannte aufeinander. Was spricht im Vorfeld für die Spurs – und was für Dortmund?
Steffen Freund (49): Für Tottenham spricht klar der Heimvorteil, sie sind aktuell gut in Form, haben die letzten vier Premier-League-Spiele gewonnen. Und psychologisch spielen dann auch noch die beiden Siege gegen den BVB aus der letzten Saison (2:1 und 3:1 in der Gruppenphase der Champions League, Anm. d. Red.). Bei Borussia Dortmund gibt es im Vergleich zur letzten Katastrophensaison besonders einen wichtigen Punkt: Die Gesamtsituation in der Mannschaft und im Verein.
Was meinen Sie genau?
Mit Lucien Favre haben sie einen neuen Trainer, der erfolgreich arbeitet mit einer klaren Spielidee. Im Kader gab es dazu einen großen Umbruch – mit sehr guten Neuverpflichtungen wie Paco Alcacer, Abdou Diallo, Achraf Hakimi, Axel Witsel oder Thomas Delaney. Und mit Matthias Sammer und Sebastian Kehl gibt es noch mehr sportliche Kompetenz in der Vereinsführung. Da fällt mir gerade überhaupt nichts Negatives ein (lacht).
Und bei Tottenham?
Ganz wichtig war, dass Trainer Mauricio Pochettino und die beiden Topspieler Harry Kane und Dele Alli gehalten werden konnten. Ohnehin ist zu beobachten: Tottenhams größte Stärken heute waren bis 2015 noch ihre größten Schwächen.
Das müssen Sie erklären.
Ganz einfach: Sportliche Kontinuität auf der Trainerposition und Ruhe im und um den Verein. Dadurch wurden die Automatismen auf dem Platz weiter gefestigt, der Zusammenhalt gestärkt – und ihre größere Erfahrung spielt da natürlich auch eine Rolle. Allerdings war der Verkauf von Mousa Dembélé komplett unnötig…
…der Mittelfeldspieler wurde im Winter nach sechseinhalb Jahren für nur 5,5 Millionen Euro nach China zu Guangzhou R&F abgegeben…
Genau. Für mich war er einer der besten Mittelfeldspieler der Premier League.
Dortmund macht gerade eine kleine Schwächephase durch, Tottenham ist Dritter der Premier League, hat von den letzten sieben Pflichtspielen aber vier verloren. Was ist für beide Klubs drin in diesem Jahr?
Der BVB kann dieses Jahr Deutscher Meister werden und dem großen FC Bayern Paroli bieten, hat den ersten direkten Vergleich ja auch 3:2 gewonnen (am 11. Spieltag, Anm. d. Red.). Tottenham ist national auch aus den Pokalwettbewerben ausgeschieden. Aber: In der Liga steht man auf Platz drei, nur fünf Punkte hinter Liverpool und Manchester City. Viel wichtiger ist aber etwas anderes…
Ja?
Der zehn-Punkte-Vorsprung auf Erzrivale Arsenal auf Platz fünf. Denn so ist die Qualifikation für die Champions League im nächsten Jahr fast schon wieder sicher. Zur Meisterschaft wird es für die Spurs aber nicht reichen.
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Und international?
Beide haben das Minimalziel Champions-League-Achtelfinale erreicht. Ab jetzt entscheiden bei beiden Mannschaften Kleinigkeiten und die Tagesform, ob noch mehr möglich ist. Es muss aber für beide schon alles perfekt laufen, um das Finale in Madrid zu erreichen. Deshalb sind für mich beide Teams diese Saison noch nicht in der Lage, die Königsklasse zu gewinnen.
Marco Reus fehlt dem BVB, aber wie schwer treffen Tottenham in diesem Zusammenhang die Ausfälle von Kane und Alli?
Man darf nicht vergessen: In der Liga gab es ohne die beiden nur Siege. Aber natürlich wiegt der Ausfall von Harry Kane besonders schwer. Ersatz Fernando Llorente macht es nicht zwar schlecht, aber ein Weltklassespieler ist bekanntlich auf Dauer nicht zu ersetzen. Vielleicht spielen die Spurs aber auch ohne richtigen Mittelstürmer. Trotzdem muss beim BVB die Defensive unbedingt wieder besser funktionieren, wenn sie sich durchsetzen wollen.
Zuletzt gab es zwei Mal in Folge drei Gegentore: Im DFB-Pokal gegen Werder Bremen, jetzt am Samstag gegen Hoffenheim.
Sicherlich gibt es gerade personelle Probleme in der Innenverteidigung – aber in den letzten 15 Minuten beim 3:3 gegen Hoffenheim wurde insgesamt einfach die Ordnung verloren. Da Manuel Akanji verletzt fehlt, sind Roman Bürki und Axel Witsel als erfahrenste Spieler besonders gefordert.
Mit Pochettino und Favre stehen auch zwei große Trainerpersönlichkeiten an der Seitenlinie. Wie würden Sie die beiden vergleichen?
Beide waren auch selbst aktiv, Pochettino sogar auf höchster Ebene für Argentiniens Nationalmannschaft. Somit sprechen beide die Sprache der Spieler und erreichen diese jederzeit. Beide haben eine extrem hohe Fachkompetenz, können Fußballspiele lesen und vorhersagen. Als Persönlichkeit wirken beide besonnen, ausgeglichen und geerdet.
Als Ex-Spieler beider Vereine: Schafft es der BVB ins Viertelfinale?
Kurze Antwort: Ja, wenn sie in London bei eigenem Torerfolg nicht verlieren.