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Köln: Schwuler Pfarrer bekommt Morddrohungen wegen queerer Gottesdienste


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Queere Szene in Köln
Schwuler Pfarrer erhält Morddrohungen: "Leider leben wir nicht sicher"


Aktualisiert am 27.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Tim Lahr ist Pfarrer in Köln: Der evangelische Theologe ist im Netz viel Hass ausgesetzt.Vergrößern des Bildes
Tim Lahr ist Pfarrer in Köln: Der evangelische Theologe ist im Netz viel Hass ausgesetzt. (Quelle: Nadine Heller-Menzel)

Der evangelische Pfarrer Tim Lahr gibt queere Gottesdienste in Köln und zeigt sich auf Instagram. Die Resonanz ist groß, der Hass aber auch.

Tim Lahr ist evangelischer Pfarrer, und er ist schwul. Ein scheinbarer Gegensatz, den der 33-Jährige aufzulösen versucht. In queeren Gottesdiensten in Köln, in denen auch schon mal eine Dragqueen singt. Zusätzlich betreibt er noch den Instagram-Kanal "Amen, aber sexy" und versucht so, die Kirche für die LGBTQ-Community zu öffnen.

Tanzvideo ging viral

Angefangen hatte alles während der Corona-Pandemie. "Als ich meine Ausbildung fertig hatte, war der erste Tag des Lockdowns", wie er t-online erzählte und weiter ausführte: "Ich kannte niemanden in der Gemeinde, in die ich gekommen bin. Das war dann auch schwer, dort Menschen zu erreichen." Da Präsenzgottesdienste nicht stattfinden konnten, wollte die Kirche wie vielerorts schlicht die Messe abfilmen und online stellen.

Dem jungen Pfarrer war diese Art der Übertragung aber sehr unangenehm: "Ich dachte mir nur 'Oh Gott, wenn meine Freunde das sehen.'" Denn schließlich kannten sie ihn eher offen als altbacken. Also filmte sich Lahr in der leeren Kirche beim Tanzen. "Ich dachte mir, ich mache einfach eigene Formate, in dem Stil, wie ich es bei dem einen oder anderen Influencer gesehen habe. Nur halt mit dem Thema Kirche und Queersein." Damit traf er einen Nerv, denn das Video ging viral.

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Vorbild für queere Jugendliche

"Ich hatte gar nicht damit gerechnet, als queere Person in der Kirche mal Vorbild zu sein. Ich glaube, ich habe einfach eine Lücke gefunden und diese besetzt", so Lahr. In seiner Jugend habe er keine queeren Vorbilder gehabt: "Ich hatte wenig Vorbilder. Das war aber nicht nur in der Kirche so, sondern generell. Ich hatte als einziges queeres Vorbild damals Freddie Mercury, aber auch nur, weil meine Eltern gerne Queen gehört haben."

Neben der medialen Vernetzung setzte der junge Pfarrer sein Engagement auch in seiner Gemeinde fort und organisierte einen queeren Gottesdienst während des Christopher Street Days. Dieser kam gut an. Doch er fragte sich, warum diese Art der Gottesdienste nur dann stattfanden, wenn queere Menschen sowieso schon beachtet wurden. Denn queer sei man nicht nur an einem Tag im Jahr, so Lahr.

Große Feiertage für "queere Menschen häufig schwierig"

Schließlich fing er an, auch an den hohen Feiertagen queere Gottesdienste anzubieten. Denn: "Ich habe gemerkt, dass die großen Feiertage für queere Menschen häufig schwierig sind, weil man dann zu seiner Familie muss." Auch das war wieder ein großer Erfolg. Nachdem er eine Dragqueen auf der Weihnachtsmesse hatte singen lassen, waren die Besucher begeistert: "Mir wurde gesagt, das sei die schönste Weihnachtsmesse gewesen, die sie je besucht hatten".

Allerdings bestehe ein queerer Gottesdienst nicht ausschließlich aus Dragqueens. Im Vordergrund würden vor allen Dingen queere Menschen selbst stehen, da diese den Gottesdienst mit vorbereiten und abhalten würden.

Outing mit 19 Jahren

Dabei war Lahr nicht immer so im Reinen mit seiner sexuellen Orientierung. Das hatte aber weniger mit der Kirche als mit der Schule zu tun. Er outete sich mit 19, als er seinen Abschluss in der Tasche hatte. "Wenn man schwul war, wurde man gemobbt, deswegen wollte ich mich nicht in der Schule outen", erzählt er.

Auch jetzt bieten vor allen Dingen seine Videos auf Instagram immer wieder Angriffsflächen. Er habe schon Morddrohungen erhalten oder Aufrufe zum Selbstmord. "Leider leben wir nicht sicher, wenn wir uns als queere Personen in der Öffentlichkeit zeigen", ist Lahrs traurige Bilanz. Auch gebe es immer wieder homofeindliche Äußerungen in der Kommentarspalte unter seinen Videos. "Ich bin froh, dass ich damit nicht vor zehn Jahren konfrontiert wurde. Jetzt kann ich damit umgehen", vertraut er t-online an.

Die Kommentare lässt er aber in den meisten Fällen stehen. Denn sie würden andere dazu anregen, dem Hass etwas entgegenzusetzen. Denn eines sei ihm besonders wichtig: Die Freude an seinem Beruf und die Teilhabe am Leben seiner Gemeinde.

Als queer bezeichnen sich nicht-heterosexuelle Menschen beziehungsweise Menschen, die sich nicht mit dem traditionellen Rollenbild von Mann und Frau oder anderen gesellschaftlichen Normen rund um Geschlecht und Sexualität identifizieren.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Gespräch mit Pfarrer Tim Lahr
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