Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Gutachten-Affäre um Woelki Der Kölner Kirchenfürst muss gehen
Im Erzbistum Köln wird an allen Ecken und Enden Kritik an Kardinal Woelki laut – auch Priester äußern sich in offenen Briefen erschüttert über den Umgang mit den sexuellen Missbrauchsfällen.
Im Glauben fest, im Vertrauen auf den Kardinal erschüttert. Unerhörtes geschieht im Erzbistum Köln. Die Kleriker, die ohne Wenn und Aber zum Gehorsam gegenüber dem Erzbischof verpflichtet sind, üben unverhohlen Kritik an seiner Exzellenz Rainer Maria Kardinal Woelki. Offene Briefe machen die Runde. "Wir haben Vertrauen in unsere Kirchenleitung verloren", kann man da lesen.
Es wird zunehmend einsam um den Kirchenfürsten. Wundern darf ihn das nicht. Wer ein Gutachten zum sexuellen Missbrauch von Priestern in Auftrag gibt, vollmundig größte Transparenz und die namentliche Nennung aller Täter und Vertuscher ankündigt und schließlich das Gutachten unter Verschluss hält, hat alle Glaubwürdigkeit verspielt. Bei den Gläubigen und jetzt auch bei den Priestern.
Wenn jemand wie Johannes Quirl, seit 26 Jahren Pfarrer an der altehrwürdigen Basilika St. Severin in der Kölner Südstadt und äußerst beliebt über die Kirchengrenzen hinaus, dem Chef mehr oder weniger unverhohlen die Gefolgschaft aufkündigt, ist jede Menge faul im Staate Erzbistum. Pfarrer Franz Meurer genießt wegen seines sozialen Engagements stadtweit Kultstatus. Er sieht Woelki in einer Situation, aus der man nur herauskomme, wenn man sich "rumdreht und in die Gegenrichtung geht". Dazu scheint der nicht bereit.
Ein PR-Desaster nach dem anderen für Woelki
Noch dazu reiht sich ein PR-Desaster an das andere. An Weihnachten hat der Kardinal in der hohen Domkirche am Ende seiner Predigt um Entschuldigung gebeten. Allerdings nicht für seinen Umgang mit dem Gutachten, sondern dafür, dass seine Schäfchen aushalten müssen, dass ihr Hirte öffentlich kritisiert wird. Bei einer Pressekonferenz wollte Woelki Teile des Gutachtens mit geschwärzten Abschnitten vorlegen. Von den Pressevertretern verlangte er vorher die Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung. Die lehnten ab und verließen die Veranstaltung.
Ein Bischof muss moralische Instanz sein. Verspielt er dieses Kapital, riskiert er die Zukunft der Institution. Und die ist unsicherer denn je. Bis Ende März sind in Köln alle Termine ausgebucht, wenn man aus der Kirche austreten möchte. Das Amtsgericht hat das Personal aufgestockt, um die Nachfrage nach Austrittsterminen bedienen zu können. In den Gemeinden war die Stimmung nie schlechter.
Reformen werden gefordert, Woelki ist dagegen
Angesichts der sinkenden Priesterzahl will Woelki den "Pastoralen Zukunftsweg" einschlagen. Viele Gemeinden wollen den nicht mitgehen, weil sie zum Beispiel befürchten, in den geplanten Großpfarreien ihre Identität zu verlieren. Bundesweit haben sich zahlreiche Laien auf den "Synodalen Weg" gemacht und fordern Reformen. Einer der entschiedensten Gegner aus dem Episkopat ist Woelki. Auch auf diesem Weg laufen Hirte und Schafe in entgegengesetzte Richtungen.
Zu den zentralen Motiven des katholischen Glaubens gehören die Umkehr, die Reue, die Buße und der Neuanfang. Ist der Kardinal dazu willens und fähig, werden ihm die Katholiken im hillije Kölle trotz allem die Hand reichen. Wenn nicht, fällt Woelki der eigene Satz auf die Füße, mit dem er für den "Pastoralen Weg" geworben hat: "Denn wer nicht in und mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit!" Der Kardinal wird im August 65. Stand jetzt: Zeit, in Rente zu gehen.
Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.