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FC Bayern – Effenberg: Ziele des Rekordmeisters müssen korrigiert werden


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Es fehlen fünf Spieler
Der FC Bayern muss seine Ziele korrigieren

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 09.08.2019Lesedauer: 7 Min.
Co-Trainer Hansi Flick, Aufsichtsratschef Uli Hoeneß, Sportdirektor Hasan Salihamidzic, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Niko Kovac (v. l.): Auf die Bayern kommt eine schwierige Saison zu.Vergrößern des Bildes
Co-Trainer Hansi Flick, Aufsichtsratschef Uli Hoeneß, Sportdirektor Hasan Salihamidzic, Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Niko Kovac (v. l.): Auf die Bayern kommt eine schwierige Saison zu. (Quelle: imago-images-bilder)

An diesem Wochenende ist Schluss mit Sommerpause und Vorbereitung – und der Kader des Rekordmeisters ist zu dünn. Wo das zum Problem wird und was die Bosse tun sollten.

Am heutigen Freitag beginnt die neue Saison mit dem DFB-Pokal. Nur sieben Tage sind es bis zum Auftakt der Bundesliga – und nur noch 25 Tage bis zum Schluss des Transferfensters.

Hoffnungen der Fans in keinster Weise erfüllt

So kurz vor den ersten Spielen des FC Bayern am Montag im Pokal bei Energie Cottbus und vier Tage später in der Liga gegen Hertha BSC müssen wir feststellen: Von dem, was Uli Hoeneß im Februar im "Sport-1-Doppelpass" angekündigt hat, ist nichts zu sehen. "Wenn Sie wüssten, wen wir schon sicher haben" – mit dem Spruch hat er bei den Fans riesengroße Hoffnungen geweckt. Zum damaligen Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass Arjen Robben und Franck Ribéry gehen würden. Jeder wusste: Kingsley Coman ist verletzungsanfällig und sie müssen etwas tun, gerade auf den Außenpositionen. Die damaligen Hoffnungen der Fans haben sich – Stand heute – in keinster Weise erfüllt.

Ob Leroy Sané nun kommt oder nicht: Weil er sich einen Kreuzbandanriss zugezogen hat, wissen wir schon heute, dass er nicht der Heilsbringer in dieser Situation sein wird. Er wird mindestens ein halbes Jahr ausfallen und anschließend Zeit brauchen.

Sané-Transfer ergibt keinen Sinn mehr

Und wir dürfen eines nicht vergessen: Selbst der Transfer eines fitten Leroy Sané würde nicht bedeuten, dass Bayern automatisch Titel holt. Er ist ein toller Spieler, aber er hat in der vergangenen Saison sieben Mal auf der Tribüne bei Manchester City gesessen, obwohl er fit war.

Mit ihm hätte Bayern einen Spieler mehr auf Topniveau. Nicht mehr und nicht weniger.

Was nun? Aus meiner Sicht ergibt ein Transfer noch in diesem Sommer weder für Bayern noch für Sané einen Sinn. Ich würde Sané raten, in Manchester zu bleiben, wo er Ärzte, Abläufe und Umfeld in- und auswendig kennt. Eine Faustformel besagt, dass ein Spieler genau die Zeit, die er verletzt ausfällt, noch mal braucht, um wieder auf 100 Prozent Leistungsfähigkeit zu kommen. Bei einer Ausfallzeit von fünf, sechs Monaten wären das insgesamt mindestens zehn Monate.

Sané sollte an die EM 2020 denken

Statt an den FC Bayern sollte Sané lieber an die EM 2020 denken. Er sollte den Wechsel beiseiteschieben und daran arbeiten, im nächsten Sommer der Nationalmannschaft weiterhelfen zu können. Anschließend können Bayern und Sané immer noch mal über einen Transfer sprechen.

Für Bayern bedeutet das: Im Moment umfasst der Kader weiterhin nur 17 Feldspieler. Darunter: Lucas Hernandez, der sich nach langer Verletzung gerade zurückkämpft und gestern Abend zum ersten Mal im Testspiel bei Neuntligist FC Rottach-Egern (23:0) 45 Minuten mitgespielt hat – sowie mit Davies und Arp zwei große Talente.

Es fehlen mindestens fünf Spieler

Das ist natürlich viel zu dünn – und zwar nicht nur im Hinblick auf die anstehenden Wettbewerbe, sondern insbesondere auch auf das Training bezogen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, sich tagtäglich mit Spielern auf dem allerhöchsten Niveau zu messen. Nur so kann man erfolgreich sein und sich weiterentwickeln. Das ist unmöglich, wenn eine Mannschaft immer aus der U23 aufgefüllt werden muss. Zumal es Wochen gibt, in denen 10 bis 15 Spieler bei der Nationalmannschaft sind. Wenn dann vier, fünf übrig bleiben, dann ist das wertvoll für die jungen Spieler, die mittrainieren dürfen – nicht aber für die verbliebenen Spieler der ersten Mannschaft.

Wenn du Trainings- und Spielformen machst, brauchst du 20 bis 22 Feldspieler auf Topniveau – und dazu dann ein paar vielversprechende Talente, die sie mit Davies oder Arp auch haben. Die haben Potenzial, müssen sich aber weiterentwickeln. Damit diese Rechnung aufgeht, fehlen noch mindestens fünf gestandene Spieler.

Auch ein Bale-Transfer wäre nicht sinnvoll

Nach dem aktuellen Stand hat sich der FC Bayern in meinen Augen nicht verstärkt. Die Abgänge von Robben, Ribéry, Hummels und Rafinha sind rein sportlich gesehen große Verluste. Bayern fehlen diese Waffen nun. Damit will ich nicht sagen, dass sie beispielsweise Ribéry zurückholen sollten oder die Trennung ein Fehler war. Es heißt nur unterm Strich: Es ist Qualität verloren gegangen, die sie bis jetzt nicht haben ausgleichen können. Du musst das Niveau ja zumindest halten. Und das sehe ich eben nicht.

Was tun also in 25 Tagen vor Transferschluss? Wenn die Zeit ausläuft, sollte man auf keinen Fall irgendetwas tun, was man später bereut. Ein Beispiel: Gareth Bale ist mittlerweile 30 Jahre alt und hat bereits diverse Titel geholt. Wenn er jetzt Real Madrid verlassen soll, wird das Finanzielle entscheidend sein. Da ergibt ein Transfer für Bayern keinen Sinn.

Bayern droht international den Anschluss zu verlieren

Anstatt kurzfristige Not-Transfers zu tätigen, ist es also sicher besser, sich mit dieser Situation abzufinden und nach vorne zu schauen. Der FC Bayern muss schlichtweg die Ziele korrigieren und neu definieren.

Wie bisher muss der Anspruch sein, das Double aus Meisterschaft und Pokal zu verteidigen. Der Kader gibt es nach wie vor her, dass sie um diese Titel mitspielen. Aber international müssen die Ziele korrigiert werden, weil ein Champions League-Titel weiter in die Ferne rückt. Es besteht auch die Chance, dass die Bayern international den Anschluss verlieren.

Irgendwann wird es schwierig

Die Verantwortlichen des FC Bayern müssen sich dementsprechend hinstellen und sagen: "Wir haben uns dieses Jahr auf dem Transfermarkt unwahrscheinlich schwergetan. Unsere Wünsche haben sich nicht erfüllt. Deswegen müssen wir unsere Ziele korrigieren. International werden wir keine Ansprüche stellen, sondern einfach schauen, was möglich ist." Das wäre seriös. Damit würden sie auch korrigieren, was sie bisher fälschlicherweise angekündigt haben.


Sie müssen dann natürlich aufpassen, dass so eine Transferphase nicht wieder passiert – und sie spätestens in der nächsten Saison wieder ganz oben angreifen können. Denn die Kluft geht so möglicherweise noch weiter auseinander. Sie sind in der vergangenen Saison bereits im Achtelfinale der Champions League ausgeschieden und haben dadurch Einnahmen verloren. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hat bereits zugegeben, dass das gerade aus finanzieller Sicht wehgetan hat. Ein Verein kann das ein Jahr ausgleichen, wahrscheinlich auch zwei. Alle europäischen Topvereine haben mal Phasen über ein paar Jahre, in denen sie weniger erfolgreich sind. Aber irgendwann wird es schwierig.

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Lewandowski und Neuer wird das wurmen

Einen Robert Lewandowski oder Manuel Neuer wird das natürlich unwahrscheinlich wurmen. Lewandowski spielt seit 2014 bei Bayern, um endlich einmal die Champions League zu gewinnen. Seit fünf Jahren läuft er dem Titel hinterher und hat dafür nun nicht mehr ewig Zeit. Auch Neuer ist höchste Ansprüche gewohnt und hat bereits neue Spieler gefordert.

Natürlich darf man auch die Frage stellen, ob es in den nächsten Jahren wieder einfacher wird, Topspieler zu holen. Ich gehe nicht davon aus.

Es ist einfach nicht mehr so, dass der FC Bayern ruft – und die Spieler sofort kommen. Die Konkurrenz ist eine ganz andere heute, gerade in Bezug auf die gebotenen Gehälter in England, zum Teil aber auch in Spanien, Italien oder Frankreich. Der FC Bayern kann sich nicht mehr aus dem Topf herauspicken, wen er braucht.

Das Problem ist nicht, dass die Gehälter im Ausland wie früher etwas höher sind. Sie sind viel höher.

Ich habe mich 1998 gegen Arsenal entschieden

Als 1998 klar war, dass ich Borussia Mönchengladbach verlassen würde, hatte ich zwei Optionen: Einen Wechsel zum FC Arsenal oder einen zum FC Bayern. In London hätte ich mehr verdienen können, aber ich habe mich dagegen entschieden. Weil ich mit dem FC Bayern meine Ziele verfolgen konnte. Ich wollte die Meisterschaft gewinnen und die Champions League. Und Trainer Ottmar Hitzfeld wollte mich unbedingt. Am Ende sollte schon irgendwo stehen, welche Titel man geholt hat. Da spielte das Geld für mich nicht die entscheidende Rolle. Als ich später noch nach Katar gegangen bin, war das etwas Anderes: Die Titel hatte ich, da ging es um das Geld.

Heute ist es so, dass die Spieler in England das Doppelte oder Dreifache verdienen können. Sie werden vielleicht nie einen Titel holen – aber ihre Familien haben ausgesorgt.

Diese Frage bereitet den Bossen Bauchschmerzen

Damit diese Kluft nicht noch größer wird, ist diese Saison für Bayern wahnsinnig wichtig – und ausschlaggebend für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Wird der Rückstand größer oder bleiben sie dran an den anderen europäischen Topklubs?


Genau diese Frage wird auch den Verantwortlichen Bauchschmerzen bereiten. Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge werden den Verein innerhalb der nächsten zwei Jahre an ihre Nachfolger übergeben, Hoeneß vielleicht schon im November seine Ämter zur Verfügung stellen. Sie wollen natürlich alles daran setzen, dass sie einen heldenhaften Abschied feiern können und der Verein optimal aufgestellt ist. Natürlich liegt dieses Schicksal nun auch zu einem gewissen Grad in den Händen von Sportdirektor Hasan Salihamidzic, der mittlerweile seit zwei Jahren bei Bayern ist – und am Kader gemessen wird. Das ist auch in Ordnung so, Spieler werden schließlich auch an ihren Leistungen gemessen. Auch für ihn wird es nicht einfacher.

Das klingt alles nicht gut. Wir dürfen aber bei all der Schwarzmalerei zwei Dinge nicht vergessen:

  • Die Situation beim FC Bayern sorgt dafür, dass die Bundesliga megainteressant und megaspannend ist. Die Chancen für Dortmund und Leipzig auf den Meistertitel sind gestiegen.
  • Das Imperium FC Bayern ist jederzeit in der Lage, zurückzuschlagen. Das haben wir oft erlebt, nachdem sie einen vor den Bug gehauen bekommen und dann ihre größten Erfolge gefeiert haben. Vielleicht schaffen sie das auch diesmal.
Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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