Bayern-Spieler schwärmen nach 7:1 Jetzt entfaltet Guardiola seinen ganzen Zauber
Von Thomas Tamberg
Ob das katholische Kirchenoberhaupt vor dem Fernseher zu Hause im Vatikan auch so begeistert war wie viele Bayern-Fans, die schier ausgeflippt sind? Vielleicht verrät es Papst Franziskus den Spielern des Rekordmeisters bei der bevorstehenden Privataudienz. Ausgeflippt ist jedenfalls wieder einmal Pep Guardiola. Teilweise, weil seine Mannschaft Fußball wie vom anderen Stern zeigte, teilweise, weil der Perfektionist doch wieder Dinge gesehen hat, die es zu verbessern gilt. Mit 7:1 gewann der FC Bayern in der Champions League beim AS Rom und signalisierte eindrucksvoll, dass die Titelvergabe in diesem Wettbewerb nur über die Münchner geht.
Dass das Star-Ensemble von der Isar in der Bundesliga konkurrenzlos ist, daran hat man sich mittlerweile gewöhnt. Doch dass die Gegner jetzt auch international demontiert werden, ist neu.
Zumal der herkömmliche Fußball-Fan tatsächlich gehofft hatte, dass Arjen Robben und Co. beim AS Rom ein ganz heißer Tanz bevorstehen würde. Endlich mal ein Gegner auf Augenhöhe, dachte man.
Dreier-Kette erhöht den Druck
Ähnlich dürfte auch die Selbsteinschätzung der Roma gewesen sein. Doch das anschließende Spiel zeigte gleich zweierlei: Zum einen, wie weit der italienische Fußball mittlerweile der internationalen Musik hinterherhinkt. Und zum anderen die überragende Arbeit Guardiolas, der in seinem zweiten Jahr an der Säbener Straße erst so richtig seine Klasse zeigen kann.
Immer häufiger vertraut der Spanier dabei auf eine Dreier-Kette in der Abwehr, um noch mehr Personal für das Mittelfeld, dem wichtigsten Mannschaftsteil laut Guardiola, zur Verfügung zu haben. Bemerkenswert, dass nach der Gala gegen Rom Thomas Müller wie auch Robben nicht so sehr die Leistung der Mannschaft in den Mittelpunkt stellten, sondern unisono die Arbeit des Trainerteams lobten.
"Man darf diese Arbeit nicht unterschätzen"
"Die erste Halbzeit war exzellent von uns. Aber wir wurden auch sehr gut vom Trainer eingestellt, er hat uns die Schwachstellen beim Gegner gezeigt", sagte Müller zu Sky. "Man darf diese Arbeit nicht unterschätzen", ergänzte Robben.
"Wie uns der Trainerstab vorbereitet hat, ist nicht selbstverständlich." Aussagen, die belegen, wie akribisch und individuell Guardiola sein Team jedes Mal aufs Neue auf den Gegner vorbereitet. Nicht umsonst sagt man, dass in dieser Arbeit, die eigentliche Magie des 43-Jährigen liegt.
Dagegen musste Guardiolas Pendant ordentlich Lehrgeld bezahlen. Trainer Rudi Garcia hat die Roma seit 2013 wieder zu einem ernsthaften Titelkandidaten in Italien geformt. Kein Team in der Serie A spielt derzeit offensiver und attraktiver.
Mit diesem Selbstvertrauen ausgestattet, wollten die Römer, befeuert durch die Hexenkessel-Atmosphäre im heimischen Olympiastadion, gegen die Bayern tatsächlich auf Augenhöhe mitspielen und attackierten die Bayern bereits in deren Hälfte. Eine fatale Selbstüberschätzung wie sich schnell herausstellen sollte.
War da nicht was in Brasilien?
Die Münchner nahmen die Einladung an und bedankten sich gleich mehrfach für die ungewohnten Räume im Angriffsdrittel. Sieben Mal, um genau zu sein. Es war ein klassischer Fall von Déjà-vu-Erlebnis, als Arjen Robben (9./30.), Mario Götze (23.), Robert Lewandowski (25.) und Thomas Müller (36.) die 5:0-Pausenführung herausballerten. War da nicht kürzlich was in Brasilien? Weltmeisterschaft, Halbfinale gegen den Gastgeber - 7:1 für Deutschland. Werden solche Schützenfeste auf höchstem Niveau jetzt zur Normalität? Wieder einmal wurde der Fußball-Fan fassungslos in die Halbzeitpause entlassen.
Am Ende schraubten Franck Ribéry (78.) und Xherdan Shaqiri (80.) das Ergebnis auf 7:1. Gervinho (66.) erzielte den Ehrentreffer für die restlos bedienten Gastgeber. Damit war der höchste Auswärtssieg der Bayern in ihrer Champions-League-Geschichte perfekt. Erneut hat Guardiola mit seiner Mannschaft einen Rekord gebrochen. Den wievielten, dass weiß mittlerweile keiner mehr so genau.
Trainer gibt Komplimente zurück
Dabei hieß es doch die ganze Zeit, man wolle sich bis zur Winterpause irgendwie durchmogeln, da viele Spieler unter den WM-Belastungen leiden würden. Fakt ist: Auch ohne Javi Martinez, Bastian Schweinsteiger, Holger Badstuber, Thiago und einen längst nicht in Normalform befindlichen Ribéry präsentierten sich die Bayern in einer für jeden Gegner angsteinflößenden Verfassung. Noch ein Sieg im nächsten Spiel zu Hause gegen Rom und zwei Spieltage vor Schluss ist den Bayern Platz eins in der Gruppe E nicht mehr zu nehmen.
Man darf gespannt sein, welche Marschroute Guardiola der Mannschaft dann mit auf den Weg geben wird. Der Coach jedenfalls gab die Komplimente seiner Spieler umgehend zurück. "Es gibt keine gute Taktik ohne gute Spieler. Dieser Verein hat tolle Leute und tolle Spieler. Jetzt geht es darum, das Beste rauszuholen", sagte er nach dem Spiel ohne zu vergessen, dass es immer noch Dinge gäbe, die man verbessern kann. Dann hatte er das Spiel bereits abgehakt. "Jetzt freue ich mich auf den Papst."