"Hier ist alles kontaminiert" Beschädigte Öltanks werden nach Hochwasser zum Problem
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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Fünf Tage ist es bereits her, dass in Köln-Dünnwald der kleine Mutzbach für große Überschwemmungen gesorgt hat. Die Keller sind entrümpelt, doch die Folgen der Katastrophe sind noch überall zu sehen – und zu riechen.
Noch am Montag türmen sich in den Vorgärten entlang des Demuntwegs unbrauchbare Möbel, Spielzeug und Elektroartikel. Lkw transportieren immer wieder prallvolle Container ab, es riecht nach Öl. Der Mutzbach, der sonst so friedlich seine Bahnen durch den Kölner Stadtteil Dünnwald zieht, hat während des Starkregens am vergangenen Mittwoch zahlreiche Häuser unter Wasser gesetzt. Besonders die Sackgassen nördlich der Straße Im Leuchterbruch sind betroffen, denn sie liegen tiefer als der Rest des Geländes.
"Das kann man sich nicht vorstellen", sagt Josef Cornelius, ein zupackender 67-Jähriger in kurzer Arbeitshose, der seit Donnerstag ununterbrochen seiner Tochter und seinem Schwiegersohn beim Ausräumen des Kellers und des Erdgeschosses hilft. Schon am Mittwochabend habe er sich zusammen mit seinem Sohn zu ihrem Haus vorgekämpft, im Schlepptau eine Pumpe und einen Stromgenerator. Da sei der Mutzbach bereits einen Meter hoch über die Straße geflossen. Die Fluten seien durchaus bedrohlich gewesen: "Ein Kind wäre weggezogen worden", sagt der Dünnwalder. Eine ältere Frau sei in der Nähe von einem Anwohner vor dem Wegtreiben gerettet worden.
Hochwasser in Dünnwald: Beschädigte Öltanks werden zum Problem
"Im Keller stand das Wasser bis zur Decke und hinten im Garten kam es rausgeschossen", sagt Josef Cornelius‘ Schwiegersohn Raphael, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. Besonders unangenehm sei nun der Ölgeruch. Viele Menschen in der Nachbarschaft hätten bereits seit Tagen Kopfschmerzen. "Hier ist alles kontaminiert", sagt der 38-Jährige und zeigt auf die verschmierte Wiese vor seiner Haustür. Das Öl, das aus mehreren beschädigten Tanks in der Umgebung stamme, sei eigentlich das Schlimmste an der aktuellen Situation. Er werde auf jeden Fall den Boden untersuchen lassen. "Denn dass das nicht gesundheitsfördernd ist, wissen alle."
Ein Teil des Öls kam aus dem Tank im Keller einer Familie ein Haus weiter. "Der Öltank ist explodiert und oben am Tankstutzen ist das Wasser reingelaufen", sagt der 62-jährige Familienvater, der ebenfalls anonym bleiben möchte. "Wir haben das Wasser kommen sehen", sagt seine Frau: "Als es immer mehr wurde, haben wir bei den Nachbarn Sturm geklingelt." Andere Unwetter-Betroffene habe es durchaus schlimmer getroffen, sagt die 44-Jährige: "Wir haben gebetet und das hat geholfen."
Dass es für die Dünnwalder Wohnsiedlung so heftig kam, ist wohl auch dem künstlichen Lauf des Mutzbaches geschuldet. Ab dem Dünnwalder Waldbad verläuft er über einen erhöhten Damm, der den Wassermassen offensichtlich nicht gewachsen war. Oberhalb des Waldbads suchte sich der Mutzbach stattdessen seinen ursprünglichen Lauf quer durch den Wald und das Gehege des Wildparks, dessen Zäune ebenfalls stark beschädigt wurden.
In der tiefgelegenen Siedlung strömte das Wasser dann aus mehreren Richtungen zusammen. "Natürlich muss man nach diesem Hochwasser darüber nachdenken, was zu tun ist, um so etwas zu verhindern", sagt Markus Bouwman, Leiter der Kölner Forstverwaltung. "Man muss sich überlegen, wie man den Mutzbach in Zukunft händelt."
Überflutungen in Köln: Große Hilfsbereitschaft unter Anwohnern
Die Stimmung unter den Bewohnern der Häuser am Anfang der Straße Im Leuchterbruch ist unterdessen nach fünf Tagen harter Arbeit nahezu gelöst. Die Krise scheint sie zusammengeschweißt zu haben. "Die Hilfsbereitschaft war bemerkenswert, alle haben geholfen", sagt Anwohner Ralf Randerath, der am Mittwoch frühzeitig aus dem Urlaub in Kroatien nach Köln zurückfuhr, um sich um sein Haus zu kümmern.
Als er ankam, sei das Wasser im Keller zwar bereits abgeflossen, zurückgelassen habe es jedoch ein Trümmerfeld. "Wir hatten gerade erst die Heizung saniert", sagt der 46-Jährige. Nun sei unter anderem die Elektrik der Photovoltaikanlage dahin. "Drei Zentimeter haben gefehlt, dann wäre auch das Erdgeschoss vollgelaufen", sagt Ralf Randerath. Zum Glück sei er gut versichert.
Rund 50 Freunde und Bekannte halfen ihm und seinen Nachbarn beim Entrümpeln und Säubern. Die Freude über die Hilfsbereitschaft habe allen Ärger über die Schäden überdeckt, sagt Randerath. Seine Nachbarin Katerina Panagouli ist aber auch ein bisschen sauer. Auf die Stadt Köln. Von ihr sei nämlich keinerlei Hilfe gekommen. Auch von der Feuerwehr nicht. "Alles ist über die Nachbarschaft gelaufen", sagt sie. "Jetzt haben wir alles im Griff, zum Glück." In Zukunft will sie ihren Teil dazu beitragen, dass der Klimawandel nicht noch mehr Unheil anrichtet. "Ich möchte mein Auto wechseln", sagt sie, künftig wolle sie ein Elektroauto fahren. Es müsse sich konkret etwas ändern, findet die 57-Jährige: "Da bin ich auf dem Weg."
- Eigene Beobachtungen und Gespräche vor Ort
- Gespräch mit Markus Bouwman, Leiter der Kölner Forstverwaltung