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Kommentar zu Robert Lewandowski: Es ging immer nur um ihn


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Wechsel von Robert Lewandowski
Schwer erträgliche Kurzsichtigkeit

  • David Digili
MeinungEin Kommentar von David Digili

Aktualisiert am 19.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Robert Lewandowski im Bayern-Trikot: Ab sofort trägt der Stürmer die Farben des FC Barcelona.Vergrößern des Bildes
Robert Lewandowski im Bayern-Trikot: Ab sofort trägt der Stürmer die Farben des FC Barcelona. (Quelle: IMAGO/Christian Schroedter)

Robert Lewandowski verlässt den FC Bayern München auf die denkbar unschönste Weise. Zurück bleiben zwei frustrierende Erkenntnisse.

Vor wenigen Wochen – das Transfer-Wirrwarr um Robert Lewandowski nahm gerade richtig Fahrt auf – schrieb ich hier, der FC Bayern sollte sich von seinem wechselwilligen, aber noch vertraglich gebundenen Torjäger nicht erpressen lassen, sie sollten stattdessen ein Zeichen setzen. Für den Fußball. Ein Fanal gegen die Komplettentwertung gültiger Arbeitsverhältnisse, ein Zeichen der Stärke der Klubs.

Seit diesem Wochenende steht aber fest: Robert Lewandowski verlässt den deutschen Rekordmeister, und es bleiben einzig zwei frustrierende Erkenntnisse.

Lewandowski hat nie mit falschen Karten gespielt

Erstens: Alle, die auf einen Lewandowski-Verbleib in München hofften, haben sich blenden lassen. Von dieser Hoffnung auf "Dieses Mal nicht", auf "Jetzt reicht's". Vielleicht ist sogar der FC Bayern selbst zeitweise diesem Trugschluss erlegen. Denn Robert Lewandowski hat nie mit falschen Karten gespielt. Das Blatt, das er in der Hand hielt, war über Jahre für jeden einsehbar. Am Ende hätte er vermutlich auch für die Betriebsmannschaft der örtlichen Postfiliale seine Tore geschossen, hätte diese ihm ein hohes Gehalt und das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit garantiert. Schon sein Abschied von Borussia Dortmund 2014 lief nicht ohne Nebengeräusche ab. "Ich weiß nicht, ob die Situation auf Dauer spurlos an mir vorbeigeht. Es sitzt bei mir im Unterbewusstsein, und es wird eine Zeit kommen, wo ich mit schlechter Stimmung zum Spiel kommen werde", postulierte der Abwanderungswillige damals. Klingt irgendwie bekannt.

Es ging schließlich stets um ihn und nur um ihn, um seine Tore, seine Zufriedenheit, seine persönlichen Auszeichnungen und darum, wie ihm seine Mitspieler am besten dabei helfen könnten, sie zu gewinnen. Er sei nicht völlig zufrieden damit gewesen, "wie das Team mich unterstützt hat. Unmittelbar nach dem letzten Spiel war ich sauer, ich war enttäuscht von meiner Mannschaft" klagte Lewandowski nach der Saison 2016/17 bei ESPN – er hatte den Kampf um die Torjägerkanone gegen Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang verloren. Mit wohlgemerkt 30 Treffern, von denen ihm ein Großteil von den Teamkollegen aufgelegt wurde.

Heynckes musste ein Machtwort sprechen

Oder wie "Lewy" ein Jahr später den damaligen Bayern-Trainer Jupp Heynckes brüskierte, als er dem allseits beliebten Erfolgstrainer nach einer durchwachsenen Vorstellung beim 3:1 gegen den 1. FC Köln den Handschlag verwehrte. Dabei hatte Heynckes den Angreifer, der damals in einem kurzzeitigen Leistungstief steckte, zuvor noch vehement gegen Kritik verteidigt. "Im Moment der Auswechslung fand ich es nicht so lustig", sagte Heynckes nach der Aktion – und richtete ein Machtwort an den Unzufrieden: "Weil: Der Boss bin ich – und sonst keiner."

Ohnehin: Die "Wertschätzung" war und ist immer wieder Thema. Jene jüngst bei immer zahlreicheren Vertragsverhandlungen vermisste "Wertschätzung", einer vermutlich in einem finsteren Workshop für Spielerberater erdachten, widerlichen Verbrämung vollkommen entrückter Gehaltsforderungen.

Schwer erträgliche Kurzsichtigkeit

Lewandowskis Vermächtnis bei den Bayern, das besteht aus seinen Toren und den Titeln, die er zu gewinnen mithalf. Zahlen. Mehr nicht. Mehr war es nie, und mehr wäre es auch nie geworden. Sein Denkmal in München hatte nie ein festes, unverrückbares Fundament, vielleicht wurde es sogar mit jedem Rekord wirklich geliebter Vereinslegenden, den er brach, noch etwas wackliger. Eine echte Liebesbeziehung, so schrieb es auch mein Kollege Patrick Mayer hier, war es nie zwischen dem Polen und dem deutschen Rekordmeister. Es reicht eben nicht, sich zum alljährlichen wie unvermeidlichen Oktoberfest-Fototermin in Krachlederne zu zwängen – näher vermochten sich Spieler und Verein in acht Jahren aber nicht zu kommen. Näher werden sie sich auch in Barcelona nicht kommen.

Zweitens – und am frustrierendsten: Der Fußball 2022 ist der Fußball der Spieler und ihrer Berater – und der Vereine, die sie ermutigen, sich aus bestehenden Verträgen herauszuwinden und dabei in schwer erträglicher Kurzsichtigkeit ignorieren oder gar billigend in Kauf nehmen, dass zwangsläufig irgendwann auch sie selbst Opfer dieses Monsters werden, das sie da mit geschaffen haben. Eine Handhabe, einen Ausweg gibt es kaum, allen Standhaftigkeitsschwüren und "Basta"-Bekundungen zuwider.

Und trotzdem wird sie auch beim nächsten Vertragsgerangel wieder locken, diese Hoffnung auf "Dieses Mal nicht", auf "Jetzt reicht's".

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