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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Streit um österreichisches Bier Kölner Brauereiverband will "Sölsch" stoppen
Zwei Tiroler bringen ein obergäriges Bier mit dem Namen "Sölsch" auf den Markt – das gefällt dem Kölner Brauereiverband gar nicht.
Eine kleine Brauerei aus dem österreichischen Sölden produziert ein obergäriges Bier. Der Name: "Sölsch". Dem Kölner Brauereiverband passt die Namensähnlichkeit zum hiesigen Kölsch jedoch überhaupt nicht. Während er nun Maßnahmen gegen das "Sölsch" plant, ist sich die Tiroler Bäckelar Brewery keiner Schuld bewusst.
Rund 500 Kilometer Luftlinie von Köln entfernt liegt die österreichische Gemeinde Sölden. Das von Bergketten durchzogene Gebiet ist vor allem als Reiseziel von Skitouristen bekannt, die hier im Ötztal ihren wintersportlichen Leidenschaften nachgehen. Momentan ist die Gemeinde in Tirol allerdings auch außerhalb der Skisaison in den Schlagzeilen. Grund dafür ist eine kleine Brauerei, die Bäckelar Brewery, die hier in einer Höhe von 1400 Metern ein obergäriges Bier mit dem Namen "Sölsch" produziert.
Obergärig? "Sölsch"? Da wird der Kölner doch hellhörig. Tatsächlich erinnert der Name stark an das Leibgetränk der Domstädter, auch die obergärige Brauart des österreichischen Bieres entspricht der des Kölsch. Kann das Zufall sein?
"Kölsch" als geschützte geographische Angabe
Nein – sagt der Kölner Brauereiverband, der sich seit dem 19. Jahrhundert der Interessenwahrung der Kölner Brauer widmet. 1985 verabschiedete der Verband die sogenannte Kölsch-Konvention, ein Dokument, das unter anderem regelt, welches Bier als Kölsch bezeichnet werden darf. Die Antwort darauf ist simpel: Ein Bier darf nur dann Kölsch heißen, wenn es auf Kölner Stadtgebiet gebraut wird. So wie Sekt nur als Champagner betitelt werden darf, wenn er aus der Champagne stammt.
Das ist auch in einer EU-Verordnung, der "Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel" geregelt. Der Begriff "Kölsch" ist also als geschützte geographische Angabe festlegt.
Kölner Brauereiverband prüft Maßnahmen
Der Name "Sölsch", so der Kölner Brauereiverband, verstoße wegen seiner hohen Ähnlichkeit gegen diese geschützte geographische Angabe und stelle zudem eine Markenverletzung dar: "Jede Anspielung und Nachahmung ist eine Verletzung der EU-Verordnung, weil sie beim Verbraucher zu Verwechslungsgefahr führt", erklärt Christian Kerner, der Geschäftsführer des Verbandes: "Das Bier darf auch nicht ähnlich heißen, eine Verwässerung des Begriffs 'Kölsch' können wir nicht hinnehmen."
Schließlich informierte der Brauereiverband auch das Landesamt für Umwelt- und Verbraucherschutz über den Fall. Sollte es nicht anders zu einer Lösung des Problems kommen können, wäge der Verband zudem ab, die Söldener Bäckelar Brewery abzumahnen oder gar eine Unterlassungsverfügung durchzusetzen, die den Vertrieb und die Bewerbung des "Sölsch" verbieten soll.
"Hätte man im Vorfeld bei uns angefragt, hätten wir die Sache mit den Österreichern besprechen können und sicherlich eine Lösung gefunden", so Kerner, "nun hoffe ich, dass die Jungs einsichtig sind und es lassen werden".
"Wir stellen gar kein Kölsch her"
Die besagten "Jungs" aber sind sich keiner Schuld bewusst. Brauer Florian Schmisl und Biersommelier Simon Gstrein, die das "Sölsch" produzieren, verstehen den ganzen Trubel um ihre kleine Brauerei nicht: "'Sölsch' ist eine eingetragene Marke und wird im EU-Register gelistet, wir sind sauber und haben uns nichts zuschulden kommen lassen", erklärt Gstrein.
Die Marke ist am 11.08.2020 beim European Union Intellectual Property Office (EUIPO) angemeldet worden, knapp vier Monate später folgte die Registrierung. Den Kölner Brauereiverband habe man nicht kontaktiert, da man von dessen Existenz überhaupt nicht gewusst habe: "Wir haben aber auch keine Notwendigkeit gesehen, uns da irgendwie abzusichern – wir stellen nämlich gar kein Kölsch her."
Ungefiltert in die Aluflasche
Tatsächlich sei die obergärige Brauart die einzige Parallele des "Sölsch" zum Kölsch: Gefiltert oder pasteurisiert wird das Bier aus Sölden nämlich nicht, wobei die Kölsch-Konvention eine Filterung des Gerstensaftes eigentlich vorsieht. Auch die sonstige Produktion unterscheide sich erheblich von jener der Kölner Kollegen, so Gstrein: "Wir verwenden andere Gewinde und unsere Flaschen sind aus Aluminium. Auch mit unserem schwarz-weißen Design grenzen wir uns stark von den Kölsch-Marken ab." Mit den Begriffen Köln oder Kölsch bewerbe die Brauerei sein Produkt im Übrigen auch nicht.
"Der Aufruhr ist uns rätselhaft"
Der eingetragene Name "Sölsch" ähnele zwar dem des Kölsch, das aber sei vielmehr ein Zufall als eine kalkulierte Adaption des Begriffes: So setze sich der Name des Biers aus dem der Gemeinde Sölden und dem des Brauers Florian Schmisl zusammen: "Das Einzige, was uns mit Köln verbindet, ist der obergärige Braustil des Biers."
Wie Gstrein weiter erzählt, verstünden er und seine Kollegen die aufgeregten Stimmen aus Köln nicht, der Aufruhr sei ihnen rätselhaft: "Für uns gibt es da gar keinen Grund für Streit – im Gegenteil. Die Nachfragen aus Köln sind super, viele Kölner wollen unser Sölsch jetzt mal probieren." Ohnehin hätten die Bierbrauer aus Sölden keine Lust auf derartige Auseinandersetzungen: "Wir sind auf Zusammenhalt aus, nicht auf Konfrontation."
- Gespräche mit Simon Gstrein und Christian Kerner
- Gesetzestexte der EU-Verordnung und des Markengesetzes