Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.
Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Vertragsknall bei Bayern Das steckt hinter Kimmichs brisanten Sätzen

Joshua Kimmich sorgt mit brisanten Sätzen zum Vertragspoker mit dem FC Bayern für Verwunderung. Die Situation spitzt sich zu und die Entscheidung naht.
Aus München berichtet Julian Buhl
Beim 3:0-Sieg des FC Bayern am Mittwochabend im Achtelfinalhinspiel gegen Bayer Leverkusen ließ Joshua Kimmich zunächst Taten für sich sprechen. An dem dominanten Auftritt des Rekordmeisters hatte er mit einer starken Leistung enorm großen Anteil und verdiente sich damit die t-online-Note 1.
Alleine damit sendete er schon eine klare Botschaft an die Klubbosse. Die lautete unmissverständlich: Seht her, ich bin der Chef dieser Mannschaft und in dieser Form auch in Zukunft unverzichtbar. Für alle Beobachter des Königsklassenduells war unübersehbar, dass Kimmich nach wie vor der unumstrittene Anführer dieser Mannschaft ist.
Auf dem Platz ging er als solcher voran und duckte sich auch anschließend beim Interview in den Katakomben der Arena nicht vor dem Thema weg, das momentan beim FC Bayern alles anderes überlagert: Das vom Aufsichtsrat zurückgezogene Angebot des Klubs zur Verlängerung von Kimmichs nach dieser Saison auslaufendem Vertrag.
Mit diesen Sätzen sorgt Kimmich für Verwunderung
Kimmich bezog zu dieser Causa also auch verbal klar Stellung. Mit einigen Sätzen, die er dabei sagte, ließ er seine Zuhörer allerdings auch in großer Verwunderung zurück. Eine seiner Kernbotschaften, die er vor laufenden Kameras übermittelte, lautete nämlich: "Der Ball liegt nicht bei mir." (Mehr dazu lesen Sie hier.) Dabei hatte der Bayern-Aufsichtsrat in den vergangenen Tagen mit dem Rückzug des Vertragsangebots noch genau das Gegenteil vermittelt und damit doch vermeintlich Kimmich unter Druck gesetzt sowie in Zugzwang gebracht.
Der Tenor, der an der Säbener Straße zu vernehmen war, lautete bislang auch ganz klar: Wenn Kimmich beim FC Bayern bleiben möchte, dann muss er jetzt einen Schritt auf den Klub zugehen und ein entsprechend klares Signal senden. Kimmich wähnt den Ball im Vertragspoker jetzt trotzdem weiterhin in der anderen Spielhälfte bei Bayern? Genau diese Nachfrage beantwortete er mit einem klaren: "Ja."
Als zentraler Mittelfeldspieler gilt Kimmich ja eigentlich als Experte bei der Einschätzung, wo und bei wem die Bälle sich auf dem Platz befinden und in welche Räume sie als nächstes gespielt werden müssen.
Mit seiner Sichtweise der Dinge dürfte Kimmich nun aber nicht nur die Reporter, sondern vor allem auch die Vereinsverantwortlichen überraschen. Was Kimmich möglicherweise meint: Laut Sky soll er trotz schriftlicher Angebote von Paris Saint-Germain und einem weiteren Verein in den vergangenen drei Tagen Eberl noch einmal deutlich gemacht haben, dass er einer Vertragsverlängerung beim FC Bayern durchaus offen gegenübersteht.
Angebot zurückgezogen? "Habe ich so nicht wahrgenommen"
Für Verwunderung sorgte Kimmich aber mit Sicherheit auch mit dem, was er unmittelbar danach folgen ließ. "Ich will nicht zu viel auf den zeitlichen Ablauf kommen. Es ist an die Öffentlichkeit gedrungen, dass das Angebot zurückgezogen wurde", führte Kimmich aus, "trotzdem war es in der Kommunikation nicht so, dass ich das so wahrgenommen habe."
Wie er das genau meint, ließ er zumindest zwischen den Zeilen erahnen. Er sprach auffällig von sehr vertrauensvollen Gesprächen mit Sportvorstand Max Eberl, Sportdirektor Christoph Freund und Vorstandschef Jan-Christian Dreesen. Darin hat sich die Botschaft, die ihm übermittelt wurde und weiterhin wird, für ihn offenbar nicht geändert. Kimmich berichtete von "ein paar sehr guten Gesprächen" und sagte: "Ich merke auch, dass der Max sehr ehrlich ist, dass er auch kämpft. Das weiß ich sehr zu schätzen."
Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.
Eberl und Kimmich hatten sich wohl bereits mündlich auf die konkreten Konditionen eines neuen Vertrags geeinigt – bis der Aufsichtsrat sein Veto einlegte. Insgesamt lautet der Tenor, der zu vernehmen ist: Kimmich will zu viel Geld, und Eberl gibt zu viel aus. Mit dem Zurückziehen des Angebots setzte der Aufsichtsrat zweifellos an beide ein deutliches Zeichen (mehr dazu lesen Sie hier).
Unter anderem auch die beiden früheren und immer noch heimlichen Klubbosse Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gehören dem mächtigen Gremium an, dessen Vorsitzender Präsident Herbert Hainer ist. Im Kreis dieser wichtigen Entscheider soll es auch kritische Stimmen hinsichtlich Kimmichs Stellenwert und Rolle bei Bayern geben.
t-online nennt Knackpunkt im Kimmich-Poker
In dem Vertragspoker geht es nicht nur um Kimmichs Gehalt, das angeblich bei 20 bis 22 Millionen Euro pro Jahr liegen soll. Auch, was die Zahlung einer zusätzlichen einmaligen "Signing Fee" betrifft, die wohl noch einmal in einer ähnlichen finanziellen Größenordnung liegen würde, herrscht Uneinigkeit.
t-online kennt noch einen weiteren zentralen Knackpunkt im Kimmich-Poker: Auch hinsichtlich der Vertragslaufzeit haben beide Parteien unterschiedliche Vorstellungen. Während Kimmich sich einen Vierjahresvertrag bis 2029 wünscht, bevorzugt Bayern dagegen eine um ein Jahr kürzere Laufzeit – auch um zunächst Kosten im Gehaltsvolumen einzusparen. (Mehr dazu lesen Sie hier: Es geht um ein ungeschriebenes Gesetz: Der Knackpunkt im Kimmich-Poker)
Achtelfinale Hinspiel
Kimmich ließ klar durchklingen, dass es bei den Verhandlungen offenbar Unstimmigkeiten im zeitlichen Ablauf gab, die zu der Reaktion des Aufsichtsrates führten. "Zuerst war es mein Zeitplan, das vor der Länderspielpause zu machen", sagte Kimmich. Die beginnt Mitte März. "Der Verein wollte das dann nicht. Das ist auch legitim. Der Verein wollte gerne jetzt vor den beiden Spielen (gegen Leverkusen; Anm. d. Red.) eine Entscheidung haben", führte der 30-Jährige aus.
Dann sei allerdings seine Verletzung (Sehnenreizung) im Spiel gegen Frankfurt (4:0) "so ein bisschen mit dazu gekommen, was es dann so ein bisschen schwierig gemacht hat im Zeitplan".
"Dann wird es spätestens zu einer Entscheidung kommen"
Eberl betonte ausdrücklich, dass Kimmich "nicht gierig" sei bei seinen Gehaltsforderungen. Das sei "Quatsch". Darauf angesprochen sagte Kimmich: "Mir geht es nicht darum, da jetzt den letzten Euro rauszupressen. Das weiß der Max." Und wie geht es jetzt weiter? "Es wird auf jeden Fall zeitnah zu einer Entscheidung kommen, spätestens vor der Länderspielpause", sagte Kimmich.
Kommt es am Ende doch noch zu einer Lösung, welcher der Aufsichtsrat dann auch zustimmt? Riskiert der FC Bayern am Ende tatsächlich nach zehn Jahren in München den Abschied des Kapitäns der deutschen Nationalmannschaft? Kimmich bestätigte, dass auch andere Vereine in seinen Überlegungen eine Rolle spielen, ohne dabei zu verraten, welche konkret.
Vorstandsboss Dreesen war jedenfalls darum bemüht, das Thema nicht mit weiteren Spekulationen und Wasserstandsmeldungen zu bespielen. "Wir haben schon wahnsinnig viel dazu gesagt", betonte er. "Wir werden sehen, was die nächsten Tage bringen." Am Donnerstagmittag trafen sich Rummenigge und Hoeneß bereits mit den Klub-Verantwortlichen zum Kimmich-Gipfel an der Säbener Straße.
- Reporter vor Ort in der Allianz Arena
- Eigene Recherche und Hintergrundgespräche
- Mixed-Zone-Gespräche mit Joshua Kimmich, Max Eberl und Jan-Christian Dreesen