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Eskalation in Lützerath: Um 15.15 Uhr flog der erste Stein


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So eskalierte die Demonstration in Lützerath
Um 15.15 Uhr flog der erste Stein


Aktualisiert am 16.01.2023Lesedauer: 3 Min.
Demonstranten stehen der Polizei in Lützerath gegenüber: Am Samstag stießen in Lützerath erneut Polizisten und Demonstranten zusammen.Vergrößern des Bildes
Demonstranten stehen der Polizei in Lützerath gegenüber: Am Samstag stießen in Lützerath Polizisten und Demonstranten zusammen. (Quelle: Federico Gambarini/dpa)
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Tausende Demonstranten kamen zum Protest gegen die Räumung von Lützerath zusammen. Teilweise kam es zu Ausschreitungen. t-online war vor Ort.

Der über dem Tagebau kreisende Polizeihubschrauber kündigt schon am Morgen an, was der Tag bereithalten wird. Rund 50.000 Demonstranten sollten nach Angaben der Organisatoren am Samstag zur Demonstration "Alle Dörfer bleiben!" nach Lützerath kommen, laut Polizei wurden es rund 9.000 Teilnehmende.

Der Großteil davon verhielt sich friedlich. Ein Sprecher der Polizeigewerkschaft sprach am Mittag allerdings auch von "vermummtem Störklientel", das sich unter den Teilnehmern der Demonstration befand. Mit dieser Einschätzung sollte er Recht behalten.

Während sich der Demozug im strömenden Regen von der Ortschaft Keyenberg in Richtung des Kohledorfes bewegte, blieb es aber weitgehend ruhig. Am Straßenrand verteilten Menschen warme Suppe und Getränke an die Demonstranten. Eine Polizistin musste von Rettungskräften versorgt werden.

Sie hatte sich selbst Pfefferspray in die Augen gesprüht, beim Versuch das bereits benannte "Störklientel" in die Spur zu bringen. Rund 40 Minuten lang zog der Zug von einem Dorf in das nächste, am eigentlichen Versammlungsort in Nähe des Tagebaus verteilten sich die Demonstranten vor einer Bühne. Auf ihr sollten unter anderem Greta Thunberg sowie Vertreter von Umwelt- und Naturschutzverbänden wie BUND, Campact und Greenpeace Reden halten.

Anwohner: "Wir kämpfen seit 30 Jahren"

Thunberg, die extra für die Demonstration nach Deutschland gekommen ist, beschwor auf der Bühne den Zusammenhalt der Klimabewegung und zählte die Erfolge auf, die man sich schon auf die Fahne schreiben könne. "Und dennoch", sagte sie, "müssen wir weiterkämpfen, die Kohle muss im Boden bleiben!" Die Redebeiträge ähnelten sich im Tenor stark, die Stimmung wurde immer wieder mit Parolen wie "Stürmt Lützerath!" angeheizt, dann folgte der Verweis auf gewaltlosen Protest.

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Ein weiterer Hinweis lautete: Nur im Bereich vor der Bühne gelte das Versammlungsrecht, außerhalb des Bereichs sei jeder "auf sich allein gestellt."

Während der Beiträge brachen die Teilnehmenden in laute Zustimmungsrufe und tosenden Applaus aus. Emotional wurde es, als Jens Sannig, Anwohner, Superintendent des Kirchenkreises Jülich und Mitglied der Klima-Allianz Deutschland, das Wort ergriff: "Seit über 30 Jahren kämpfen wir gegen die Umsiedlung. Uns bedeutet es so viel, dass ihr alle heute hier seid." Man habe gedacht, man sei bereits weiter, so Sannig. Die Kohle, so seien sich alle Anwohner sicher, sei von niemandem gewollt, außer von RWE.

Nachmittags fliegen die ersten Steine

Dass die Kohle ihrer Meinung nach eigentlich gar nicht abgebaggert werden müsste, das machten die Teilnehmer im Laufe der Demonstration mehrmals deutlich. Immer wieder kam das Gespräch auf bestehende Studien, die darauf hinweisen, dass der Braunkohleabbau im Tagebau Garzweiler energiepolitisch gar nicht notwendig sei. Mehr zur aktuellen Studienlage lesen Sie hier.

Während ein großer Teil der Demonstrierenden vor der Bühne dem Programm folgte, machte sich ein anderer Teil auf den Weg zum Tagebau selbst. Polizistinnen und Polizisten versperrten den Weg. Sie bildeten eine Kette, um die Menschen von Lützerath fernzuhalten. Dort hatte der Abriss bereits am Mittwoch begonnen. Vereinzelt explodierten Feuerwerkskörper. Aktivisten riefen Parolen wie "Bullenschweine raus aus dem Weiler" und beschimpften die Einsatzkräfte als "Schlägertrupp von RWE."

Nach und nach drängten die Demonstrationsteilnehmer die Polizei zurück. Die erste Kette aus Beamten wurde fast ohne Gegenwehr überwunden. Je später es wurde, desto aggressiver wurde der Ton. Gegen 15.15 Uhr flog der erste Stein, Polizistinnen und Polizisten wurden zudem mit Matsch beworfen.

Sie brachen aus ihrer Formation aus, um die Störenfriede dingfest zu machen. Mehrere kleinere Handgreiflichkeiten folgten, immer mehr Menschen versuchten die Polizeikette zu durchdringen und nach Lützerath zu gelangen.

Lange Zeit fuhren die Wasserwerfer im Rücken der Polizei nur auf und ab. Gegen 16 Uhr kam es dann zum ersten Einsatz. Das Wasser aus den Rohren landete aufgrund des starken Windes aber eher auf den eigenen Beamten statt auf den Demonstranten.

Klima ist nicht mehr das einzige Thema

"Manche Bullen treten auch ins Gesicht, andere sind nett", sagte ein Aktivist in der ersten Reihe. "Das sind nicht alles Bastarde, aber bestimmt die Hälfte." Auch gegen die Grünen feuerten die Aktivisten. Diese müssten sich "hier gar nicht blicken lassen", hätten die Bewegung verraten, so die Demonstranten, während sie durch den Schlamm wateten, der so tief war, dass die Stiefel darin versanken.

Sätze wie diese zeigen: Es dreht sich hier nicht nur um den Klimaschutz. Die Abneigung gegenüber dem Staat und dessen ausführenden Organen wird klar zur Sprache gebracht. Manche Aktivisten schrecken zum Übermitteln ihrer Botschaft auch nicht vor Gewalt zurück.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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