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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Demo gegen "Kalte Entmietung" Alleinerziehende kämpft um ihre Wohnung
Pamela Kagelmacher fühlt sich von ihrem Vermieter aus ihrer Wohnung geekelt. Nachbarn und Unterstützer veranstalteten vor ihrem Haus eine Demo.
In der engen Straße "Am Ferkulum" in der Kölner Südstadt stehen die Menschen dicht gedrängt auf den Bürgersteigen. "Ich habe eine solche Wut im Bauch!", schimpft Bezirksbürgermeister Andreas Kupke (Grüne). Pamela Kagelmacher steht mit ihrem zehnjährigen Sohn Luca und dem zweijährigen Chihuahua Brutus vor ihrem Hauseingang. Es geht um sie, um ihre Wohnung.
Die liegt im ersten Stock eines Hauses, das ansonsten komplett leer steht. 2018 hat sie die Wohnung angemietet. 48 Quadratmeter für 730 Euro warm. "Dann ist der Vermieter gestorben, das Haus wurde verkauft", erinnert sich die alleinerziehende Reinigungskraft: "Damit fingen die Probleme an." Zum vergangenen Jahreswechsel waren zunächst Heizung und Warmwasser ausgefallen. Im Kinderzimmer von Luca und im Bad bildete sich Schimmel. Der neue Eigentümer sagte Reparaturen zu.
Zwischen Baustaub und Schutt
Stattdessen sei die gesamte Installation aus dem Badezimmer gerissen worden, erinnert sich Pamela Kagelmacher. Das war im März 2022. Seitdem ist ihre Wohnung unbewohnbar. An diesem Donnerstag vor Weihnachten zeigt sie Journalisten die heruntergekommenen Räume.
Im Hausflur fällt schon ein Loch auf, durch das man ins Badezimmer schauen kann. "Vorsicht, Sie machen sich ja alle schmutzig", sagt die Mieterin. Baustaub ist an allen Wänden, Schutt liegt auf dem Boden. Kurze Blicke genügen, um festzustellen, dass hier niemand wohnen kann.
"Wir mussten eine Zeit lang zusammen im Wohnzimmer schlafen", erzählt Pamela Kagelmacher. "Mein Sohn hat wohl vom Schimmel eine Allergie bekommen." Im Raum, der bisher das Kinderzimmer war, zeugen dunkle Flecken an der Wand von dem Befall, außerdem ist ein großes Loch in der Decke.
"Wir fühlen uns im Stich gelassen"
"Wir sind verzweifelt und fühlen uns im Stich gelassen", meint die Mieterin. Das Jugendamt der Stadt Köln habe eine Ersatzwohnung zur Verfügung gestellt. Da dürfe sie aber nicht unendlich bleiben. "Die haben mir gesagt, wir müssen ins Obdachlosenheim, wenn der Vermieter die Wohnung nicht wiederherstellt", berichtet sie mit belegter Stimme.
Der Vermieter wollte sich auf eine erste Anfrage nicht äußern. Dafür machten Nachbarn und Prominente mit einer Demonstration am Donnerstagnachmittag Druck. "Ich fühle mich zurückversetzt in die Zeiten der übelsten Spekulanten", schimpft Bezirksbürgermeister Andreas Hupke.
Er habe vor Jahrzehnten Häuser in der Südstadt mit besetzt, weil Mieter rausgeekelt werden sollten: "Die Häuser unbewohnbar zu machen, nannte man kaltes Entmieten. Dass ich das jetzt noch einmal erleben muss, macht mich unfassbar traurig und wütend."
"Unanständig und barbarisch"
Hans Mörtter, früherer evangelischer Südstadt-Pfarrer, bezeichnete das Verhalten von Kagelmachers Vermieter als "unanständig, barbarisch und menschenverachtend". Die Politik sei nun gefordert, eine offensivere Wohnungspolitik zu machen und solche Verhaltensweisen zu stoppen. "Mir geht das hier alles sehr nahe", meint Mieter-Aktivist Kalle Gerigk und sagt: "Solchen Leuten geht es nur darum, Kohle zu machen. Dabei ist Wohnen ein Menschenrecht."
Pamela Kagelmacher hofft, dass die Demonstration vor ihrer Haustür nun etwas bewegt. Die Alleinerziehende möchte raus aus ihrer Notwohnung und wieder zurück in die von ihr so geliebte Kölner Südstadt ziehen. Dafür aber müsste ihr Vermieter die Wohnung endlich sanieren.
- Reporter vor Ort
- Anfrage an den Eigentümer