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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Covid-19 überlebt "Muss ich jetzt sterben?" – Kölner Corona-Infizierte berichten
Die Corona-Pandemie bestimmt seit Monaten den Alltag in Köln. Doch wie ist es, selbst mit dem Virus infiziert zu sein? Zwei Betroffene berichten, wie sie die Erkrankung und die Quarantänezeit erlebt haben.
Angst? Nein, Angst habe sie nicht, sich zu infizieren. Claudia, die ihren kompletten Namen nicht nennen will, weil sie an einer Kölner Schule arbeitet, hat bereits zwei Corona-Quarantänen hinter sich. "Das erste Mal wurde ich positiv getestet, war aber symptomfrei. Das zweite Mal hatte ich unmittelbaren Kontakt zu einer positiv getesteten Person", erzählt die zweifache Mutter.
Claudia ist vorsichtig, hat ihre Kontakte eingeschränkt und trägt Mund- und Nasenschutz überall dort, wo er vorgeschrieben ist. "Trotzdem erwischte es mich kalt", berichtet die Frau aus Köln. Es ist schon einige Wochen her, da bot ihr Arbeitgeber allen Beschäftigten einen Corona-Test an. "Ich ging gut gelaunt dorthin. Ich war ja gesund, fühlte mich gut und hatte mich eingeschränkt", erzählt sie. Dann aber kam alles anders. Ihr Testergebnis war für sie ein Schock. Positiv, stand auf dem Bescheid. "Trotzdem hatte ich im ersten Augenblick gelacht. Ich dachte, es war ein schlechter Scherz", erzählt die 55-Jährige. Sie musste in Quarantäne. Und mit ihr ihre gesamte Familie.
In den Nächten kam die Angst
"Die ersten fünf Tage hatte ich Angst. Ständig horchte ich in mich hinein, hatte schlaflose Nächte. Ich dachte, werde ich jetzt krank und muss sterben?", erinnert sie sich noch genau an diese Tage. Aber Claudia wurde nicht krank. Obwohl sie Asthmatikerin ist und somit zur Risikogruppe zählt. In den ersten Tagen ihrer Quarantäne renovierte sie die Küche, dann kehrte Langeweile ein. Sie bat ihren Arbeitgeber, wenigstens von zu Hause aus arbeiten zu dürfen. "Nach einigem Hin und Her genehmigte er mir das", erzählt sie. Sonst wäre ihr die Decke auf den Kopf gefallen.
Um ihren Mann und ihren Sohn nicht anzustecken, versuchte sie beiden aus dem Weg zu gehen. Auf 74 Quadratmetern gar nicht so einfach. "Das Zimmer meiner Tochter war leer. Sie ist vor einem Jahr ausgezogen. Dort habe ich während dieser Zeit gewohnt", so Claudia. Am Abend traf sich die Familie dann mit Abstand auf dem Balkon. Schließlich hielt sich die gesamte Familie in getrennten Zimmern auf, ein bisschen Zerstreuung und Gespräche aber mussten sein. "Unseren Hund hat meine Schwester Gott sei Dank abgeholt, mit dem durften wir ja auch nicht spazieren gehen", sagt Claudia, die ungern an diese Zeit zurückdenkt.
Das Virus aus Ischgl eingeschleppt
Weniger harmlos erlebte Betty ihre Erkrankung. "Es fing mit starken Halsschmerzen an, dann kamen Gliederschmerzen und starker Husten hinzu", erzählt die 50-Jährige. Auch Betty möchte lieber anonym bleiben. Sie arbeitet in einer Zahnarztpraxis.
Betty gehört zu denjenigen, die das Virus aus Ischgl mitbrachten. "Wir waren mit acht Freundinnen Skifahren, haben aber keinen Partyurlaub gemacht, aber das mussten wir auch nicht. In den Gondeln und im Restaurant traf man offensichtlich auf genügend Menschen, die das Virus bereits hatten", erzählt die 50-Jährige. An einem Donnerstagabend kamen sie aus dem Urlaub zurück, am Freitagabend wurde sie krank. Ihr Hausarzt kam nach Hause und machte den Test. Der aber fiel negativ aus. "Falsch negativ", wie sie sagt.
- Neue Therapie: Wie kann man Riech- und Geschmacksstörungen loswerden?
Ihr Mann erkrankte am Montag darauf. Sein Testergebnis war positiv. Auch ihr Sohn wurde krank. So wie auch ihre Reisegruppe. "Wir infizierten zusammen etwa 30 Menschen innerhalb kürzester Zeit, ohne es zu wissen", erzählt Betty. Eine mitreisende Freundin von ihr leider auch ihre über 80-jährige Tante und ihren 80-jährigen Vater. Die Tante starb, ihr Vater überlebte.
Lunge ist noch angegriffen
Mit diesen Nachrichten kam das schlechte Gewissen. Aber Angst vor der Erkrankung hatte sie selbst zu keinem Zeitpunkt. Nachdem die schlimmsten Symptome überstanden waren, verlor Betty ihren Geschmacks- und Geruchssinn. Erst seit ein paar Wochen ist alles wieder normal. Zumindest bei ihr. Ihr Mann hat heute noch Schwierigkeiten, die Treppen bis in den fünften Stock zu steigen. "Sein Lungenvolumen ist, obwohl er sehr sportlich ist, nicht normal. Auch riecht er Dinge, die gar nicht vorhanden sind", erzählt Betty.
Angst, sich noch einmal anzustecken, hat sie nicht. "Ich habe erst vor sechs Wochen Blutplasma gespendet. Ich habe immer noch super viele Antikörper im Blut", weiß sie. Trotzdem ist sie vorsichtiger geworden. Denn sie hat erlebt, wie schnell sich das Virus verbreiten kann.
- Gespräche mit den Betroffenen (Namen der Redaktion bekannt)