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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Geringe Einnahmen, hoher Aufwand? Domina klagt über städtische "Sexsteuer"
Betreiber von Bordellen, Stripclubs oder Sadomaso-Studios müssen in Köln Vergnügungssteuer zahlen – auch wenn kein Kunde kommt. Das ruft Ärger in der Szene und beim Bund der Steuerzahler hervor.
Lady Janine ist eine taffe Geschäftsfrau. Seit 14 Jahren betreibt sie in Ehrenfeld das Domina- und Bizarr-Studio "Das Atelier". Doch so langsam gehen ihr die Kräfte aus: "Ich kämpfe für mein Atelier. Aber ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte." Corona und ein Wasserschaden haben ihr finanziell zugesetzt, aber am meisten macht ihr die Vergnügungssteuer der Stadt Köln zu schaffen.
Betreiber von Bordellen, Swingerclubs oder eben Domina-Studios müssen in der Domstadt pro Öffnungstag und angefangenen zehn Quadratmetern Geschäftsfläche drei Euro an die Stadt abführen. "Nirgendwo bezahlen SM-Studios Vergnügungssteuer, nur in Köln", sagt die 64-Jährige: "Ob ich Umsatz habe oder nicht. Das finde ich ungerecht hoch drei."
Köln bei Vergnügungssteuer Vorreiter
Als eine der ersten Städte in Deutschland beschloss Köln 2003 die Einführung dieser Vergnügungssteuer (umgangssprachlich auch "Sexsteuer"). Die Quadratmeterpauschale ist nicht nur für die Räume zu zahlen, in denen die nach dem Prostitutionsschutzgesetz tätigen Personen arbeiten. Sie gilt für fast alle Bereiche, in denen sich Kunden aufhalten. Dazu gehören auch Flure, Treppenhäuser und Wartebereiche, bestätigte die Stadt Köln.
Zwar sind einige Städte dem Kölner Beispiel gefolgt. Rheinabwärts, in Düsseldorf, bezieht sich die Vergnügungssteuer jedoch nicht auf sexuelle Vergnügungsstätten, erklärt ein Sprecher der Stadt. Lady Janine findet das ungerecht und macht die Kölner Stadtverwaltung dafür verantwortlich, dass bereits andere Domina-Studios hätten schließen müssen.
Dass die "Sexsteuer" rechtens ist, hat das Verwaltungsgericht Köln bereits 2007 festgestellt und damit vier Klagen abgewiesen. Das Kölner Modell verstoße weder gegen Europarecht noch gegen das Grundgesetz oder Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen, stellte das Gericht klar.
Steuerzahlerbund spricht von "Bagatellsteuer"
Eine Sprecherin der Stadt Köln erklärt auf Anfrage von t-online, dass man sich 2003 "aus Gründen der allgemeinen Steuergerechtigkeit" für die Einführung der Steuer entschieden habe. Im vergangenen Jahr habe Köln rund 900.000 Euro durch die Steuer eingenommen. In diesem Jahr rechne die Stadt mit einer leichten Steigerung.
Sabine Büttner, Leiterin Steuern und Soziales beim Bund der Steuerzahler NRW, hat kein Verständnis für die Argumente der Stadt: "Bei der Vergnügungssteuer für Einrichtungen sexueller Art in Köln handelt es sich um eine Bagatellsteuer." Insgesamt habe die Stadt Köln Steuereinnahmen in Höhe von 2,84 Milliarden Euro, sodass die "Sexsteuer" nur einen Bruchteil der Einnahmen ausmache. Außerdem würde die Steuererhebung Kontrollen nach sich ziehen, was sie wiederum unwirtschaftlich mache. Der Bund der Steuerzahler NRW lehnt daher die Steuer ab.
Lady Janine würde sich über eine Abschaffung freuen. Sie hat schon Flächen reduziert und Räume für den Kundenverkehr gesperrt, um Steuern zu sparen.
- Interview mit Domina Lady Janine
- Anfrage an die Stadt Köln
- Anfrage an die Stadt Düsseldorf
- Anfrage an den Bund der Steuerzahler NRW
- Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln vom 11. Juli 2007