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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hertha-Investor Windhorst Die windigen Geschäfte des Stehaufmännchens
Wie viele Geschäfte er in den Sand gesetzt hat, ist wohl nicht dokumentiert. Klar ist aber: Der Unternehmer und Hertha-Investor Lars Windhorst steht immer wieder auf.
Es ist eine Geschichte, die man eigentlich eher in einem Hollywoodfilm erwartet als bei einem notorisch kriselnden Bundesligaverein. Ein Investor engagiert eine Firma aus Israel, die den Präsidenten des Vereins online öffentlich diffamiert. Zahlreiche Twitter-Accounts schießen scharf gegen diesen Präsidenten, obwohl sie sich bis dato nur für Mode und Reisen und gar nicht für Fußball interessiert haben. Dieses absurde Szenario soll sich aber genau so beim Hauptstadtklub Hertha BSC abgespielt haben. Lars Windhorst soll den Shitstorm gegen den damaligen Präsidenten Werner Gegenbauer bestellt haben – so berichteten es die "Financial Times" (FT) und die "Times of Israel".
Das Ganze soll aus Gerichtsdokumenten hervorgehen, die der "FT" vorliegen. Sogar 20 Mitarbeiter seien demnach auf den Kontrahenten von Windhorst angesetzt worden. Möglicherweise sollten sie Gegenbauer aus dem Amt drängen. Windhorst bestreitet die Richtigkeit des Berichtes, der Verein will sich zu der Geschichte nicht äußern. Am Ende trat Gegenbauer zurück. Das Kuriose: Auch wenn Hertha und Windhorst die Kampagne gegen den damaligen Hertha-Präsidenten als "völligen Unsinn" abtun – wer Lars Windhorst und seine unternehmerische Geschichte kennt, hält das alles nicht für ausgeschlossen. Denn mit windigen Geschäften kennt der sich aus.
Kanzler Kohl als Türöffner
Lars Windhorst ist an zahlreichen Firmen beteiligt. Und an Unterfirmen, Schwesterunternehmen, Tochterunternehmen. Mit 15 Jahren gründete er seine erste Firma und baute Computer zusammen. Millionen Mark soll er damit verdient haben und weckte mit seinem Tatendrang auch die Aufmerksamkeit bekannter Persönlichkeiten. Helmut Kohl nahm Windhorst 1995 mit auf eine Wirtschaftsreise nach Asien und lobte ihn als außergewöhnlichen Unternehmer. 19 Jahre war er da alt.
Diese Reise änderte Windhorsts Leben, weil er seine Chance erkannte, groß in das Immobiliengeschäft in Singapur einsteigen zu können. Er wollte hier die "Windhorst-Towers" bauen, trat mit diesem Anliegen im Fernsehen auf und feierte seine Pläne. Doch die platzen schon bald. Er konnte seine Rechnungen nicht mehr bezahlen und bereits 2004 mussten drei seiner Firmen Insolvenz anmelden – nichts ging mehr.
Kopf aus der Schlinge gezogen
2009 wurde Windhorst sogar wegen Insolvenzverschleppung und Veruntreuung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, Firmengelder abgezwackt und für private Zwecke genutzt zu haben. Außerdem hatte er sich zehn Millionen Euro von einem befreundeten Unternehmer geliehen, obwohl er wusste, dass er das Geld nicht würde zurückzahlen können.
Sein Verteidiger schob das Verhalten damals darauf, dass er angeblich für solche Geschäfte noch nicht erfahren genug gewesen sei. Das Verfahren endete mit einem Deal. Er musste einen Teilbetrag der geliehenen Summe zurückzahlen und bekam ein Jahr auf Bewährung – ein mildes Urteil in Anbetracht der schweren Vorwürfe. Er lernte aus diesem Fehler und baute kompliziertere Firmenkonstrukte. Um weniger angreifbar zu werden.
Spezielle Firmenkonstruktionen schützen Windhorst
Windhorsts Geschäftsmodell war es schon immer, mit seinen Firmen Geld aufzunehmen und in aussichtsreiche Projekte zu investieren. Oder eben in Unternehmen, die in Schwierigkeiten geraten sind. Diese wollte er jeweils wieder in die Spur bringen und dann mit satten Gewinnen verkaufen. Ein gängiges Geschäftsmodell, das aber einfacher klingt, als es dann am Ende tatsächlich ist. Lars Windhorst hatte kein glückliches Händchen für solche Entscheidungen. Immer wieder gingen seine Firmen pleite und die Gläubiger blieben auf ihren Geldforderungen sitzen.
Warum müssen dann nicht Windhorsts andere Firmen oder er selber für den Schaden aufkommen? Weil er spezielle Konstruktionen gebaut, sogenannte Holdings gegründet hat, bei der die jeweiligen Muttergesellschaften keine Haftung für die Tochtergesellschaften übernehmen müssen. Das heißt im Klartext: Wenn ein Geschäft schiefgeht, ist das doof für die Geldgeber, Lars Windhorst kann aber einfach so weitermachen wie vorher.
Mit Tricksereien zu flüssigem Kapital?
Besonders plastisch wird das an einem Investment, das Windhorst in Hannover gemacht hat. Das Ihme-Zentrum ist gut gelegen, zentrumsnah und in einem beliebten Stadtteil. Doch seit Jahrzehnten ist es heruntergekommen, und die Stadtplaner suchten nach einer Möglichkeit, diesen Schandfleck der niedersächsischen Landeshauptstadt zum Vorzeigeobjekt zu machen. 2019 kaufte eine der Windhorst-Firmen diese Immobilie. Die Hoffnung war groß, dass nun die große Stunde des Ihme-Zentrums schlagen würde.
Doch es kam anders: Fristen zu Sanierungen verstrichen immer wieder, Zusagen wurden offenbar nicht eingehalten, Strafzahlungen wurden ausgesprochen. Nichts klappte so, wie es sich die Stadt erhofft hatte. Für Windhorst selbst läuft es aber anscheinend wie geplant. Die Firma eines Bekannten von ihm wurde ins Grundbuch eingetragen, mit einer Grundschuld von 230 Millionen Euro, das berichtete der "Spiegel". Zur Erklärung: Windhorst hat sich bei diesem Bekannten anscheinend Geld geliehen und als Sicherheit das marode Ihme-Zentrum angegeben. Dieses Geld steht Windhorst nun flüssig zur Verfügung. War das also vielleicht der einzige Grund, warum Windhorst in das marode Bauwerk investiert hat?
Lancierte Windhorst-Firma Hertha-Shitstorm?
Im Fall des möglicherweise bestellten Shitstorms gegen den ehemaligen Präsidenten von Hertha BSC gibt es noch eine interessante Tatsache. Rausgekommen ist das alles wohl nur, weil die israelische Firma ihr Geld einklagen musste. Der Auftraggeber habe eine Million Euro und eine noch deutlich höhere Erfolgsprämie nicht gezahlt. Die Firma, die in den Gerichtsunterlagen genannt wird, heißt offenbar Tennor. Geschäftsführer war damals Lars Windhorst, so ist es noch heute im Firmenregister nachzulesen.
Hintergrund zum Beitrag
Der Investor Lars Windhorst hatte für 375 Millionen Euro Anteile an dem Fußballbundesliga-Verein Hertha BSC gekauft. Nach Unstimmigkeiten hat er nun angeboten, seine Anteile wieder zu verkaufen, weil er keine Basis für eine weitere Zusammenarbeit sieht.