Bundestagswahl im Südwesten CDU stärkste Kraft im Südwesten – schwache Grüne
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Die CDU schneidet im Südwesten noch stärker ab als im Bund - und regt sich über das neue Wahlrecht auf. Die Grünen verlieren ihren Kretschmann-Bonus. Nun steht das Land vor dem nächsten Wahlkampf.
Die CDU hat die Bundestagswahl auch in Baden-Württemberg mit deutlichem Abstand gewonnen. Nach der Hochrechnung von Infratest dimap von 22.01 Uhr für den SWR erzielte die Partei im Land 31,5 Prozent der Stimmen. Damit schneiden die Christdemokraten im Südwesten den Hochrechnungen zufolge etwas besser ab als im Bund, wo sie zuletzt bei 28,5 bis 28,6 Prozent standen. Die AfD wurde zweitstärkste Kraft im Südwesten und verdoppelte sich auf 19,9 Prozent. Danach folgt die SPD mit 14,3 Prozent.
Die Grünen, die in Baden-Württemberg in der Vergangenheit immer wieder stärker abschnitten als im Bund, kamen diesmal laut Hochrechnung lediglich auf 13,5 Prozent – nur etwas mehr als die 12,2 bis 12,3 Prozent im Bund. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zugeschriebene Bonus im Südwesten ist also deutlich abgeschmolzen.
Die Linke konnte der Hochrechnung zufolge 6,6 Prozent der Stimmen auf sich verbuchen, die FDP erzielte in ihrem Stammland 5,5 Prozent der Stimmen. Das BSW erlangte 4,0 Prozent der Stimmen.
Auch in Baden-Württemberg nahmen diesmal deutlich mehr Menschen an der Bundestagswahl teil. Nach der Hochrechnung von 22.01 Uhr stieg die Wahlbeteiligung auf 84,3 Prozent. 2021 hatte sie noch bei 77,8 Prozent gelegen. Nach Schätzungen des Statistischen Landesamts waren im Südwesten rund 7,6 Millionen Menschen wahlberechtigt.
Promi-Kandidaten im Südwesten
Auf den Stimmzetteln der 38 Wahlkreise im Südwesten standen nach Angaben der Landeswahlleiterin insgesamt 526 Kandidatinnen und Kandidaten. Auch einige bundesweit bekannte Politikerinnen und Politiker kandidierten in Baden-Württemberg, etwa die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, die am Bodensee antrat.
Grünen-Chefin Franziska Brantner konnte ihr Direktmandant in Heidelberg nicht gegen die CDU verteidigen. Auch die frühere Grünen-Chefin Ricarda Lang musste eine Niederlage in ihrem Wahlkreis Backnang-Schwäbisch Gmünd einstecken. Lang kam nach dem vorläufigen Ergebnis für den Wahlkreis nur auf 10,68 Prozent der Erststimmen. Beide Politikerinnen bleiben aber über die Landesliste abgesichert.
Außenpolitiker Roderich Kiesewetter errang im Wahlkreis Aalen-Heidenheim als CDU-Direktkandidat die meisten Erststimmen. Ob Kiesewetter tatsächlich ins Parlament einzieht, hängt allerdings von den Zweitstimmen seiner Partei ab. Denn nun greift zum ersten Mal das neue Bundestagswahlrecht.
Ärger um neues Wahlrecht
Mit dem veränderten Wahlrecht ziehen nicht mehr alle siegreichen Wahlkreis-Kandidaten automatisch in den Bundestag ein: Sie bekommen nur noch dann ein Mandat, wenn ihre Partei auf genügend Zweitstimmen kommt, anderenfalls gehen die siegreichen Direktkandidaten leer aus. Dafür entfallen die früher üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate. Wer den Einzug in den Bundestag geschafft hat, steht wegen des neuen Wahlrechts wohl erst am frühen Montagmorgen fest - nämlich dann, wenn das vorläufige bundesweite Endergebnis vorliegt.
Betroffen davon im Südwesten ist die CDU, die traditionell viele Direktmandate holt. CDU-Landeschef Manuel Hagel kritisierte am Abend das neue Wahlrecht als undemokratisch. Es sei das erste Mal in der deutschen Geschichte der Fall, dass die Abgeordneten, die von den Menschen in der Heimat direkt gewählt würden, nicht automatisch in den Bundestag einziehen würden, kritisierte er im SWR. "Die Menschen werden an der Nase herumgeführt", sagte er. Das Wahlrecht müsse deshalb reformiert werden.
AfD streckt der CDU die Hände aus
CDU-Landeschef Hagel rechnet bei einer künftigen Bundesregierung unter Führung von Friedrich Merz mit weniger Reibereien. Der Auftrag zur Regierungsbildung liege jetzt ganz klar bei Unions-Kanzlerkandidat Merz und der CDU. "Diesen nehmen wir mit Demut und Ambition an."
Das Wahlergebnis sei ein Vertrauensvorschuss, sagte CDU-Bundesvize Andreas Jung im SWR. Man sei gewählt worden, um Probleme zu lösen. Jung schloss erneut eine Regierungsbeteiligung der AfD in Berlin aus.
Der AfD-Landesvorsitzende Markus Frohnmaier bot der Union hingegen eine Zusammenarbeit an. "Wir stehen bereit, gerade in Fragen der Beseitigung der illegalen Migration, zusammenarbeiten", sagte Frohnmaier. Damit meine er etwa gemeinsame Abstimmungen im Bundestag. Frohnmaier sitzt für die AfD im Bundestag und gilt als enger Vertrauter von AfD-Frontfrau Alice Weidel.
Grüne im Südwesten enttäuscht
Die baden-württembergischen Grünen zeigten sich enttäuscht. Das Ergebnis sei nicht das, was sich die Partei gewünscht und wofür sie gekämpft habe, sagte Grünen-Chef Pascal Haggenmüller. Die Partei sei aber als einzige Vertreterin der "unbeliebtesten Regierung aller Zeiten" vergleichsweise stabil geblieben. Haggenmüller appellierte an die Verantwortung der CDU/CSU: "Wir erwarten vom künftigen Bundeskanzler, dass er das Land zusammenführt und nicht weiter spaltet."
SPD will sich neu aufstellen
Baden-Württembergs SPD-Chef Andreas Stoch erklärt sich das schlechte Abschneiden seiner Partei mit dem Ruf der Ampelregierung. "Wir haben es nicht geschafft, uns aus der negativen Bewertung der Ampelkoalition und ihres Scheiterns zu befreien", sagte Stoch einer Mitteilung zufolge.
Die SPD hatte auch im Bund nach den Hochrechnungen mit rund 16 Prozent ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt.
Die Co-Bundesvorsitzende Saskia Esken, die im Wahlkreis Calw kandidierte, zieht vorerst keine personellen Konsequenzen aus dem Debakel ihrer Partei. "Wir müssen natürlich die SPD angesichts dieses enttäuschenden Ergebnisses auch neu aufstellen", sagte Esken im ZDF. Dies gelte organisatorisch, programmatisch und auch personell. "Aber das machen wir gemeinsam und nicht an einem Wahlabend von einer Bühne herunter."
"Wir haben die wirklichen sozialen Probleme nach vorne gestellt, wie die hohen Mieten oder die immer weiter steigenden Preise", sagte die Spitzenkandidatin der Linken in Baden-Württemberg, Sahra Mirow, im SWR. Das sei von den Wählern belohnt worden. "Wir haben ganz klar immer gesagt: Die sozialen Probleme dieses Landes mit Migration zu verknüpfen, ist nicht richtig."
FDP bangt um Einzug
Die Spitzenkandidatin der Südwest-FDP, Judith Skudelny, verteidigte trotz des schlechten Abschneidens der Liberalen den Kurs von Parteichef Christian Lindner verteidigt. Das Ampel-Aus sei der richtige Schritt gewesen, sagte Skudelny im SWR. Die Rechtsanwältin hoffte bis zuletzt, dass ihre Partei doch noch den Sprung in den neuen Bundestag schafft. Die FDP würde es nach den aktuellen Hochrechnungen bundesweit nicht über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) muss bangen. Landeschefin Jessica Tatti sagte, man sei zuversichtlich, dass es für einen Einzug reiche. Sie sehe in dem Abschneiden ihrer Partei bei der Bundestagswahl ein "fulminantes Ergebnis". In Hochrechnungen von ARD und ZDF lag die Partei knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde oder genau darauf.
CDU gewinnt dazu, Grüne verlieren
Die Bundestagswahl im September 2021 hatte im Südwesten ebenfalls die CDU gewonnen – allerdings nur mit 24,8 Prozent der Zweitstimmen. Die SPD kam damals mit 21,6 Prozent noch auf den zweiten Platz. Die Grünen erhielten im Südwesten 17,2 Prozent, die FDP kam auf 15,3 Prozent. Die AfD landete 2021 in Baden-Württemberg bei 9,6 Prozent.
Der neue Bundestag muss spätestens 30 Tage nach der Wahl zusammentreten – also bis zum 25. März. Die Entscheidung über die künftige Regierung wird voraussichtlich aber erst Wochen oder gar Monate danach fallen. Bis dahin bleibt die bisherige Regierung geschäftsführend im Amt.
Der neue Bundestag wird wegen einer Wahlrechtsreform deutlich schlanker sein. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 630 begrenzt – das sind gut 100 weniger als aktuell.
- Nachrichtenagentur dpa