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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Held des Monats" Wie Corona einen Kölner Chor vor Herausforderungen stellt
Musik ist seine Leidenschaft und das bereits seit fast 40 Jahren: Chorleiter Wolfgang Spieler glaubt daran, dass sie die Menschen gesund hält und positive Emotionen auslöst.
Chorleiter Wolfgang Spieler (56) aus Köln ist seit 1982 ehrenamtlich als Musiker unterwegs. Mit seinem "reger chor köln" organisiert er Konzerte, deren Erlöse gespendet werden. Für dieses Engagement ist er nun gemeinsam mit zehn anderen Preisträgern mit dem Ehrenamtspreis der Stadt Köln ausgezeichnet worden. t-online stellt jeden Monat einen der Preisträger als "Held des Monats" in einem Interview vor.
t-online: Was bedeutet der Name des Chores?
Wolfgang Spieler: Unseren Chor gibt es seit 1982. Zunächst nannten wir uns immer nur Kammerchor. Im Jahr 2000 wollten wir schließlich einen Verein gründen, und jeder Verein braucht einen Namen. Da sich der Chor aufgrund der Größe gut für Musik der Romantik aus dem 19. Jahrhundert eignet, haben wir auch regelmäßig Chormusik des Komponisten Max Reger gesungen. Eine Zusammensetzung seines Namens mit unserem Chorstandort ergab dann den "reger chor köln". Die Kleinschreibung ergibt eine Doppeldeutung zwischen "rege" sein und dem Komponisten.
Wie viele Mitglieder hat der Chor?
Der "reger chor e.V." hat momentan 70 Mitglieder. Aktive Mitglieder haben wir je nach Projekt zwischen 45 und 65. Der Chor besteht zum Teil aus Personen, die schon 1982 mit mir angefangen haben zu musizieren, aber auch aus neuen Mitgliedern. Jetzt ist es ein altersmäßig gemischter Chor. Die jüngsten Sänger sind erst 17 oder 18, die meisten Mitglieder sind zwischen 25 und 50 Jahren alt. Was die Stimmenbesetzung angeht, haben wir Glück, denn bei uns singen relativ viele Tenorsänger und Bässe. Durch die vielen Männerstimmen haben wir eine komfortable Situation.
Wer macht bei Ihnen mit und wie oft proben Sie?
Die Mitglieder kommen zum Teil aus Köln, es gibt aber auch einige, die aus Aachen und dem Ruhrgebiet anreisen. Die meisten leben in einem Umfeld von 20 bis 30 Kilometern rund um Köln. Wir treffen uns einmal im Monat und proben dann einen ganzen Tag lang. Das sind sehr intensive Probentage. Dazu kommen noch Probenwochenenden in der Landesmusikakademie NRW. Jedes Jahr zu Karneval gibt es ein langes Wochenende, an dem wir unsere Stücke einstudieren. Das hat aber nichts mit einer Abneigung gegen Karneval zu tun. Wir machen das, weil in dieser Zeit einfach fast alle Mitglieder frei haben. Und natürlich gibt es abends auch das ein oder andere Bier.
Was hat Sie damals bewogen, den Verein zu gründen?
Ich habe damals mit 17 Jahren mein erstes Kirchenmusikexamen gemacht und war auf der Suche nach einem Chor, mit dem ich üben kann. Denn wie beim Autofahren, das man ja auch nicht nur aus Büchern lernt, muss man auch seine Stimme und das Dirigieren trainieren. Wenn man sangesfreudige Menschen um sich hat und fragt, ob man sich treffen will und die dann auch "Ja" sagen, dann hat man auf einmal einen Chor. Dann bringen viele ihre Freunde mit und schon hat man noch mehr Mitglieder. So sind aus 10 Sängerinnen und Sänger bald 50 bis 60 geworden.
Wie erleben Sie die Corona-Krise?
Als Chor dürfen wir wegen der Infektionsgefahr durch die Aerosole, also die Viren in der Luft, derzeit nicht auftreten und auch nicht proben. Unser letzter Auftritt war am 8. März das Benefizkonzert für unser Projekt "Kinder krebskranker Eltern". Nun machen wir gelegentlich Videokonferenzen, um Chorangelegenheiten zu besprechen und es gibt hier und da auch persönliche Begegnungen im kleinen Kreis. Ich denke, dass wir erst ab 2021 wieder richtig singen dürfen, aber das wird sicherlich auch schwierig werden. Gerade beim Singen im Chor können wir nicht nur mit halber Besetzung proben. Ich merke auch, wie die Chormitglieder das Singen vermissen. Für sie gehören Kultur und Gemeinschaft zum Leben dazu. Viele melden sich und wollen wissen, wann es endlich weiter geht.
Was motiviert Sie täglich, Ihre Arbeit ehrenamtlich zu machen?
Ich fand es schon immer schön, wenn man Kulturpflege und karitative Arbeit miteinander verbindet. Ich bin christlich geprägt, bei unseren Benefizkonzerten geht es darum, Gutes zu tun. Für mich und den Chor ist das eine Herzensangelegenheit. Es ist ein gutes Gefühl, Menschen mit unserer Arbeit helfen zu können. Und etwa zu wissen, dass wir der Familie, deren Vater oder Mutter plötzlich gestorben ist, durch unsere Einnahmen etwas Gutes tun. Denn keines unserer Mitglieder verdient irgendetwas mit dem Chor. Alles wird zu 100 Prozent ehrenamtlich gemacht und alle Einnahmen aus Konzerten werden gespendet.
Gibt ein einen Moment aus Ihrer Arbeit, der Ihnen prägend in Erinnerung geblieben ist?
Besonders spannend ist für mich immer wieder, wenn wir alle paar Jahre mit dem Chor auf Reisen gehen. Wir waren schon in Wien, Hamburg, Hannover, Dresden, Leipzig, Bielefeld, Essen und vielen weiteren Städten. Das Reisen bringt nicht nur den Chor voran. Man hat auch noch einmal anders die Möglichkeit, sich persönlich zu begegnen und besser kennenzulernen. Man kann neue Freundschaften schließen und sich austauschen. Daneben gibt es für mich in jedem Konzert immer einen Moment, der sehr inspirierend ist. Wenn der Chor besonders sauber klingt, das Publikum gespannt zuhört oder das Licht sich im Raum spiegelt, dann sind das ganz persönliche und schöne Augenblicke.
Was glauben Sie, kann Musik im Menschen bewirken?
Musik löst andere Emotionen aus als etwa das gesprochene Wort. Nicht umsonst hat Martin Luther in seinem bekannten Weihnachtslied "Vom Himmel hoch" geschrieben: "Davon ich singen und sagen will". Er hätte die Worte auch umkehren können. Musik hält die Menschen gesund und löst positive Emotionen aus.
Vielen Dank für das Gespräch!
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- Gespräch mit Wolfgang Spieler