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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bayern-Präsident Herbert Hainer exklusiv "Das wäre ein Traum"
Im Exklusiv-Interview mit t-online nennt Bayern-Präsident Herbert Hainer die Basketball-Weltmeister als Vorbild – auch für die Fußball-Nationalmannschaft.
Herbert Hainer steht am Fenster seines Büros im zweiten Stock der Vereinsanlage des FC Bayern an der Säbener Straße, als er t-online zum vereinbarten Interviewtermin empfängt. Der Blick, der sich dem Präsidenten des Rekordmeisters von der Chefetage aus bietet, ist ungewohnt. Dort, wo die Profis während der Saison täglich trainieren, ist nämlich nicht viel zu beobachten. Statt Fußballern sind nur ein paar Arbeitsgeräte zu sehen.
Der Rasen der Trainingsplätze schaut etwas ramponiert aus – mehr braun als grün. Der Hybridrasen wurde nämlich erst kürzlich abgefräst und neu ausgesät. Gebraucht wird er schon seit drei Wochen nicht mehr, nachdem sich die Bayern mit dem letzten Ligaspiel aus der Saison verabschiedet haben – der ersten titellosen Spielzeit seit 2012.
Die Chance auf eine Trophäe und damit ein klein wenig Wiedergutmachung haben die Münchner nun aber dennoch. Die Basketballer des FC Bayern stehen schließlich in den Playoff-Finals um die Meisterschaft. Nach dem Pokalsieg könnten sie damit sogar das Double holen. Vor dem Auftakt der Best-of-five-Serie am Samstag (20.30 Uhr) gegen Alba Berlin spricht Hainer im Interview mit t-online unter anderem über diese ganz besondere Konstellation.
t-online: Herr Hainer, müssen die Basketballer jetzt die Ehre des FC Bayern retten?
Herbert Hainer: Eine titellose Saison unserer Fußballer ist natürlich nicht der Standard bei Bayern München und entspricht keineswegs unseren Vorstellungen. Die Basketballer und auch unser Frauenteam, das zum zweiten Mal in Folge Meister geworden ist, hellen diese Saison sicherlich auf. Natürlich wollten wir mit den Basketballern auch den Pokal verteidigen. Aber unser großes Ziel ist die Deutsche Meisterschaft.
Auch deshalb, weil die bislang letzte Bayern-Meisterschaft mittlerweile fünf Jahre her ist?
Wir haben ja immer gesagt, dass wir uns in der Spitze des deutschen und des internationalen Basketballs etablieren wollen. Für Deutschland gehört dann auch dazu, dass wir Meister werden. Dieser Titel ist für mich der ehrlichste Titel, weil er das Ergebnis einer Leistung über die gesamte Saison widerspiegelt.
Welche Erwartungen haben Sie jetzt an die Finalserie gegen Alba Berlin, die mit dem Spiel am Samstag in München beginnt?
Ich sehe uns schon in der Favoritenposition, obwohl Berlin ein Gegner auf Augenhöhe ist. Wir haben eine sehr starke Mannschaft, die ihre Qualität auch in den bisherigen Playoffs schon gezeigt hat und sind Hauptrunden-Erster geworden. Damit haben wir uns den Heimvorteil erkämpft und spielen die ersten beiden Spiele zu Hause. Aber man darf Berlin trotzdem auf keinen Fall unterschätzen, sie haben sich in einer engen Serie gegen starke Chemnitzer nach einem 1:2-Rückstand durchgekämpft. Alba ist unser permanenter Rivale der vergangenen Jahre. So, wie im Fußball Bayern gegen Dortmund Jahrzehnte lang das Duell war, gibt es im Basketball einen aufregenden Klassiker zwischen Bayern und Berlin.
Während Bayern nach dem deutlichen 3:0-Sieg in der Halbfinalserie gegen Würzburg nun eine Woche Pause hatte, musste Alba noch am Donnerstag im entscheidenden fünften Spiel antreten. Ein Vorteil für Bayern, oder?
Das kann ein Vorteil sein, weil wir uns ausruhen konnten. Es kann aber auch zum Nachteil werden, wenn du aus dem Rhythmus kommst. Das haben wir im ersten Spiel gegen Ludwigsburg gesehen, bei gleichen Voraussetzungen. Aber ich bin überzeugt, dass unser Trainerteam die Spannung und den Rhythmus hochhalten konnte.
Wäre die Saisonbilanz mit dem Double in Ihren Augen dann positiv? International waren die Erwartungen in der Euroleague ja eigentlich deutlich höher als Platz 15 …
Das sehe ich schon zweigeteilt. In der Bundesliga haben wir es sehr gut gemacht. Aber mit dem Ergebnis in der Euroleague bin ich nicht zufrieden. Wir haben gerade einmal 13 Spiele gewonnen und 21 verloren. Da haben wir das große Potenzial, das die Mannschaft hat, nicht ausgeschöpft. Aber es ist ganz klar unser Anspruch, da im nächsten Jahr wieder anzugreifen.
Woran lag es, dass es dieses Jahr nicht geklappt hat?
Sicherlich nicht an den Einzelspielern, von daher ist es meiner Meinung nach der individuell beste Kader, den wir je hatten. Aber wir müssen schon auch als Mannschaft zusammenfinden, das hat man am Anfang gerade in der Euroleague gesehen. Wir hatten mit Pablo Laso einen neuen Trainer, etliche neue Spieler, alle mussten sich erst noch als Team finden. Das ist uns in der zweiten Saisonhälfte immer besser gelungen. Da hat man gesehen, dass die Mannschaft immer stärker zusammenspielt und auch immer besser aufeinander abgestimmt ist.
Lässt sich die Verpflichtung von Serge Ibaka im vergangenen Sommer mit der von Harry Kane bei den Fußballern vergleichen?
Es war sicherlich eine große und positive Überraschung für die Liga, dass wir Serge Ibaka verpflichten konnten. Er hat mehr als 1.000 NBA-Spiele gemacht und ist 2019 mit Toronto Champion geworden. Seine Qualität sieht man auch jeden Tag in der Halle. Er ist ein exzellenter Basketballer, der uns sowohl in der Defensive als auch in der Offensive viele Impulse gibt. Und eine Sache gefällt mir besonders gut bei ihm ...
Welche?
... wie er sich auch im Training um die jüngeren Spieler kümmert. Er versucht, ihnen zu helfen, seine Erfahrung an sie weiterzugeben. Er ist ein unheimlich wertvoller Spieler für uns, auch abseits des Courts.
Werden Sie ihn in der nächsten Saison in München halten können?
Wir haben mit ihm vereinbart, dass wir uns nach den Finals zusammensetzen und das besprechen. Was ich höre, ist, dass es ihm in München gut gefällt, er die Mannschaft mag – und dass er auch das, was wir im Basketball vorhaben, absolut verinnerlicht hat und motiviert ist. Im SAP Garden zu spielen, den wir zur nächsten Saison ebenfalls beziehen als zweite Spielstätte neben dem BMW Park, auch das ist eine zusätzliche Motivation für ihn. Er wird sicherlich von dem ein oder anderen Verein umgarnt. Aber ich glaube, dass wir eine sehr gute Chance haben, ihn zu behalten.
Ibaka kam auch deshalb nach München, weil mit Pablo Laso sein ehemaliger Erfolgscoach von Real Madrid bereits da war. Hat sich Lasos Verpflichtung allein damit schon bezahlt gemacht?
Natürlich hat Pablo da auch geholfen und Serge noch mal zusätzlich überzeugt, dass wir es hier wirklich ernst meinen mit Basketball. Aber auch die Arbeit und die Kompetenz unseres Geschäftsführers Marko Pešić darf dabei nicht unter den Tisch fallen. Marko war da die treibende Kraft.
Träumen Sie von einer ähnlich langen und erfolgreichen Ära mithilfe von Laso, wie er sie damals bei Real Madrid startete?
Natürlich würden wir gerne eine Ära aufbauen, aber am Ende des Tages zählen die Erfolge. Und dazu gehören immer zwei: die Mannschaft und der Trainer, die zusammenpassen müssen. Laso ist ein erfahrener Trainer, der schon alles erlebt hat. Aber auch er musste sich ein bisschen an die Bundesliga gewöhnen, daran, nicht nur in Hallen mit 10.000 Leuten zu spielen, sondern teilweise auch in Turnhallen, wo eine ganz andere Atmosphäre herrscht.
In der Vergangenheit gab es mal einen Austausch zwischen Julian Nagelsmann, dem damaligen Trainer der Bayern-Fußballer, und Andrea Trinchieri, dem Trainer der Basketballer. Ist so etwas jetzt mit Pablo Laso und Vincent Kompany erneut vorstellbar?
Absolut. Pablo ist ja ein großer Fußballfan, ein sportbegeisterter Spanier, der schon ein paar Mal in der Allianz Arena war. Und ich bin überzeugt davon, dass da von beiden Seiten Interesse besteht, sobald der neue Trainer da ist. Wir fördern das natürlich, genau wie damals mit Trinchieri und Nagelsmann. Weil wir glauben, dass man voneinander lernen kann.
An was genau denken Sie da?
Auf der einen Seite steht ein Coach mit sehr viel Erfahrung. Auf der anderen Seite kommt in Vincent Kompany ein junger Trainer aus der vermeintlich besten Fußball-Liga der Welt mit Mannschaften wie seinem Ex-Klub Manchester City, Liverpool oder Chelsea. Da gibt es eine Menge, worüber sie sprechen können.
Das sieht Julian Nagelsmann offenbar auch als Bundestrainer weiterhin so. Im Rahmen der EM-Vorbereitung empfing er nun Basketball-Nationalcoach Gordon Herbert beim DFB-Team. Welche Tipps kann er sich von dem Weltmeistercoach holen?
Dem deutschen Basketball-Team hätte es vorher keiner zugetraut, dass sie Weltmeister werden. Also müssen Gordon Herbert und das Team vieles richtig gemacht haben, das war ja keineswegs nur Glück. Natürlich können von diesen Erfahrungen und dem Weg des DBB-Teams auch Julian Nagelsmann und die deutsche Fußball-Nationalmannschaft lernen.
Die Bayern-Basketballer gelten als Herzensprojekt von Uli Hoeneß. Inwieweit ist er daran noch aktiv involviert?
Uli Hoeneß ist ein absoluter Basketballfan, insofern reden wir immer. Er ist jetzt so nicht mehr ins Tagesgeschäft involviert, aber insgesamt natürlich am Fort- und Werdegang des Basketballs weiterhin sehr interessiert.
Klingt, als hätte er bei den Basketballern schon ein bisschen mehr losgelassen, als das momentan bei den Fußballern der Fall ist. Oder?
Im Fußball hatten wir durch den Wechsel von Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić schon Fußball-Expertise verloren, die wir jetzt erst nach und nach durch Christoph Freund und Max Eberl wieder reingeholt haben. Deswegen haben wir auch den Rat von Uli und von Karl-Heinz Rummenigge stärker beansprucht. Und gesagt: "Mensch, ihr mit eurer Erfahrung müsst uns da helfen." Was beide auch sehr gerne machen. Der Fußball dominiert nun mal beim FC Bayern.
Sie sprachen den anstehenden Einzug in den neuen SAP Garden bereits an. Was bedeutet dieser Schritt für den FC Bayern Basketball?
Das ist eine der modernsten, wenn nicht die modernste Halle in Europa, da gibt es ganz andere Möglichkeiten der Vermarktung, wie wir unsere Zuschauer und unsere Fans betreuen und begeistern können. Das wird sicherlich auch eine große Motivation für die Spieler sein. Der SAP Garden hilft uns, auf das nächste Level zu kommen.
Erwarten Sie dadurch einen ähnlichen Zuschauer- und Basketball-Boom wie damals mit dem Umzug der Fußballer in die Allianz Arena?
Auf alle Fälle. Wir hatten in dieser Saison bisher 26 Spiele ausverkauft – so viele wie noch nie zuvor. Das zeigt, dass Basketball in München mehr als angekommen ist. Wenn wir jetzt noch Deutscher Meister werden, wäre das der Sahneklecks auf dem Kuchen. Mit dem SAP Garden wird sicher eine ähnliche Euphorie wie mit der Allianz Arena entstehen.
Steht das erklärte Ziel noch, mit dem Einzug in den SAP Garden dann auch zu den festen Playoff-Kandidaten der Euroleague zu gehören?
Definitiv. Es ist ganz klar unser Ziel, nicht nur in der nationalen Spitze, sondern auch in der internationalen anzukommen. Die Playoffs in der Euroleague zu erreichen, ist daher weiterhin unser Ziel. Da gehören wir auch hin, von dem, was wir als FC Bayern München darstellen. Aber auch vom Budget her wollen wir Stück für Stück näher an die ganz Großen heranrücken, um dann auch mit ihnen konkurrieren zu können.
Es wird also auch noch mehr in die Mannschaft investiert werden?
Wir gehen davon aus, dass wir mit dem SAP mehr Einnahmen generieren können. Und wenn das der Fall ist, wird das wieder in die Mannschaft investiert. Jemanden wie Ibaka verpflichten zu können, kostet natürlich Geld. Auf der anderen Seite sind solche Spieler auch eine Riesen-Attraktion – für die Zuschauer und den deutschen Basketball insgesamt.
Sie werden also weitere Spieler dieser Kategorie nach München holen?
Wenn wir es uns leisten können, dann werden wir das auch machen. Wir tun alles für den sportlichen Erfolg.
Wollen Sie das Final-Four-Turnier der Euroleague dann auch mal nach München holen?
Ich gehe fest davon aus, dass wir in den nächsten Jahren auch mal ein Final-Four-Turnier hier in München sehen werden. Schließlich haben wir schon des Öfteren bewiesen, dass wir solche Turniere sehr gut organisieren können, wie beim deutschen Pokal-Top4 zum Beispiel im Februar inklusive einer „Night of the legends"-Gala, bei der nicht nur das Who-is-who des deutschen Basketballs hier vertreten war.
Haben Sie auch die Hoffnung, dass Bayern dabei mitspielen wird?
Natürlich, am besten mit dem FC Bayern als Teilnehmer. Irgendwann mal ein Final Four hier zu Hause zu spielen, das wäre sicherlich ein Traum.
- Persönliches Interview mit Herbert Hainer