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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Großkotz"-Ärger Das nächste Kapitel im Zoff zwischen Bayern und dem DFB
Zwischen Bayern München und dem DFB gibt es Zoff – wieder einmal. Anlass: Äußerungen von DFB-Boss Keller über Großkotzigkeit im Profibereich. Es ist nicht der erste Fall. Die Liste der Streits zwischen den Parteien ist lang.
Karl-Heinz Rummenigge hat dem DFB zur Anschaffung eines Besens geraten. Damit könnte der Verband vor der eigenen Haustüre kehren, anstatt sich über vermeintlich großkotzige Profis zu beschweren. Rummenigge hatte sich und seinen Verein offenbar persönlich angegriffen gefühlt, als DFB-Präsident Fritz Keller im Magazin "Spiegel" mehr Demut im Profi-Geschäft eingefordert hatte. Keller hatte im Zuge der Corona-Krise gesagt, man sehe nun, "wozu es führt, wenn die Neureichen, von denen einige auch in der Bundesliga am Ball sind, mit ihrem Geld herumprotzen. Diese Großkotzigkeit fällt uns allen auf die Füße. Das ist eine Katastrophe für das Image des Fußballs."
"Ich denke", antwortete der wütende Vorstandschef der Bayern daraufhin, "wenn wir eine Krise in den letzten Jahren im deutschen Fußball hatten, dann war sie beim DFB zu suchen." Keller war offenbar perplex und möchte in den kommenden Tagen mit Rummenigge das Gespräch suchen. Wird er den Konflikt ausräumen können?
Es ist das nächste Kapitel im Streit zwischen den beiden Parteien.
Bayern München und der Deutsche Fußballbund – da treffen zwei Alphatiere des deutschen Fußballs aufeinander. Hier Deutschlands erfolgreichster und mächtigster Fußballklub, da der mitgliederstärkste Verband der Welt. Dass es zwischen diesen beiden auch mal rauchen muss, liegt praktisch auf der Hand. Und das tat es in der Vergangenheit regelmäßig – mal mehr und mal weniger heftig, wie dieser Überblick zeigt.
"Keinerlei Zusammenarbeit mit Matthäus"
Ein todsicherer Anlass für Zoff waren häufig Personalien in der Nationalelf, die dem FC Bayern nicht schmeckten. Vor der EM 1996 stichelte Mittelfeld-Boss Lothar Matthäus, Kapitän der Bayern, so heftig gegen Nationaltrainer Berti Vogts, dass diesem irgendwann der Geduldsfaden riss und er Matthäus bis zum Ende seiner Nationaltrainer-Tage aus der Mannschaft ausschloss. "Es wird keinerlei Zusammenarbeit mit Matthäus mehr geben", beendete Vogts nach dem Länderspiel gegen Nordirland im Mai 1996 dieses Kapitel.
Eine Reizfigur für Bayern und vor allem für den langjährigen Boss Uli Hoeneß war Bundestrainer Jürgen Klinsmann. 2005 ärgerte sich der FCB-Präsident darüber, dass Klinsmann einen großen Teil des Jahres in den USA verbrachte, wo dieser mit seiner Familie wohnte. "Der soll hierherkommen und nicht ständig in Kalifornien rumtanzen und uns hier den Scheiß machen lassen", donnerte Hoeneß damals.
Ein paar Monate später eskalierte die Lage, als Klinsmann Jens Lehmann zur neuen Nummer eins im Tor machte und Bayern-Ikone Oliver Kahn zum Ersatzmann degradierte. Aus Hoeneß' Sicht gab es keine sportlichen Gründe für die Entscheidung. "Lehmann ist auf keinen Fall momentan der bessere Torwart", konstatierte er. Aus dem Fußballer-Ruhestand meldete sich auch Rekordnationalspieler und Klinsmann-Rivale Matthäus zu Wort, der dem DFB-Trainer ein "mieses Machtspiel und üble Klüngelei" vorwarf.
"Dieser Mann kennt einfach keinen Respekt"
Ein Lieblingsgegner der Bayern – was auf Gegenseitigkeit beruhte – war Theo Zwanziger, DFB-Präsident von 2006 bis 2012. Nach dem Ende seiner Amtszeit schrieb Zwanziger in seinen Memoiren über Uli Hoeneß, dieser kenne einfach keinen Respekt, sei ein Macho und habe außerdem nicht verstanden, was von einem Vereinspräsidenten verlangt werde. "Dazu gibt es zwei Dinge zu sagen", konterte das damalige Bayern-Oberhaupt. "Erstens wusste ich schon lange, dass Zwanziger kein guter Präsident ist und zweitens wird ihn dieses Buch nach seinem mehr als peinlichen Rücktritt endgültig in die Isolation treiben."
Ähnlich gern wie Hoeneß zofft sich auch Vorstandschef Rummenigge mit dem DFB, wie nicht nur die Episode zu Beginn zeigt. Vor der WM 2018 ärgerte sich der Chef der Bayern, dass seine Spieler Werbung für den Autobauer Mercedes machen mussten, einen DFB-Sponsor, obwohl ihr Verein doch vertraglich an Audi gebunden war. "Der DFB mutiert immer mehr zu einer Vermarktungsmaschine", schäumte Rummenigge in der "Süddeutschen Zeitung", "das wird vom FC Bayern nicht akzeptiert". Nach der WM, die im Debakel endete, schoss Rummenigge dann gegen die Verbandsspitze: "Der DFB ist nur noch durchsetzt von Amateuren. Mir fehlt da die Fußball-Kompetenz."
Mit einer heftigen Reaktion von der Säbener Straße rechnete man auch, als Bundestrainer Jogi Löw im März 2019 die Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng ausmusterte. Doch die Bayern-Bosse behielten ihren Zorn für sich. "Hätte ich gesagt, was ich denke", so Hoeneß einige Wochen später im Vereinsmagazin "51", "hätte das Internet erst einen Salto rückwärts und dann vorwärts gedreht. Das wollte ich mir ersparen – und Jogi Löw übrigens auch."
Noch einmal zur Hochform lief der Bayern-Präsident kurz vor Ende seiner Amtszeit im Herbst 2019 auf, als sich die Nummer zwei im DFB-Tor, Marc-André ter Stegen, lautstark über seine Reservistenrolle hinter Manuel Neuer beschwerte. Er erwarte von den handelnden Personen beim DFB, "dass man Herrn ter Stegen schon mal in die Ecke stellt und ihm klar sagt, dass es so nicht geht", sagte Hoeneß. "Er beschädigt hier einen völlig untadeligen Sportsmann wie den Manuel Neuer." Kommentar Löw: "Von so etwas lasse ich mich nicht beeinflussen."
- Sport1: Bayern vs. DFB: Eine explosive Beziehung
- Münchner Abendzeitung: Zwanziger macht Zirkus
- Spox: "Hoeneß ist eine kleinkarierte Seele"
- "Spiegel": Lothars letzte Grätsche
- Nachrichtenagenturen sid, dpa