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Marc-André ter Stegen will Neuer verdrängen – "aber nicht um jeden Preis"


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DFB-Torwart
Ter Stegen will Neuer verdrängen – "Aber nicht um jeden Preis"

InterviewVon Luis Reiß

08.09.2019Lesedauer: 5 Min.
Marc-André ter Stegen: Beim FC Barcelona ist der Torwart unumstritten, im DFB-Team nur die Nummer zwei.Vergrößern des Bildes
Marc-André ter Stegen: Beim FC Barcelona ist der Torwart unumstritten, im DFB-Team nur die Nummer zwei. (Quelle: Aflosport/imago-images-bilder)
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Marc-André ter Stegen könnte in Kürze als bester Torhüter der Welt ausgezeichnet werden. In der Nationalelf bleibt er die Nummer zwei. Im Gespräch mit t-online.de erklärt er seine Reaktion darauf.

In Spanien nennen sie ihn den "Messi mit Handschuhen", so spektakulär sind die Paraden von Marc-André ter Stegen beim FC Barcelona in den vergangenen Monaten teilweise gewesen. Beim katalanischen Weltklub ist er ein Star, die unangefochtene Nummer eins.

In der deutschen Nationalmannschaft steht er aber weiterhin im Schatten von Kapitän Manuel Neuer. Beim Interview mit t-online.de im Hamburger Millerntor-Stadion strahlte ter Stegen vor dem EM-Qualifikationsspiel gegen die Niederlande, das mit 2:4 endete, dennoch Ruhe und Selbstsicherheit aus. Seine großen Stärken, auch auf dem Platz. Und er liefert eine beeindruckende Antwort auf all die Diskussionen um seine Rolle im DFB-Team.

t-online.de: Herr ter Stegen, Sie sind neben Liverpools Alisson und Manchester Citys Ederson für den Preis als bester Torhüter der Welt nominiert. Was bedeutet Ihnen das?

Marc-André ter Stegen (27): Das ist eine große Wertschätzung für die eigenen Leistungen – und auch für die kleinen oder großen Anstrengungen, die man jeden Tag im Training auf sich nimmt, um besser zu werden. Grundsätzlich muss man aber auch sagen: Wir drei sind zwar jetzt nominiert, es gibt aber noch viel mehr Torhüter weltweit, die auf einem wahnsinnig hohen Niveau spielen und einen fantastischen Job machen. Es wird ja meistens eher über andere Positionen gesprochen, dabei vergessen wir vielleicht manchmal, dass auch eine außergewöhnliche Generation von Torhütern aktiv ist.

Das trifft auch auf die Nationalmannschaft zu. Mit Ihnen, Manuel Neuer (FC Bayern) und Bernd Leno (FC Arsenal) spielen alle drei Torhüter des DFB-Teams bei internationalen Top-Klubs.

Und das sind nur die aktuell Nominierten, insgesamt gibt es noch mehr sehr gute deutsche Torhüter.

Das könnte zu der paradoxen Situation führen, dass Sie zum besten Torhüter der Welt gewählt werden – aber in Deutschland hinter Manuel Neuer nur Nummer zwei sind. Macht Sie das nicht verrückt?

Für mich ist die Situation natürlich schwierig. Du gibst dein Bestes, aber bist nicht da, wo du hin möchtest. Ich glaube aber, dass ich mit der Zeit für mich eine Antwort auf diese Situation gefunden habe.

Wie lautet die?

Ich habe meine Prioritäten gesetzt. Ich will maximal erfolgreich sein und habe das große Ziel, die Nummer eins der Nationalmannschaft zu werden – aber nicht um jeden Preis. Fußball ist das eine, aber für mich ist Menschlichkeit das Wichtigste. Ich möchte in den Spiegel schauen und sagen können: 'Du hast ehrlich gearbeitet, hast intern offen deine Ambitionen angesprochen. Aber du warst immer fair und hast nach außen nicht verrückt gespielt.' Meine Argumente sollen eine Top-Form und Top-Leistungen sein. Und in der Auswahl des besten Torhüters der Welt zu sein, ist ein besseres Argument als jedes Wort.

Woher nehmen Sie die Geduld, auch nach Jahren noch weiter um die Nummer eins zu kämpfen?

Das ist nicht leicht. Aber Geduld ist ein Teil des Jobs als Fußballer. Es gibt in jeder Karriere Phasen, in denen man warten muss. Vielleicht auf ein Tor oder ein Erfolgserlebnis, oder eben auf Einsätze. Da wir die meiste Zeit des Jahres ja aber ohnehin mit unseren Klubs unterwegs sind, liegt in dieser Zeit natürlich auch der Fokus darauf.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Manuel Neuer und aktuell Bernd Leno beschreiben?

Gut, professionell. Das Training ist auf einem sehr hohen Niveau, weil wir uns gegenseitig anspornen und bei jeder Übung präsentieren wollen. Darüber hinaus ist es mir, wie gesagt, sehr wichtig, dass wir fair miteinander umgehen. Am Ende kann sich der Bundestrainer natürlich immer nur für einen entscheiden.

Mit dem FC Barcelona stehen Sie nur hin und wieder im Fokus der deutschen Öffentlichkeit. Ist es ein Nachteil im Kampf um das deutsche Tor, dass Sie im Ausland aktiv sind?

Nein, ganz im Gegenteil. Ein besseres Argument, als Stamm-Torhüter bei einem der größten Klubs der Welt zu sein, kann ich mir ehrlich gesagt kaum vorstellen. Zudem hat mich die Erfahrung, im Ausland zu spielen, auf persönlicher Ebene extrem weitergebracht. Ich will nicht ausschließen, dass es irgendwann auch wieder zurück in die Bundesliga geht – aber bis hierhin bereue ich nichts und würde auch nichts rückgängig machen wollen.

Die Bundesliga kämpft international um den Anschluss, die Nationalelf befindet sich im Umbruch. Welche Reaktionen hören Sie, wenn Sie in Barcelona über den deutschen Fußball sprechen?

Mein Eindruck ist, dass die Bundesliga im Ausland weitgehend auf Bayern und den BVB reduziert wird. Aktuell wurde ein wenig über Leipzig und ihren guten Saisonstart gesprochen – und wenn ich beteiligt bin, natürlich über meinen Ex-Klub Gladbach (lacht). In der Breite ist die Bundesliga aber nicht so präsent wie andere Ligen, deshalb fällt vielen die Einschätzung auch schwerer. Ich persönlich habe das Gefühl, dass der deutsche Fußball sowohl in den Klubs als auch in der Nationalelf gerade eine neue Identität entwickelt – und zwar nicht mit einem Masterplan von außen, sondern aufbauend auf den schon vorhandenen Stärken zum Beispiel im Bereich der taktischen Ausbildung. Es gibt großes Vertrauen in junge Spieler und die eine oder andere neue Idee. Das ist – auch für mich als Beteiligtem im DFB-Team – super interessant und wird auch viele Fans im Ausland begeistern.

Wo sehen Sie die deutsche Nationalelf im Hinblick auf die EM im internationalen Vergleich?

In unserer EM-Quali-Gruppe sind wir gemeinsam mit den Niederlanden sicher der Favorit und sollten uns durchsetzen. Und dann haben wir bis zum Turnier noch etwas Zeit, uns weiterzuentwickeln – und das wird auch notwendig sein. Insgesamt ist es schwierig einzuordnen, weil wir ja zwischen den Turnieren nicht permanent den Vergleich mit allen internationalen Top-Verbänden haben.

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Kürzlich hat unter anderem Philippe Coutinho Ihren FC Barcelona verlassen und ist zum FC Bayern verliehen worden. Was trauen Sie ihm in der Bundesliga zu?

Ich wünsche mir einfach, dass er Spaß haben wird. Er ist nicht nur ein fantastischer Fußballer, sondern eine noch bessere Persönlichkeit. Es war nicht immer leicht für ihn bei uns, deshalb wünsche ich mir, dass er den Fußball beim FC Bayern wieder genießen kann und er sich wohlfühlt. Sportlich muss man über seine Qualität nicht mehr viel sagen, da ist er eine absolute Bereicherung für die Bundesliga.

Mit Ihrem Klub treffen Sie am 17. September zum Auftakt der Champions League auf den BVB. Wovor werden Sie Ihre Mitspieler am meisten warnen?

Das muss ich gar nicht. Ich glaube, den BVB hat jeder als sehr gefährlichen Gegner auf dem Schirm. Wir müssen in Top-Form auftreten und dürfen uns keinen Ausrutscher erlauben, weil wir mit Inter Mailand ja noch ein weiteres Top-Team in der Gruppe haben. Für uns kann das ein Schlüsselspiel der Saison sein. Wenn wir vorher in der Liga gegen Valencia erfolgreich sind und dann auch gegen den BVB gut in die Champions League starten, kann uns das richtig Rückenwind geben.

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