Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Plötzlich im Kreuzfeuer Bin froh, dass ich diesen Weg nicht eingeschlagen habe
In der Bundesliga gibt es viele interessante Jobs: Spieler, Manager, Scout. Auch der Job des Trainers reizt viele im Geschäft. Mich nicht mehr wie früher.
Es war Sommer 2002, ich war mit der deutschen Nationalmannschaft in Asien bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea unterwegs. Es war spät, ich lag im Hotel, konnte nicht einschlafen und fühlte mich ein wenig einsam. Ich wollte jemanden anrufen, einfach ein bisschen reden. Nur wen? "Den Manager", schoss es mir durch den Kopf. Ich wählte seine Nummer in der Geschäftsstelle des FC Schalke 04. Knapp 9.000 Kilometer weit von meinem Hotelzimmer entfernt nahm Rudi Assauer in Gelsenkirchen den Hörer ab und lachte: "Asa! Was ist los?"
Rudi Assauer, der "Manager", derjenige, der mich trotz meines Herzfehlers zum S04 geholte hatte, ist eine prägende Figur für mich gewesen. Aber dass es mich nach meiner Karriere mal so wie ihn ins Büro verschlagen würde, hätte ich mir mit Anfang 20 nicht vorstellen können. Ich höre öfter, dass ich doch "jetzt Trainer sei, oder?" und dass diese Position doch gut zu mir passen würde. Vermutlich ist es einfach das, was viele erwartet hatten.
Der Grund, warum ich mich gegen eine Trainerlaufbahn entschied
Wenn ich mir allerdings das Trainerkarussell anschaue, das sich in den Bundesligen aktuell wieder so rasant dreht wie lange nicht mehr, dann bin ich froh, dass ich diesen Weg nicht eingeschlagen habe. 7 der 18 Klubs starten mit einem neuen Trainer in die Saison 2022/2023 – darunter mein S04 mit Frank Kramer, der für die Mission Klassenerhalt brennt und die Mannschaft sowohl sportlich als auch menschlich voranbringen wird.
Vermutlich ist kein Job in diesem Sport so tagesformabhängig und so wacklig wie der des Cheftrainers. Ich habe es als Spieler selbst oft genug erlebt. Bei Jupp Heynckes zum Beispiel, der ja unbestritten ein Weltklassetrainer war, klappte es zwischen 2003 und 2004 offenbar nicht so richtig bei Schalke 04. Mich persönlich hat er aber damals wieder auf den Weg in Richtung Nationalmannschaft gebracht, mir sehr geholfen. Als er dann gehen musste, fragte ich mich schon: Warum er?! Er hätte uns doch weitergebracht!
Oder Mike Büskens, als er Trainer bei Greuther Fürth war: Wir sind 2012 gemeinsam in die 1. Bundesliga aufgestiegen – dann blieben die Erfolge aus. Ein paar Monate später musste er gehen und war nicht mehr der Held, sondern quasi der Buhmann.
Aber das ist nicht der Grund, warum ich mich gegen eine Laufbahn als Trainer und für den Weg ins Sportmanagement entschieden habe. Nachdem ich meine Karriere als Spieler 2015 endgültig beendet hatte, wollte ich direkt weitermachen, direkt meine zweite Laufbahn im Fußball starten. Ich hatte meine Trainerscheine inklusive A-Lizenz in der Tasche, probierte mich als Co-Trainer von Willi Landgraf eine Saison lang in der Schalker U15 aus. Ich spürte schnell, dass es mich eher neben den Platz zog. Ich glaube, das hat viele ein Stück weit überrascht; gerade diejenigen, die mit mir eher den DFB-Kabinen-DJ von 2006 oder nur den Gute-Laune-Typen verbunden haben.
Ich will gestalten, entwickeln, umsetzen
Keine Frage, ich habe gerne gute Laune und ich höre gerne gute Musik. Aber ich möchte auch etwas bewegen. Mein Gedanke war: Ich will gestalten, ich möchte Ideen entwickeln und umsetzen. Und ich fand, das kann ich am besten als Manager. Klar, es war wirklich sehr viel Neuland für mich. Als Spieler bist du zum Training gefahren, dann zum Spiel und wieder nach Hause. Was alles drumherum passiert, darüber habe zumindest ich mir früher kaum Gedanken gemacht. Das alles lernte ich jetzt im Schnelldurchlauf – und manchmal auf die harte Tour.
Ich absolvierte ein Sportmanagement-Studium, saß danach zum ersten Mal in meinem Berufsleben in einem eigenen Büro. Ich durfte fünf Jahre lang die U23-Mannschaft von Schalke 04 als Sportdirektor führen, Kader zusammenstellen und Personalentscheidungen treffen. Seit etwas mehr als einem Jahr arbeite ich als Leiter des Lizenzbereichs der Schalker Profi-Mannschaft eng mit Sportdirektor Rouven Schröder zusammen. Ich habe ganz bewusst versucht, so viele Erfahrungen und Gespräche wie möglich mitzunehmen. Ich will einfach vorbereitet sein.
So habe ich definitiv vieles gelernt in den vergangenen Jahren. Eine der wichtigsten Lektionen war für mich aber: wie wichtig Empathie ist, wie wichtig der Umgang mit Menschen in diesem Job ist. Du kannst dir noch so viel Theorie aneignen, am Ende arbeitest du mit Menschen – und dafür musst du ein Gespür entwickeln.
Rudi Assauer wusste, wie wichtig Empathie ist
Als ich 2002 an besagtem Abend Rudi Assauer angerufen habe, habe ich mir nicht viel dabei gedacht. Wir haben uns ein bisschen unterhalten und nachdem wir aufgelegt hatten, habe ich mich besser gefühlt. Wenn ich heute darüber nachdenke, zeigt diese kleine Anekdote, wie wichtig diese menschlichen Details sind. Der Manager hat sich Zeit genommen und war in diesem Moment für mich da, obwohl das laut seiner Job-Beschreibung wahrscheinlich nicht seine Aufgabe gewesen wäre. Das heißt nicht, dass er mich verhätschelt hat, er hat mich auch mal härter angepackt, wenn es sein musste. Aber ich wusste, ich konnte mich auf ihn verlassen, und fühlte mich gut aufgehoben. Man kann sagen: Für ihn habe ich gerne gearbeitet.
Ich will gar keine Vergleiche anstellen, ob der Manager-Stil von Rudi Assauer heute noch funktionieren würde oder nicht. Mir geht es um die Art und Weise, wie er mit mir und den anderen Spielern umgegangen ist. Und ich glaube, dass das auch heute noch extrem wichtig ist. Ich versuche deshalb zu beobachten und zu spüren, wie sich die Jungs bei uns fühlen, wie es ihnen geht, wen ich mal in den Arm nehmen oder bei wem ich die Zügel anziehen muss. Oft lassen sich Dinge dann schon lösen, bevor sie zu echten Problemen werden.
Natürlich gehören auch harte Entscheidungen dazu. Allein bei der U23 musste ich zwei Trainer entlassen, und das fiel mir wirklich nicht leicht. Empathisch zu sein bedeutet eben nicht, dass es keine Konflikte gibt und alles toll ist. Aber man sollte nicht vergessen, dass man es immer mit Menschen zu tun hat und dementsprechend auch bei negativen Dingen kommunikativ und fair mit ihnen umgeht.
Wir müssen mehr Empathie wagen!
Warum ich das sage? Weil ich denke, dass es ein ganz wichtiges Thema ist und dass wir uns gerade im Fußball – aber auch in der Gesellschaft insgesamt – in dieser Hinsicht alle noch etwas verbessern können. Wir sollten alle mehr Empathie wagen! Menschlich zu sein, auf Menschen einzugehen, ist etwas Gutes und kein Zeichen von Schwäche oder fehlendem Durchsetzungsvermögen.
Und das gilt sicherlich auch, wenn sich das Trainerkarussell mal wieder schneller dreht und so manch ein Coach dabei plötzlich ins Kreuzfeuer der Kritik gerät.