Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Neuer Bayern-Vertrag? "Neuer ist nie im Leben 100 Millionen Euro wert"
Trainer Flick und Weltmeister Müller haben bereits verlängert. Um Kapitän Neuer zu halten, muss sich der FC Bayern allerdings höher strecken. Zu hoch? | Von Robert Hiersemann und Florian Wichert.
Über 20 Millionen Euro Jahresgage? Mit dieser enormen Forderung soll Bayern Münchens Kapitän Manuel Neuer die Verantwortlichen des FC Bayern erst einmal verärgert haben. Einem Bericht der "Bild" zufolge hat Neuers Berater Thomas Kroth bei ersten Gesprächen angeblich diese Summe als Gehalt für den 34-Jährigen gefordert. Die Bayern wollten dies bis heute nicht kommentieren.
Fakt ist: Die Gespräche zwischen Bayern und Neuer über einen neuen Vertrag über 2021 hinaus sind offenbar schwieriger als allgemein angenommen. Zuletzt hatte der "Kicker" bereits berichtet, dass die Verhandlungen wegen der Laufzeit des neuen Vertrags "massiv" ins Stocken geraten seien. Neuer soll eine geplante Verlängerung um weitere zwei Jahre bis 2023 erst einmal abgelehnt haben. Der DFB-Kapitän wolle für fünf Jahre bleiben. Dann wäre er 39.
Die Bayern stecken in einer Zwickmühle. Sie würden den Weltklassekeeper gerne behalten – aber vielleicht auch nicht zu lange, da in Alexander Nübel von Schalke 04 der Nachfolger schon verpflichtet wurde. Was also tun, da Neuer ebenso wie Thomas Müller auch "Führungsspieler und Identifikationsfigur des Klubs" (Oliver Kahn) ist.
Sollte der FC Bayern den Vertrag mit Kapitän Manuel Neuer um jeden Preis über 2021 hinaus verlängern?
Ja, denn die Bayern haben dazugelernt
Er ist Weltmeister, Champions-League-Sieger, Kapitän der Nationalmannschaft. Ein besseres Aushängeschild als Neuer gibt es für einen Verein nicht. Deshalb muss der FC Bayern ihn so lange wie möglich an sich binden.
Und keine Sorge. Der Rekordmeister hat aus Fehlern vergangener Jahre gelernt. 2014 ließ man Kroos ziehen, weil man die Gehaltsforderung des Edeltechnikers nicht erfüllen wollte. Seitdem glänzt er für Real Madrid als genialer Stratege. Einen Fehler dieser Kategorie wird man im Fall Neuer vermeiden wollen.
Denn der Torhüter ist eine der Identifikationsfiguren und gleichzeitig der größte Star des Vereins. Er spielt seit 2011 für Bayern. An seine Strahlkraft reicht nicht mal Lewandowski heran. Hinzu kommt seine enorme Erfahrung.
Die Bayern versuchen aktuell den Kader zu verjüngen. Doch dafür braucht man ein Gegengewicht – wie Neuer. Er hat 397 Bundesligaspiele auf dem Buckel. Diese Erfahrung sollte der Verein noch viele Jahre nutzen. Und das ist möglich.
Denn als Torwart muss man mit 34 Jahren noch lange nicht an das Karriereende denken. Kahn spielte noch mit 38, van der Saar mit 41. Und Buffon ist mit 42 weiterhin aktiv. Ein Weltklassetorhüter wie Neuer wird noch viele Jahre auf Topniveau halten können – hoffentlich bis zum Ende für den FC Bayern.
Nein, Neuer ist nie im Leben 100 Mio. wert
Keine Frage, Manuel Neuer ist immer noch ein überragender Torwart – allerdings ist er bei seinem Vertragsende 2021 bereits 35 Jahre alt. Will der FC Bayern ihm dennoch einen weiteren Vertrag geben, muss der zu vernünftigen Konditionen über ein oder zwei weitere Jahre laufen.
Ein Fünf-Jahres-Vertrag bis 2025 mit 20 Mio. Euro Jahresgehalt, also einem Gesamtvolumen von 100 Mio. Euro, wie Neuer ihn offenbar fordert, fällt ganz sicher nicht in die Kategorie "vernünftig". Im Gegenteil. So eine Forderung bei den Verhandlungen vor zwei Wochen, also bereits in der Corona-Krise, ist eine Unverschämtheit – unabhängig davon, dass der Spanier Hernández und der Brasilianer Coutinho angeblich in dieser Kategorie verdienen.
Kommt Neuer nicht schnell zur Vernunft, sollte Bayern von jeglichen Angeboten absehen und Neuer spätestens 2021 verabschieden.
Mit Alexander Nübel (23) hat Bayern den Neuer-Nachfolger ohnehin schon ab der kommenden Saison unter Vertrag. Zumal Neuer in den nächsten Jahren mit zunehmendem Alter kaum besser wird. Schon jetzt ist er nur noch der achtbeste Torwart der Bundesliga, wenn man nach der wichtigen Kategorie der abgewehrten Bälle geht. Mit 70 Prozent liegt er hinter Düsseldorfs Kastenmeier oder Wolfsburgs Pervan.
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