Dani Alves im t-online.de-Portrait Barças größter Fehler ist Juves Glücksfall
Beim FC Barcelona wollten sie ihn nicht mehr. Jetzt erreichte Dani Alves mit Juventus Turin das Champions League-Finale – in der Form seines Lebens.
Sergi Roberto haben sie in der abgelaufenen Saison ausprobiert bei Barça, dann wieder Aleix Vidal, dann wieder Javier Mascherano. Doch das Problem bleibt: Rechts außen ist DIE Schwachstelle der Star-Truppe um Lionel Messi. Und das seit Sommer 2016. Denn damals verließ Dani Alves die Katalanen – und sie trauern ihm noch heute nach.
Alves selbst hat dagegen allen Grund zum Jubeln: Mit Juventus Turin stand der 34-Jährige am Samstag in Cardiff im Champions-League-Finale – es wäre bereits sein vierter Henkelpott gewesen. Doch trotz der Niederlage zeigte Alves auf dem Weg dahin: Sein Ex-Klub hat einen riesigen Fehler gemacht, ihn gehen zu lassen.
"Ich spiele die Position brasilianisch"
Denn für die Barça-Macher schien der Brasilianer entbehrlich. Kaum zu glauben – denn Alves ist seit Jahren zusammen mit Philipp Lahm der wohl beste Rechtsverteidiger der Welt. "Es wäre schwierig, einen würdigen Nachfolger für ihn zu finden," hoffte Messi noch auf einen Verbleib. Ohne Erfolg. "Ich bin sicher, sie vermissen mich dort", sagte Alves vor dem Champions-League-Viertelfinale gegen seinen alten Klub. Juve setzte sich locker mit 3:0 im Hinspiel und 0:0 im Rückspiel durch. Alves: "Ein merkwürdiges Gefühl."
In Barcelona wurde der Brasilianer zum Weltstar, begeisterte über acht Jahre mit seinem Spiel – das so gar nichts von einem klassischen Rechtsverteidiger hat. Denn seine große Stärke ist: Die Offensive. Alves rennt seine Seite rauf und runter, belebt das Offensivspiel, kennt nur eine Richtung: Nach vorn! "Ich spiele die Position brasilianisch", sagte er selbst einmal. "In Brasilien waren Außenverteidiger schon immer offensiv, das ist unsere Philosophie. Das heißt aber nicht, dass die Verteidigung vergessen wird."
Alves' Kindheit: Schuften bei 40 Grad im Schatten
Woher kommt die Leidenschaft? Schon als kleines Kind half Alves Papa Domingos bei der Arbeit auf dem Feld bei Juazeiro, einer Stadt im tropisch heißen Nordosten Brasiliens, stand dafür um vier Uhr morgens auf. Schuftete bei 40 Grad im Schatten. Und spielte zur Ablenkung mit Nachbarskindern auf den umliegenden Feldern Fußball. Später startete der Vater ein eigenes Team für Kinder – mit Dani im Sturm. Doch der Sohnemann war trotz Offensivdrangs zu ungefährlich vor dem Tor. Die Lösung: Der Trainer stellte ihn einfach in die Abwehr.
Alves begann seine Profikarriere beim kleinen Klub EC Bahia. 2002 schnappte der FC Sevilla zu, lieh das Talent für ein halbes Jahr aus. Dann kam der Durchbruch: Alves überragte für Brasilien bei der Junioren-WM 2003, wurde zum drittbesten Spieler gewählt – und Sevilla verpflichtete ihn fest.
"Ich möchte nicht nur einer unter vielen sein"
In der darauffolgenden Saison machte ihn der damalige Sevilla-Trainer Joaquin Caparrós zum Stammspieler. Caparrós hatte zu Beginn seine liebe Not. "Er sagte, ein Außenverteidiger sollte nicht über die Mittellinie," erinnert sich Alves. "Ich sagte: ´Warum nicht?'" Und: "Wenn Du dasselbe machst wie alle anderen, bist Du genau wie alle anderen. Ich möchte nicht einfach nur einer unter vielen sein."
2006 und 2007 gewann Alves mit Sevilla den UEFA-Cup, 2008 zahlte Barcelona 35,5 Millionen Euro an die Andalusier – und landete einen Volltreffer. Drei Champions-League-Titel, sechs Meisterschaften, vier Pokalsiege: Alves war nicht wegzudenken aus dem Star-Ensemble. Der damalige Barça-Trainer Pep Guardiola schwärmte: "Er ist unersetzlich für uns."
Anstoss verpasst - wegen der alten Kumpels
Tatsächlich: Dani Alves ist ein Spieler, den man lieben muss – für sein Spiel, für seinen Charakter, für den Typen Dani Alves. 27. April 2014, Ligaspiel in Villarreal. Ein Fan warf dem Star eine Banane vor die Füße. Alves hob sie auf – und nahm lässig einen Bissen. "Wir alle haben in Spanien schon lange unter Rassismus gelitten," sagte er zu seinem Konter. "Du musst es mit Humor nehmen. Über diese zurückgebliebenen Leute kann man doch nur lachen."
Beim Viertelfinal-Rückspiel in Barcelona am 19. April verpasste Alves - in der Juve-Startelf - den Anstoss, weil er erst noch seine alten Kumpels auf der Barça-Bank begrüßen musste.
Allegri: "Ein echter Champion"
Auf Instagram dreht der Musik-Liebhaber gerne mal ordentlich durch, singt mit Leidenschaft brasilianische Songs, amüsiert mit verrückten Sonnenbrillen und Outfits. Mit dieser Energie und Kreativität beflügelt er auch das Spiel seiner Teamkollegen, ob einst in Barcelona oder nun in Turin. Als es zur Trennung vom spanischen Spitzenklub kam, gab Alves zu: "Ich mag das Gefühl, gebraucht zu werden. Wenn mich jemand nicht mehr will, dann gehe ich eben." Und kritisierte die Barça-Bosse scharf: "Die Leute, die heute dort verantwortlich sind, haben keine Ahnung mehr, wie man Spieler richtig behandelt. Sie haben mich nicht respektiert."
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Ganz anders offenbar in Turin. Eine Anekdote: Direkt nach Alves‘ Ankunft bei Italiens Rekordmeister soll ihn Keeper Gianluigi Buffon zur Seite genommen und gesagt haben: "Du bringst uns bei, wie man die Champions League gewinnt." Besonders in der Königsklasse zeigte der Neuzugang starke Leistungen: Elf Spiele, drei Tore, vier Vorlagen. Im Champions-League-Halbfinale gegen Monaco brillierte Alves mit zwei Assists beim 2:0 im Fürstentum, beim 2:1 im Rückspiel traf er selbst zum zwischenzeitlichen 2:0. Juve-Coach Massimiliano Allegri: "Er ist ein echter Champion."
Ein Champion, den sie in Barcelona immer noch vermissen.