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Ausfall von Thiago Alcantara trifft FC Bayern München hart


Auf Schock folgt Zerreißprobe
So hart trifft der Fall Thiago den FC Bayern

t-online, mxm

Aktualisiert am 17.10.2014Lesedauer: 4 Min.
Die Laune bei Thiago und dem FC Bayern ist im Keller.Vergrößern des Bildes
Die Laune bei Thiago und dem FC Bayern ist im Keller. (Quelle: Eibner/imago-images-bilder)

Wenn der leidgeprüfte Holger Badstuber nach zwei Kreuzband- und einem Sehnenriss zum Tröster wird, läuft etwas verkehrt. "Du wirst zurückkommen", twitterte der Dauerpatient des FC Bayern München in Richtung seines neuerlich verletzten Kollegen Thiago Alcantara und fügte per Hashtag die Parole "Stärker als zuvor" an. Eine Durchhalteparole, denn noch sitzt der Schock beim Rekordmeister tief. Der spanische Edeltechniker musste den dritten Innenbandanriss im Knie innerhalb von sieben Monaten einstecken und fehlt erneut monatelang. "Ich bin traurig", sagte Pep Guardiola auf der Pressekonferenz vor der Partie gegen Werder Bremen () und wirkte ratlos: "Wir haben alles gemacht, damit er fit wird. Niemand weiß den Grund, warum er wieder eine OP benötigt." Sein Ausfall trifft die Bayern härter als manch andere Verletzungspause - und droht gar zur Zerreißprobe zwischen Trainer und medizinischer Abteilung zu werden.

Die Vorfreude auf den 23-jährigen Mittelfeldspieler war enorm. Thiago gilt als Ausnahmetalent, das selbst im rot-weißen Starensemble herausragender Techniker und Strategen noch den Unterschied machen kann. "Er hat tolle Ballkontrolle", schwärmte jüngst sein Landsmann Xabi Alonso und befeuerte die Hoffnungen auf ein spanisches Traum-Duo der Passgenauigkeit: "Wir werden großartig zusammenspielen."

Bevor der Neuzugang von Real Madrid im Bundesliga-Spiel gegen den 1. FC Köln mit 206 Ballkontakten einen neuen Bestwert in dieser Disziplin aufstellte, hielt Thiago den Rekord: Im Frühjahr war er gegen Eintracht Frankfurt 185 Mal am Ball gewesen. Welch Festival der Pässe wäre die Kombination Alonso-Thiago? Doch aus der Traum!

Last auf Schultern der "Oldies"

Zumindest vorerst wird der fast 33-jährige Alonso weiter ohne Thiago neben sich auskommen müssen - und damit also auch künftig die Hauptlast in Bayerns Mittelfeld tragen. Doch genau hiervor hatte sein Coach bereits eindringlich gewarnt. "Wenn er alles machen muss, ständig vor und zurück muss, ist er in einem Monat tot", sagte Guardiola und forderte Unterstützung für Alonso. Der Baske erklärte daraufhin zwar, er fühle sich "stark genug, um viele Spiele zu machen." Doch das enorme Pensum seiner Anfangswochen im Klub verlangt eigentlich nach Entlastung.

Adäquater Ersatz drängt sich aber trotz des hochkarätigen Kaders des Doublesiegers nicht allzu sehr auf. Während hoffnungsvolle Talente wie Pierre-Emile Höjbjerg oder Sebastian Rode hinter den Erwartungen hinterherhinken und wenig Spielpraxis bekommen, hat der zunehmend ins Zentrum beförderte Linksverteidiger David Alaba noch mit der Feinjustierung im Bayern-Mittelfeld zu kämpfen. Der hochveranlagte Gianluca Gaudino kann mit seinen 17 Jahren noch keine dauerhafte Alternative sein. So bleibt als zweiter starker Mann in Guardiolas Herzstück derzeit nur Philipp Lahm. Weltmeister, Weltklasse, doch auch ein weiterer Ü30-Profi.

Ein verhinderter Schlüsselspieler

So hadert auch der Kapitän mit Thiagos Rückfall: "Wenn man von Verletzungen zurückkommt und sofort wieder Nackenschläge bekommt, ist das sehr, sehr bitter. Das hat ihn nun zweimal betroffen. Es war für uns alle eine traurige Nachricht", sagte Lahm. Am Boden zerstört ist aber vor allem der Leidtragende selbst. "Warum immer ich?", fragte Thiago verzweifelt, nachdem Anfang der Woche noch ein Comeback gegen Werder in Aussicht stand. Die Frage ist berechtigt. Praktisch mit seiner Ankunft an der Säbener Straße im Sommer 2013 begann seine Leidenszeit.

Damals riss sich der Sohn des brasilianischen Weltmeisters Mazinho in seinem ersten Ligaspiel von Beginn an gegen den 1. FC Nürnberg das Syndesmoseband. Erst Anfang 2014 konnte er seinen wirklichen Einstand bei Bayern feiern. Dabei trumpfte er prompt famos auf, krönte seine glänzenden Auftritte mit einem wichtigen Traumtor, dem 2:1 per Seitfallzieher in der Nachspielzeit beim VfB Stuttgart. "Super-Thiago" schien die in ihn gesteckten Hoffnungen als absoluter Wunschsspieler Guardiolas zu bestätigen. "Thiago ist speziell. Er hat Fähigkeiten, die kein anderer hat", sagte der Trainer zu dem 25-Millionen-Einkauf. Unsterblich ist bereits Guardiolas verbalisierter Einkaufszettel vor dem Transfer: "Thiago oder nix!"

Instabiles Knie nach falscher Behandlung?

Was folgte war nicht "nix", sondern waren reichlich Irritationen um Behandlungsmethoden, Hoheiten in medizinischen Belangen und Verletzungsanfälligkeit. Nach dem Innenbandriss Ende März gegen 1899 Hoffenheim ließ sich Thiago auf Anraten Guardiolas bei seinem Arzt in Barcelona konservativ behandeln, angeblich mit Kortisonspritzen, auch um den Traum von der WM 2014 aufrecht zu erhalten. Anfang Mai dann der zweite Riss und das Aus für das Turnier in Brasilien. Zum Trainingsauftakt Anfang Juli prognostizierte Sportvorstand Matthias Sammer dann, dass Thiago in sieben bis acht Wochen "wieder spielfähig" sei, musste dies aber Anfang September widerrufen. "Die Entwicklung ist sehr bedauerlich", sagte Sammer.

Schon damals kamen atmosphärische Störungen ans Licht. Wie der "kicker" berichtete, hatte Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gewarnt, dass eine Kortisonbehandlung das Gewebe im Knie schwäche und instabil mache und war hierüber mit Guardiola in Streit geraten. In der Folge reagierte der Coach empfindlich auf Nachfragen. "Frag den Doktor", war stets seine kurz angebundene Antwort. Der wiederum wird sich ob des nunmehr dritten Risses in Thiagos rechtem Knie bestätigt sehen. Und auch Guardiola sagte nun sogar: "Vielleicht - vielleicht! - war es ein Fehler, ihn in Barcelona behandeln zu lassen."

Sorge der Fans

Drei Innenbandrisse zum Preis von einem, obwohl Rückfälle bei dieser Art von Verletzung nicht der Standard sind. Das Trainerteam, die medizinische Abteilung und die Vereinsführung werden sich fragen müssen, was im Fall Thiago so gravierend schieflief. Unterdessen stellen sich die Bayern-Fans eine andere Frage: Ist Thiago zu verletzungsanfällig? Zwei Knieverletzungen aus seiner Zeit beim FC Barcelona werden aufgeführt, ebenso die niedrige Auflaufquote: Thiago machte nur etwa ein Drittel aller möglichen Spiele. Leise Zweifel an seiner grundsätzlichen Verfassung kommen auf. Manch einer formulierte bereits die "Angst, dass es mit der Karriere beim FCB nix mehr wird".

Nun soll Thiago in den USA vom Spezialisten Dr. Richard Steadman, der auch Badstuber und Javi Martinez operierte, behandelt werden. So bleibt die Hoffnung auf ein Comeback im Jahr 2015 - und dass "El pavo real" (dt.: der Pfau), wie Thiago in Spanien gerufen wurde, seine ganze Pracht und Schönheit dann auch endlich konstant beim FC Bayern zeigen können wird.

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