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Kolumne von Stefan Effenberg: Der Nagelsmann-Wurf ist ein Skandal


Die Effenberg-Kolumne
Der Nagelsmann-Wurf ist ein Mega-Skandal

Meinungt-online, Stefan Effenberg

Aktualisiert am 30.10.2017Lesedauer: 5 Min.
Julian Nagelsmann hat sich ein gutes Image erarbeitet. Das dürfe aber nicht zu einem Bonus bei strittigen Szenen führen, sagt Stefan Effenberg.Vergrößern des Bildes
Julian Nagelsmann hat sich ein gutes Image erarbeitet. Das dürfe aber nicht zu einem Bonus bei strittigen Szenen führen, sagt Stefan Effenberg. (Quelle: imago-images-bilder)
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Das Nouri-Aus, die BVB-Krise, ein Bayern-Problem, der Videobeweis und der Flaschenwurf von Nagelsmann – Stefan Effenberg schreibt in seiner neuen Kolumne über die Brennpunkte der Liga.

Die Kolumne von Stefan Effenberg bei t-online.de.

Das Problem bei den Krisenklubs ist die Kaderplanung

Werder Bremen ist mit anderen Erwartungen in die Saison gegangen. Sie wollten natürlich nicht sofort wieder unten drinstecken. Trotzdem fand ich es sehr positiv, wie sie sich öffentlich immer schützend vor Nouri gestellt haben. Sie haben in einer schwierigen Phase zusammen gehalten.

Jetzt ist die Trennung trotzdem eine logische Konsequenz, wenn man letztlich nicht mehr überzeugt ist vom Trainer. Auch saisonübergreifend ist die Bilanz natürlich katastrophal, dazu kam zuletzt noch die Art und Weise. Es gibt Niederlagen, auf denen man aufbauen kann. Ein 0:3 zu Hause gegen Augsburg ohne Gegenwehr gehört sicher nicht dazu. Da spielt es auch keine Rolle, dass man gerade ins Pokal-Achtelfinale eingezogen ist.

Man muss das realistisch einschätzen, dass es mit so einem Kader gegen den Abstieg geht. Der Kader ist so bestückt, dass man die Klasse halten kann – aber nur als Team. Wenn das nicht funktioniert, wird es verdammt schwierig. Das ist wie beim HSV. Täglich grüßt das Murmeltier – auch die haben mal wieder eine miese Bilanz. Auch hier stellen sie sich vor Gisdol, auch hier ist es nur eine Frage der Zeit.

Man muss nur auch nochmal ganz klar sagen: Du hast Kaderplaner, Sportdirektoren, Manager, die im Schatten stehen. Es ist nicht immer der Trainer Schuld, der aus dem eine Mannschaft formen muss, was ihm hingestellt wird. Die Manager gehören genauso in den Fokus wie die Trainer.

Ich finde es deshalb gut, dass Köln weiter an Stöger festhält. Aber natürlich weiß auch er, dass er sich nicht mehr so frei bewegen kann. Wer ihm monatelang auf die Schulter geklopft hat, wird ihm nun maximal noch die Hand geben.

Für mich hängt es bei allen drei Krisenklubs, also bei Werder, beim HSV und bei Köln vor allem mit der Kaderplanung zusammen. Wenn du zu viel daneben haust, wird es eine schwierige Saison.

Zumal du im Winter nur die Spieler bekommst, die woanders nicht durchgestartet oder unzufrieden sind. In der Regel bekommst du niemanden, der dir wirklich weiterhilft.

Was Dortmund jetzt ändern muss

► Auch an der Tabellenspitze gibt es einen Krisenklub: Den BVB. Die Dortmunder haben uns begeistert zu Saisonbeginn. Alles hat funktioniert. Sie haben ihre Spiele eindrucksvoll und dominant gewonnen. Nie gab es Rückschläge. Doch genau die kommen jetzt. Auf einmal hast du die Bayern wieder im Nacken und auf einmal sind sie vorbeigezogen. Das haben die Spieler natürlich im Kopf.

Bayern kann jetzt im direkten Duell am Samstag auf sechs Punkte wegziehen. Das wäre krass. Es ist aber vor allem ein Spiel für die Dortmunder, um wieder ranzukommen. Dass sie es können, haben sie bewiesen. Sie müssen einfach diese Kompaktheit reinbekommen. Der Fußball ist darauf angelegt, mit der Qualität den Gegner nach hinten zu drängen. Aber Hannover hat Kick-and-Rush-Fußball praktiziert und die Dortmunder damit empfindlich getroffen. Da siehst du, wo die Defizite sind. Die Verantwortlichen und das Trainerteam werden das analysieren und von dem Hurra-Fußball abrücken müssen.

Ich vergleiche das mal mit unserer Zeit bei Bayern München, als wir gegen Manchester United oder Real Madrid gespielt haben. Unser Trainer Ottmar Hitzfeld hat immer gesagt: „Wichtig ist, dass wir hinten erstmal gut stehen. Nach vorne können wir immer Tore machen – und wenn das in der 90. oder 92. Minute der Fall ist. Und wenn nicht, dann gehen wir eben mit einem 0:0 nach Hause.“

Du verlierst an Attraktivität, aber du bekommst die Sicherheit wieder.

Und auch der BVB ist vorne immer für Tore gut. Ich kann mir vorstellen, dass die Mannschaft jetzt einen gewissen Einfluss nimmt.

Und dann werden sie in der Liga oben dranbleiben. Die Meisterschaft ist noch nicht entschieden, das ist ja völliger Quatsch.

Warum Wagner nicht zu Bayern gehen wird

► Beim FC Bayern merkt man gerade, wie es ins Gewicht fällt, wenn ein Müller mal verletzt ist und Lewandowski eine Pause braucht. Er geht auf die 30 zu, da kann er nicht in allen Wettbewerben durchspielen.

Deshalb brauchen sie jemanden, der ihn mal vertreten kann. Es wird nur nicht einfach, diesen Spieler zu finden. Der muss wissen, dass er ein reiner Backup für Lewandowski ist – also nicht die Einsatzzeiten bekommen wird.

Ein Sandro Wagner hat noch den Traum, bei der WM dabei zu sein. Der sagt doch nicht: „Ich setze mich 35 Spiele auf die Tribüne und warte, bis ich mal ran darf.“ Ein junger Spieler, der vielleicht im Training ein, zwei Jahre lernen kann – das wäre eine wahrscheinlichere Lösung. Und deshalb denke ich, dass sie das Thema in den Sommer schieben werden, weil man im Winter niemanden bekommt.

Der Flaschenwurf ist ein Mega-Skandal

► Bei Hoffenheim waren zwei Dinge krass. Zum einen war da das Banner der Gladbach-Fans gegen Dietmar Hopp. Ich habe das Gefühl gehabt, dass sich die Anfeindungen gerade beruhigt hatten gegen Hopp oder Mateschitz. Aber wenn solche Banner immer noch ins Stadion kommen, dann läuft etwas falsch. Dann müssen die Kontrollen eben noch besser sein, der Aufwand noch höher.

Zum anderen war da der Flaschenwurf von Julian Nagelsmann. Er wollte aus Frust eine Flasche gegen eine Wand werfen, die landete aber auf der Tribüne. Das wird jetzt so lapidar hingestellt nach dem Motto: „Das kann passieren“ oder „Der Frust ist verständlich“.

Für mich ist das ein Mega-Skandal!

Das hat mich an den Wurf von Guerrero beim HSV 2010 erinnert, der ebenfalls einen Fan abgeworfen hat. Da war es ein Unding, ein Skandal. Er wurde suspendiert, hat eine fette Geldstrafe von 100.000 Euro bekommen. Sicherlich ist die Situation nicht ganz vergleichbar, weil er den Fan absichtlich abgeworfen hat.

Aber ich will nicht wissen, was passiert wäre, wenn nicht Nagelsmann, sondern jemand anderes das gemacht hätte. Wenn mir das passiert wäre, hätte ich mich mit Sicherheit drei Tage lang auf der ersten Seite der Zeitungen wiedergefunden – da kann man schwer von ausgehen. Und da bin ich nicht der Einzige.

Man sieht daran, wie mit zweierlei Maß gemessen wird.

Dass Nagelsmann sich entschuldigt hat, ist in meinen Augen selbstverständlich. Aber Fakt ist: Er hat diese Flasche geworfen. Und Fakt ist: Er hat einen Fan getroffen.

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Da hat Julian Nagelsmann Glück, dass die schützende Hand drüber gehalten wird. Er ist der Junge, der Unverbrauchte, der Schlagzeilen liefert. Deshalb hat er diesen Bonus. In so einer Situation darf es aber null Bonus geben. Das ist schon krass und gibt zu denken.

Er soll sich da auch nicht täuschen lassen – die Zeiten werden sich noch ändern.

Schiedsrichter sollen sich Zuschauern erklären müssen

► Und noch ein Brennpunkt: Der Videobeweis. Es ist richtig, dass er eingeführt wurde, aber ich würde es begrüßen, wenn das Publikum mit einbezogen würde. Wenn der Schiedsrichter in fünf, sechs Sekunden erklären würde, warum eine Entscheidung so gefällt wurde. Damit hätten alle gewonnen. In der NFL ist das bereits so. Das haben die Zuschauer verdient.

Das Beispiel Leverkusen und genau an dieser Situation mache ich das fest: Nach dem Handspiel von Bailey wurde zunächst weitergespielt, Volland machte das Tor – welches dann zurück genommen wurde. Genau da hätte es die Erklärung vom Schiedsrichter ans Publikum geben müssen.

Das wäre von mir ein Anstoß, um es noch besser zu machen und damit transparenter.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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