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Effenberg zur Krise bei Schalke 04: Dieser Trainer jetzt helfen würde


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Effenberg zur Knappen-Krise
Effenberg: Welcher Trainer jetzt helfen würde

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 05.03.2019Lesedauer: 7 Min.
Hat nach Meinung von Stefan Effenberg (r.) keine Zukunft auf Schalke mehr: Domenico Tedesco.Vergrößern des Bildes
Hat nach Meinung von Stefan Effenberg (r.) keine Zukunft auf Schalke mehr: Domenico Tedesco. (Quelle: imago-images-bilder)
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Schalke 04 steckt tief in der Krise. Die Niederlage gegen Düsseldorf war ein Offenbarungseid und zeigte: es muss dringend etwas passieren.

Ich bin überhaupt kein Freund davon, einen Trainer schnell zu entlassen. Auf Schalke ist es aber sicherlich so, dass den Verantwortlichen nichts anderes übrig bleibt. Dass sich diese Entscheidung in dieser Woche hinzieht, ist sicher unangenehm für Domenico Tedesco. Aber die Situation ist auch unglaublich verfahren. Die Vorstände Peter Peters und Alexander Jobst sind zwar eigentlich handlungsfähig, die Entscheidung für oder gegen eine Trainerentlassung muss natürlich trotzdem Jochen Schneider als neuer Sportvorstand fällen. Er muss am Ende damit leben und weitermachen.

Dann wird Tedesco zurückkommen

Für Tedesco ist das trotz der Negativerlebnisse eine ganz wichtige Phase. Er ist ein junger Trainer, der daran enorm wachsen kann. Er hat innerhalb kürzester Zeit beide Seiten der Medaille kennen gelernt.

Die glänzende Seite, als er vergangene Saison aus guten Möglichkeiten das absolute Optimum rausgeholt hat. Als er mit Schalke Vizemeister wurde und vor allem vor Borussia Dortmund stand.

Die üble Seite durchlebt er jetzt gerade. Schalkes Fußball ist offensiv dünn, hinten passieren katastrophale individuelle Fehler. Fürsprecher Heidel ist gegangen und er im Fokus. Er hat große Hoffnungen in Sebastian Rudy vom FC Bayern gesetzt – aber letztlich hat alles nicht funktioniert.

Wenn Tedesco nun aus diesen Dingen lernt, die er durchmacht, wenn er das reflektiert, dann wird er den nächsten und auch den übernächsten Schritt in seiner Entwicklung machen. Dann wird er zurückkommen. Er hat noch nicht diese Lebenserfahrung – aber mit 33 Jahren schon richtig viel erlebt.

Der Pokal ist Schalkes einzige Hoffnung

Tedesco hat Fehler gemacht, die ihm sicher nicht mehr passieren werden. Auf Schalke zeigt sich beispielsweise gerade, wie wichtig eine intakte Hierarchie wäre – die es gerade nicht wirklich gibt. Tedesco hat erst Kapitän Höwedes abgegeben, die Kapitänsbinde an Fährmann weitergereicht – und auch den irgendwann aus dem Tor genommen. Dabei muss ein Kapitän und Führungsspieler unumstritten sein. Der Mannschaftsrat vor knapp zwei Jahren bestand aus Fährmann, Goretzka, Höwedes, Naldo und Burgstaller. Drei der fünf Spieler sind weg, einer ist entmachtet. Und die Abschiede sind nicht unbedingt im Stile eines Topklubs verlaufen. Das alles hat dazu beigetragen, dass Unruhe reingekommen ist.

Wie geht es für Schalke jetzt weiter? An die Champions League können sie einen Haken machen nach der Hinspiel-Niederlage gegen Manchester City. In der Bundesliga müssen sie retten, was zu retten ist und versuchen, nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Aber dann haben sie noch dieses Pokal-Viertelfinale zu Hause gegen Bremen. Da können sie ins Halbfinale einziehen. Die Leute sollten nicht vergessen, dass da sehr wohl noch eine Möglichkeit auf einen Titel und die Qualifikation für Europa besteht, die man natürlich zu hundert Prozent annehmen muss.

Es gibt nie eine Garantie

Was bedeutet das für die Trainersuche? Es ist sicher sinnvoll, erst mal mit einem Interimstrainer bis zum Saisonende zu arbeiten und dann mit einem neuen Trainer in die Vorbereitung zu gehen.

Jetzt stellt sich die entscheidende Frage: Welcher Trainer macht das?

Im Sport-1-Doppelpass haben die Kollegen eine Interimslösung mit Huub Stevens und Mike Büskens ins Gespräch gebracht. Das wäre sicher keine unsympathische Lösung. Auch auf weite Sicht braucht man genau solche Typen. Stevens würde ja keine Dauerlösung sein – zumal er seine Trainerkarriere eigentlich beendet hat.

Schalke hatte Trainer mit unterschiedlichsten Hintergründen, die am Ende keinen Erfolg hatten. Di Matteo hatte die Champions League mit dem FC Chelsea gewonnen und man dachte: Wenn der kommt, dann kann das nur erfolgreich sein. War es aber nicht. Der Champions-League-Titel war keine Garantie, das hat sich herausgestellt. Es gibt eben nie eine Garantie.

Wilmots muss kommen

Zu Schalke würde jemand passen – so wie Klopp zu Dortmund gepasst hat. Einer, der den Fußball lebt. Der die Schalker Mentalität lebt und atmet. Aber den musst du erst mal finden.

Marc Wilmots ist so einer. Er war in der Saison 2002/2003 schon mal die Interimslösung, als sich der Verein von Frank Neubarth getrennt hat – bevor dann Jupp Heynckes zur neuen Saison kam. Einen wie Wilmots musst du dahinsetzen. Einen, der im Trainingsanzug an der Seite steht und das Ding mit anschiebt. Einen, der mitmalocht. Wer auch immer Trainer wird: Ich kann ihm nur viel Erfolg wünschen – das wird eine Mammutaufgabe. Denn die Probleme bei Schalke liegen möglicherweise tiefer.

Die Ansprüche sind zu hoch und unangemessen. Sie haben verkündet, auf Jahre hinaus vor Dortmund bleiben zu wollen. Das ist einfach keine realistische Einschätzung der Situation und dementsprechend keine seriöse Aussage.

Tedescos Zeit auf Schalke geht wohl zu Ende – doch es gibt noch weitere Trainer, die derzeit im Fokus stehen und über die ich schreiben möchte.

Lieber von Schmadtke trennen als von Labbadia

Bruno Labbadia beim VfL Wolfsburg zum Beispiel: Der Verein bekommt in meinen Augen viel zu wenig Anerkennung für das, was Labbadia und sein Trainerteam leisten. Nachdem Wolfsburg jahrelang gegen den Abstieg gespielt und ihm nur knapp entkommen ist, haben sie das Team so gut entwickelt, dass sie in dieser Saison um die Qualifikation für den Europacup spielen.

Was mich dann überrascht und verblüfft ist die Tatsache, dass tatsächlich über die Zukunft von Labbadia diskutiert wird – und es womöglich sogar auf eine Trennung hinausläuft. Wenn es so kommt, dass sein Vertrag nicht über den Sommer hinaus verlängert wird, können da einzig und allein menschliche Gründe den Ausschlag geben.

Geschäftsführer Jörg Schmadtke hat über das Verhältnis der beiden gesagt: "Ich werde sicher mit ihm keine Kochrezepte austauschen oder einen gemeinsamen Urlaub planen." Da frage ich: Was hat das denn mit dem Sportlichen zu tun? Das hat nichts in der Öffentlichkeit zu suchen – damit gießt er unnötig Öl ins Feuer.

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Wer hat mehr Gewicht im Verein?

So wie Labbadia die Mannschaft entwickelt hat, müsste man sagen: "Ich versuche alles, um mit diesem Trainer zu verlängern und ihn zu unterstützen." Dann balle ich im Zweifel die Faust in der Tasche und versuche, die Transfers umzusetzen, die er sich vorstellt. Denn es ist ganz offensichtlich erfolgreich, was er macht.

Labbadia ist in einer hervorragenden Position – dem würde ein Aus gar nicht so wehtun. Aber für Wolfsburg wäre eine Trennung keine gute Lösung. Zumal Schmadtke erst nach Labbadia zum VfL kam. Als Verein würde ich jetzt darüber nachdenken, mit wem von beiden ich weitermache. Man muss offen die Frage stellen: Wer hat denn mehr Gewicht im Verein? Aus meiner Sicht kann es da nur eine Antwort geben: Der Trainer. Und dann sollte man vielleicht mit dem Trainer weitermachen und sich im Notfall nach einem neuen Geschäftsführer umschauen.

Doll ist ein großes Risiko eingegangen

Zumal es in der Bundesliga ohnehin die Tendenz gibt, dass die Sportchefs mehr und mehr zur Verantwortung gezogen werden oder auch selbst die Verantwortung übernehmen – wie Heidel auf Schalke, Reschke in Stuttgart oder Bornemann in Nürnberg. In den vergangenen 20 Jahren war es immer so: Wenn es nicht lief, musste der Trainer weg. Der Manager hat vier, fünf Trainer holen dürfen – und wurde selbst erst hinterfragt, wenn die alle keinen Erfolg hatten. Jetzt kommen die Vereine endlich dazu, auch den Manager zu hinterfragen. Es kann eben nicht immer nur der Trainer schuld sein.

Auch bei Hannover 96 ist natürlich nicht der Trainer allein verantwortlich.

Thomas Doll ist nach dem 1:5 in Stuttgart auf seine Mannschaft losgegangen. Jeder müsse sich schämen. Das sei Angsthasenfußball gewesen – nicht ligatauglich. Er wird sich fragen: Wo zum Teufel bin ich hier nur gelandet? Auf der anderen Seite ist er aber auch selbst schuld. Als Trainer weiß ich doch, wo ich unterschreibe und was ich da vorfinde. Er hat eine Mannschaft vorgefunden, die am Boden lag und wohl auch nicht die Qualität hat, die Klasse zu halten. Mache ich das, weil ich unbedingt zurück will? Oder sage ich: Nein, das mache ich nicht, weil es nicht erfolgreich sein kann? Manche Trainer wollen irgendwie auf die Bühne Bundesliga zurück, da ist ihnen alles andere egal.

Doll ist ein großes Risiko eingegangen. Er kommt über die Motivation, das wird auch weiterhin so sein. Es nutzt sich aber natürlich ab, wenn man dann die Spiele nicht gewinnt. Dann besteht die Gefahr, dass man sich einen guten Namen kaputt macht in kurzer Zeit. Ich wünsche ihm das nicht, aber die Gefahr besteht natürlich immer.

Funkel wird seine Karriere in Düsseldorf beenden

Umso mehr freut es mich, dass mit Friedhelm Funkel in Düsseldorf Fortuna derzeit so erfolgreich ist.


Fortuna liegt nach 24 Spielen auf Platz elf mit 31 Punkten und wird mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben, wenn die Mannschaft so weiterspielt. Sie haben ihre Situation immer völlig richtig eingeschätzt und Ruhe bewahrt, das hat letztlich zum Erfolg geführt. Sie wussten immer: Wir haben nur ein einziges Ziel. Den Klassenerhalt. Und dafür ist Friedhelm Funkel genau der richtige Mann. Der ist in der Menschenführung herausragend. Dieses Plus haben die Trainer der alten Garde nun mal gegenüber den Laptop-Trainern. Die Jungen können ja gar nicht so weit sein, das ist doch klar. Aber diese Menschenführung ist der Schlüssel zum Erfolg.

Friedhelm Funkel hat eine klare Hierarchie in der Mannschaft, er setzt auch auf Eigenverantwortung der Spieler. Er weiß, dass er keine Spieler wie beim FC Bayern hat und nicht alle 15 Minuten auf dem Feld die Taktik ändern kann. Er ändert im Spiel nur Nuancen. Der fühlt sich da sauwohl, wo er gerade ist und wird in Düsseldorf seine Karriere beenden.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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