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Stefan Effenberg: ''Kühne sollte keine Interviews geben''


Bundesliga-Legende wird Kolumnist
Effenberg: Darum passt Bosz besser zum BVB als Tuchel

t-online, Stefan Effenberg

Aktualisiert am 22.08.2017Lesedauer: 6 Min.
t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg analysiert den 1. Spieltag,Vergrößern des Bildes
t-online.de-Kolumnist Stefan Effenberg analysiert den 1. Spieltag, (Quelle: imago-images-bilder)
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Stefan Effenberg führte den FC Bayern 2001 als Kapitän zum Sieg in der Champions League, ist einer der größten deutschen Spieler aller Zeiten. Ab sofort schreibt er regelmäßig eine Fußball-Kolumne für t-online.de. Zur Premiere nimmt sich Effenberg die Brennpunkte des ersten Bundesliga-Spieltags vor. Er rechnet mit Dortmund im Meisterschaftrennen, warnt den FC Bayern, kritisiert Höwedes und sagt zum HSV: „Leute wie Kühne sollten – sportlich gesehen – niemals Interviews geben.“

Die Kolumne von Stefan Effenberg bei t-online.de.

► Das Titelrennen wird wieder spannend

Die ersten zwei, drei Spieltage in der Bundesliga sind grundsätzlich enorm wichtig, um in einen Rhythmus zu kommen – das hat schon Ottmar Hitzfeld immer gesagt. Natürlich musst du die Rückkehrer nach Verletzungen integrieren, ansonsten sollte man die Mannschaft aber so wenig wie möglich verändern. Wir werden sehen, wer das am besten hinbekommt.

Beim 3:1-Sieg der Bayern gegen Leverkusen hat man gesehen, dass sie sich steigern müssen, vor allem in der Defensive, in der Arbeit gegen den Ball. Da haben sie erhebliche Schwächen offenbart. Wenn da ein Gegner mit einer anderen Qualität im Angriff gekommen wäre, hätten sie nicht ein Gegentor, sondern locker drei oder vier Stück bekommen.

Es gab natürlich auch positive Erkenntnisse, gerade die Neuen betreffend. Süle hat das in der Abwehr absolut souverän gemacht, sogar ein Tor erzielt. Tolisso war der, der wirklich herausstach. Man hat die Anlagen gesehen und riesengroßes Potenzial. Allerdings würde ich ihn mir zentraler wünschen, nicht auf der rechten Außenbahn. Mit der Einwechslung von Robben hatten sie einen Spieler zu viel auf dieser Seite. Robben braucht viel Platz und eher eine Abdeckung nach hinten mit Kimmich oder Rafinha. Tolisso sollte ein zentraler Spieler bei Bayern sein – so sehe ich ihn.

Süle und auch Rudy werden aus meiner Sicht ein Stück weit unterschätzt. Viele sagen, sie werden sich nicht durchsetzen. Ich denke aber, sie geben Sicherheit und Stabilität. Für Süle ist es Gold wert, an der Seite von Hummels, Boateng oder Martinez lernen zu können. Aber: Um sie nach einem Spiel schon in den Himmel zu loben, haben auch sie noch zu viele Schwächen in der Rückwärtsbewegung gezeigt.

Die Defensive gewinnt in meinen Augen Titel. Wenn du da stabil bist – und das war der FC Bayern in den vergangenen Jahren – führt kein Weg an ihnen vorbei. Sollten sie allerdings die Mängel, die sie da offenbart haben, nicht abstellen, wird es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Borussia Dortmund geben um die deutsche Meisterschaft.

Wenn ich Dortmund im Vergleich sehe, muss ich sagen: Die haben das richtig, richtig gut gemacht. Gerade die Art und Weise, wie sie in Wolfsburg gewonnen haben, war schon beeindruckend. Da sieht man, dass sie die Qualität haben, Bayern das Leben schwer zu machen – wenn sie das Niveau halten können und die Verletzten zurückkommen.

Das gibt natürlich Selbstvertrauen. Bayern beschäftigt das in dieser Woche schon, dass sie diese Fehler gemacht haben. Die Dortmunder dagegen sagen sich jetzt: „Schau, wir sind schon wirklich gut in Form und gucken mal, was geht.“

Ich habe mich gerade für Mario Götze wirklich sehr gefreut nach seiner langen Pause. Da sieht man, wie wichtig das Vertrauen des Trainers ist. Das, was er bei Tuchel nicht gespürt hat, bekommt er jetzt bei Bosz. Der hätte auch sagen können: „Ich führe den Mario jetzt mal langsam heran.“ Aber was macht er? Das Gegenteil. Er spricht ihm das volle Vertrauen aus und Mario wird das zu hundert Prozent zurückzahlen. Das spürt ein Spieler, gerade wenn du das aussprichst. Viele, die Mario schon abgeschrieben haben, werden Abbitte leisten müssen. Wenn er das Vertrauen hat, ist er einer der fünf besten Spieler der Bundesliga.

Ich glaube einfach, dass Bosz den Spielern richtig gut tut. Wenn ich das aus der Ferne beurteile, merke ich: Sie sind ein Stück weit freier. Wenn Du lange in eine Schablone hineingepresst wirst – und dieses Gefühl hatte ich in der Vergangenheit unter Thomas Tuchel – verlierst Du ein Stück weit an Kreativität. Und Spieler wie Götze leben von Freiheit und Kreativität. Natürlich musst Du taktische Dinge vorgeben und klare Anweisungen vor allem bei Standards geben, aber es darf auch nicht zu viel festgelegt sein – und das ist das Entscheidende.

Es ist Fakt, dass mit Dortmund im Titelrennen zu rechnen ist. Und Spannung wünschen wir uns alle. Ich bin mir sicher, dass es dieses Jahr anders laufen wird als in den vergangenen Jahren.

► Kühne sollte sich ein Beispiel an Hopp nehmen

Beim HSV musst du glücklich sein, so ein schwieriges Spiel gegen Augsburg mit 1:0 gewonnen zu haben. Aber du hast bei beiden Mannschaften gesehen, dass es für oben nicht reichen wird und für‘s Mittelfeld auch eng wird. Für den HSV geht es leider wieder gegen den Abstieg.

Und dann die Jubel-Verletzung von Nicolai Müller: Soll der Junge mir in erster Linie leidtun oder muss ich das beiseiteschieben und nur sagen: „Der ist selber schuld“? Die Frage stelle ich mir ehrlich gesagt immer noch.

Klar hat er das selbst verschuldet. Er hätte als Hochleistungssportler wissen müssen: Wenn er diese Bewegungen macht, dann besteht die Gefahr, dass er sich am Knie verletzt. Dafür hat er nun die Quittung bekommen. Das ist bitter für ihn, weil er den Verein verlassen wollte. Das Thema hat sich jetzt erstmal erledigt. Aber diese Pause wird in die Geschichte der Bundesliga eingehen – das wird er in seinem Leben nicht mehr machen und andere werden es auch nicht mehr machen.

Und dann die Kritik von Kühne, der die gesamte Vereinsspitze kritisierte und die Spieler gleich mit. Sie haben vielleicht etwas Angst beim HSV. Denn wenn das Team oder sogar einzelne Spieler angegriffen werden, kannst du dir das nicht gefallen lassen.

Man weiß bei Kühne, dass er immer mal wieder so reagiert. Aber: Im Hinblick auf das Sportliche schadet Kühne dem Verein mehr, als dass er ihm gut tut. Hopp in Hoffenheim oder Abramowitsch bei Chelsea sind in einer ähnlichen Position – an ihnen sollte er sich ein Beispiel nehmen. Kühne kann das offenbar nicht. Solche Leute sollten wirklich – sportlich gesehen – niemals Interviews geben, das ist meine Meinung. Damit hat er sich keinen Gefallen getan und dem Verein auch nicht. Mit 80 Jahren sollte man wissen, was so etwas auslösen kann. Das sind kritische und harte Woche – aber dazu stehe ich. Er kann sich Jeden zur Brust nehmen, aber bitte intern.

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Ich hätte mir auch von Jens Todt als Sportdirektor eine Reaktion gewünscht – ich hätte mir das nicht gefallen lassen. Es wäre ein Zeitpunkt gewesen, an dem er ein Zeichen hätte setzen und sein Profil schärfen müssen.

► Höwedes-Absetzung war vielleicht die richtige Maßnahme

Die Absetzung von Benedikt Höwedes als Kapitän auf Schalke ist eine große Niederlage für ihn persönlich. Aber wenn man Weltmeister wird, heißt das nicht, dass man automatisch eine große Führungspersönlichkeit ist. Das hat Trainer Tedesco wohl herausgefunden in der Vorbereitung und dann seine Konsequenzen gezogen.

Ich kann das nicht von innen beurteilen, weil ich nicht drinstecke im Verein. Von außen muss ich sagen: In kritischen Phasen, in denen es sportlich nicht lief, hätte ich mir von Höwedes andere Ansagen gewünscht. Die sind nicht gekommen. Jeder macht das anders, aber er hätte – ähnlich wie Todt aktuell – sein Profil schärfen können. Ich gehe davon aus, dass er intern Ansagen gemacht hat, aber ab und zu muss man auch nach außen ein Zeichen setzen, um die Mannschaft aufzuwecken.

Das wird Schalke sportlich nicht beeinflussen und ich denke, dass Höwedes ein Spieler ist, der sich sagt: „Mund abwischen und weiter alles für den Verein geben.“ Und das ist auch der Rat, den ich ihm gebe. Ich denke, dass diese Maßnahme gar nicht schlecht ist, um zu zeigen: Hier ist niemand sicher. Jeder muss Vollgas geben – egal, ob er mal Weltmeister war oder nicht. Das ist wichtig – vor allem bei Schalke. Sonst werden sie nie aus dem Tiefschlaf aufwachen. Jetzt hat vielleicht auch der Letzte verstanden, dass er sich nicht auf etwas ausruhen kann. Das wünsche ich mir.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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