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Köln: Ultra-Läufer Kim Gottwald im Interview


Ultra-Läufer Kim Gottwald im Interview
"Dann bin ich 100 Kilometer durch das Dorf gelaufen"


23.01.2025 - 13:05 UhrLesedauer: 5 Min.
Am Ziel in Bayern: Der Kölner Jura-Student Kim Gottwald ist von Sylt zum Schloss Neuschwanstein gelaufen.Vergrößern des Bildes
Am Ziel in Bayern: Der Kölner Jura-Student Kim Gottwald ist von Sylt zum Schloss Neuschwanstein gelaufen. (Quelle: Kim Gottwald)
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Kim Gottwald wurde bekannt, weil er zu allen deutschen Fußball-EM-Spielen zu Fuß lief. Der Kölner Student spricht im Interview über neue Projekte und die schlimmste KVB-Linie.

t-online: Herr Gottwald, Sie sind 100 Runden um den Aachener Weiher in Köln gelaufen. Wird einem dabei nicht schwindelig?

Kim Gottwald: (lacht) Eigentlich wollte ich erst 100 Runden laufen, wenn ich 10.000 Follower auf Instagram habe. Aber ich hatte dann irgendwie Blut geleckt und hatte einfach so Bock darauf, auch ohne die Follower. Das war das erste Video, was so richtig durch die Decke gegangen ist. Mittlerweile hat das auf Instagram fast eine Million Aufrufe. Das hat schon Spaß gemacht und ich wollte das unbedingt ausbauen.

Sie sind in Köln auch alle Stadtbahn-Linien der KVB abgelaufen: Welche Linie in Köln ist am schlimmsten, welche am besten?

Die Strecke zwischen Bonn und Köln auf der Linie 16 ist die schlimmste. Das sind um die 50 Kilometer und die zieht sich vor allem in Richtung Bonn. Am besten ist die Sieben zwischen Fechen und Zündorf. Da läuft man irgendwann über den Rhein, das ist schon sehr schön.

Wie kommen Sie auf solche Ideen?

Ich schaue, was andere so machen, manchmal kommen mir Ideen spontan in den Kopf und ich setze die dann einfach um. Ich bin beispielsweise 60 Kilometer in einem Kreisverkehr am Ludgeriplatz in Münster gelaufen. Da hatte ich sonntags die Idee und bin dann mittwochs einfach da hingefahren und habe das gemacht.

Trotzdem kommt ja nicht jeder mal eben auf die Idee, eineinhalb Marathons an einem Abend zu laufen. Waren Sie schon immer so drauf?

Ich habe schon immer Sport gemacht, früher Fußball gespielt, dann irgendwann auch Taekwondo. Während meiner Vorbereitung zum Abitur 2021 war mir dann langweilig und ich war ein bisschen am schwimmen, weil ich wegen Corona nichts machen konnte. Also habe ich angefangen, jeden Morgen zehn Kilometer zu laufen. Irgendwann habe ich dann Videos gesehen von Läufern, die so krasse Distanzen abreißen. Und dann bin ich einfach 100 Kilometer am Stück durch mein Dorf gelaufen. Eine Runde nach der anderen. Das hat mich komplett zerlegt.

Und trotzdem haben Sie weitergemacht?

Ja, ich hatte wie gesagt irgendwie Blut geleckt. Nachdem das Video vom Aachener Weiher viral gegangen ist, habe ich nach einem neuen Ziel gesucht. Dann habe ich gesehen, dass die ersten Spiele der deutschen Nationalmannschaft bei der EM 2024 in Stuttgart, München und Frankfurt stattfinden sollten. Und ich dachte mir: Das sind vier bis fünf Tage zwischen den Spielen, 50 Kilometer am Tag – das schaffe ich. Ich habe dann noch mit meinen Eltern gequatscht und die sagten nur: "Mach halt."

Die ganze Geschichte ist dann komplett durch die Decke gegangen ...

Das hatte ich so nicht erwartet. Ich wurde teilweise ins Stadion eingeladen, die Leute haben mich angefeuert. Es war Sommer. Die Stimmung im Land war super. Das waren schon die besten Wochen in meinem Leben. Und danach hat sich das alles irgendwie gefügt.

Wie haben Sie sich dann gefühlt, als Deutschland ausgeschieden ist und die Geschichte vorbei war?

Ich bin in ein Loch gefallen und war wenig am schwimmen, weil ich nicht mehr dieses eine Ziel vor Augen hatte. Dann bin ich in Berlin einen Ultra-Marathon über 161 Kilometer entlang der ehemaligen Mauer gelaufen. Und danach war wieder Flaute. Mein neues Ziel war es dann, quer durch Deutschland zu laufen, von Sylt bis zum Schloss Neuschwanstein. Das habe ich im Oktober gemacht.

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Sie sprechen immer wieder davon, dass Sie "schwimmen", wenn sie kein Ziel vor Augen haben. Ist das ein wiederkehrendes Muster bei Ihnen?

Es ist schon immer dieses "Höher, Besser, Weiter, Krass", das ja auch Teil von Social Media ist. Und natürlich möchte ich mich irgendwie davon lösen. Aber ich bin auch sehr ehrgeizig und möchte natürlich gerne irgendwas Cooles machen, was den Leuten gefällt. Das ist ja ein Ansporn an mich selbst und ich habe jetzt viele so kleine Sachen, kleine Projekte, wo ich merke, dass die sehr gut ankommen. So kleine Challenge-Videos, wie beispielsweise im Kreisverkehr laufen oder mal einen Marathon rückwärts.

Was machen Sie, wenn Sie mal nicht 60 Kilometer im Kreisverkehr laufen oder über neue Videos?

Ich möchte aber auch eigene Projekte umsetzen. Wir wollen dieses Jahr mit meiner Laufmarke Rappid einen sogenannten Backyard Ultra auf die Beine stellen. Dabei wird pro Stunde eine Runde von 6,7 Kilometern gelaufen und je nachdem, wann man die abgeschlossen hat, hat man Pause bis zur nächsten vollen Stunde. Und das macht man halt so lange, bis nur noch eine Person steht.

Gibt es schon große Projekte für 2025?

Im Juli möchte ich zu jedem EM-Spiel der Frauen-Frauen in der Schweiz laufen. Da habe ich jetzt auch schon geplant, das wird, glaube ich, auch ganz lustig. Es geht am vierten Juli los, am fünften hat meine Schwester Abiball und das kann ich mir nicht entgehen lassen. Ich fahre dann nachts zurück in die Schweiz und muss ab dem 6. Juli dann in zwei Tagen 150 Kilometer laufen. Ich möchte mich sportlich verbessern und weiterentwickeln und einfach meine Bestform erreichen.

Wieviel davon machen Sie für sich selbst? Und wie viel für Social Media?

Mir ist es relativ egal was Leute über mich denken. Wenn es interessiert, dann freue ich mich, aber ich gebe da jetzt nicht viel drauf. Natürlich so Sachen wie 60 Kilometer im Kreisverkehr oder so, das ist jetzt nichts, was ich normalerweise machen würde. Die Ultra-Marathons wie beispielsweise in Berlin mache ich für mich. Aber ich habe versucht, es zu kombinieren, und ich hatte Lust zu laufen. Ich hatte Lust, 100 Kilometer zu laufen. Wäre ich ohne Social Media um den Aachener Weiher gelaufen? Wahrscheinlich nicht. Es gibt keine Sachen, die ich ausschließlich für Social Media mache.

Die Kamera ist bei jedem Ihrer Läufe mit dabei. Welche Medien nutzen Sie selbst, wenn Sie Laufen?

Für solche Videos bin ich acht oder neun Stunden unterwegs und man sieht eineinhalb Minuten davon. Da passiert viel nebenbei. Ich habe eine feste Rotation, was Musik und sowas angeht: Ich höre Hörspiele, wenn es mir noch gut geht, dann manchmal Podcast, in die Richtung True Crime oder Motivation. Und sonst halt Musik und wenn es richtig hart wird, dann kann ich gar nichts mehr hören. Dann bin ich so gestresst, dass mich das einfach nur nervt.

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Es gibt in Deutschland gerade einen Hype ums Laufen. Viele Menschen, vor allem so zwischen 20 und 30 Jahren, fangen damit an. Können Sie sich erklären, warum das so ist?

Social Media ist schon immer der ausschlaggebende Punkt. Was Laufen attraktiv macht, ist diese Spontanität, das heißt, man muss nirgendwo hin um zu Laufen. Einfach Schuhe an und rausgehen. Was ich cool finde ist, dass nicht mehr nur die Ästhetik, das A und O, ist, sondern auch Ausdauersport seinen Platz hat. Deswegen das Laufen einfach so attraktiv geworden und das ist so ein Dominoeffekt, dann ist es cool. Und dann machen die Influencer das und was die machen, das ist dann noch mal cooler und dann steigert sich das immer hoch.

Sie sind 2022 nach Köln gezogen. Wie gut ist die Stadt für Läufer?

Es gibt Höhen und Tiefen. Wenn man am Grüngürtel ist oder am Aachener Weiher, ist man eigentlich sicher. Da kann man super durchlaufen. Lindenthal, die Känäle und auch die Gegend am Tierpark sind supergeil zum Laufen. Wenn man im Bereich der Ringe wohnt, ist das aber natürlich schon nervig, bis man da erstmal raus ist aus der Stadt.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Kim Gottwald
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