Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Nationalmannschaft "Löw muss umbauen – ohne Hummels"
Bundestrainer Joachim Löw hat Weltmeister Mats Hummels nach dem Turnier in Russland aussortiert. Gegen die Niederlande zeigt sich, wie weit seine Nachfolger vom höchsten Niveau entfernt sind. Muss er zurückkehren? Der "Zweikampf der Woche".
Mats Hummels versteht sich als kluger Kopf auf hintersinnige Botschaften. "Toller Test heute in Cottbus bei einer besonderen Atmosphäre", twitterte der ausgemusterte Ex-Weltmeister nach dem 5:0 mit Borussia Dortmund in der Lausitz just in dem Moment, als der überhaupt nicht tolle Fußballabend der Nationalmannschaft in Hamburg gegen die Niederlande gerade mit einem krachenden 2:4 endete.
Der erste Fehlschlag in der EM-Qualifikation löste wegen der Patzer und Unsicherheiten der Dreierkette um den besonders überforderten Eigentorschützen Jonathan Tah prompt eine Abwehrdebatte aus – und reflexhafte Rufe nach Hummels.
"Dazu ist alles gesagt", sagte Joachim Löw erwartbar der "Bild". Der 30-Jährige bleibt wohl Ex-Nationalspieler. Doch ist das auch richtig?
Sollte Hummels in die Nationalmannschaft zurückkehren?
Ja, denn auf Hummels zu verzichten, wäre eine Sünde
Mats Hummels ist einer der besten Verteidiger Deutschlands. Den BVB-Profi nach der verkorksten WM 2018 abzusägen, war ein Fehler von Joachim Löw. Das beweisen die jüngsten Wackelauftritte der DFB-Verteidigung. Ihn nun nicht wieder zurückzuholen, wäre eine Sünde.
Jonathan Tah (23), Antonio Rüdiger (26), Matthias Ginter (25) und Niklas Stark (24) können Hummels noch nicht das Wasser reichen. Niklas Süle (24) ist ein Topspieler, doch zu jung, um seine Nebenmänner zu führen.
Die Folge: In den vergangenen zwei Partien gegen die Niederlande kassierte die deutsche Nationalmannschaft sechs Gegentore. Viel zu viel!
Hummels ist Weltmeister, sechsfacher Meister, zweifacher DFB-Pokalsieger. Und: Er ist erst 30 Jahre alt. Weltklasse-Verteidiger Paolo Maldini spielte noch mit 34 für Italien. Sergio Ramos zählt mit 33 zu den Besten der Welt. Hummels ist vielleicht nicht so gut wie Maldini oder Ramos, die deutsche Verteidigung würde er aber stabilisieren. Und das ist nun bitternötig.
Bis zum Start der EM 2020 sind es nur noch neun Monate. Zu kurz, um junge Verteidiger zu Spielern internationaler Klasse zu entwickeln – Hummels ist bereits auf diesem Level. Und: Er weiß, dass er nach dem Turnier in Russland noch etwas gutzumachen hat. Mehr Motivation geht nicht.
Nein, Löw muss umbauen – aber ohne Hummels
Acht Monate – so lange brauchte Bundestrainer Löw, um nach dem WM-Desaster 2018 die überfälligen Konsequenzen zu ziehen und sich von Hummels, Boateng und Müller nach ewig überschaubaren Leistungen zu trennen. Eine inhaltlich komplett richtige Entscheidung, wie fast alle Fußballexperten befanden.
Weitere sechs Monate später soll Löw nun mit Hummels den ersten zurückholen? Das ist absurd.
Ja, die Defensivleistung beim 2:4 gegen die Niederlande war teilweise katastrophal. Tah, Ginter und Schulz wirkten überfordert, was allerdings auch an Löws Grundordnung mit Dreier- bzw. Fünferkette lag. Die Mannschaft spielte viel zu passiv. Der Bundestrainer muss nun nicht nur das System ändern, sondern auch personell im Abwehrzentrum neben Niklas Süle künftig auf Antonio Rüdiger oder Thilo Kehrer setzen, sobald der wieder fit ist.
Aber Hummels? Der ist zwar immer noch ein Top-Verteidiger in der Bundesliga, aber ein Heilsbringer in der Nationalmannschaft ist er ganz sicher nicht mehr. Wäre das so, hätte ihn auch der FC Bayern nicht ohne Gegenwehr ziehen lassen. Der neue Abwehrchef bei Bayern und beim DFB heißt zurecht Niklas Süle. Der 30-jährige Hummels hat hier nichts mehr zu suchen.
Sollte Löw Verteidiger Hummels zurück in die Nationalmannschaft holen?
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