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Leverkusen: Clan-Familie lebte in Luxusvilla – Jobcenter zahlte fast 500.000 Euro


Prozess um Sozialbetrug
Clan-Familie lebte in Luxusvilla – Jobcenter zahlte fast 500.000 Euro

Von dpa
Aktualisiert am 05.07.2022Lesedauer: 3 Min.
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Agentur für Arbeit (Symbolfoto): Das Leverkusener Jobcenter hat mutmaßlich knapp eine halbe Million Euro Sozialhilfe zu Unrecht ausgezahlt. (Quelle: IMAGO/Fotostand / K. Schmitt)
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Obwohl Angehörige des Al-Zein-Clans in einem millionenschweren Leverkusener Anwesen wohnten, bezogen sie Sozialleistungen. Wurde es den Angeklagten zu leicht gemacht?

Im Prozess gegen Angehörige des Al-Zein-Clans ist deutlich geworden, wie leicht die Großfamilie an Geld vom Jobcenter gekommen ist – immerhin fast eine halbe Million Euro. Kaum ausgefüllte Formulare, unvollständige Adressen und abweichende Unterschriften verursachten bei der Behörde keine Zweifel.

"Die Familie war komplett unauffällig. Vor den Hinweisen der Polizei hatten wir keinen Grund, von Leistungsbetrug auszugehen", sagte der Teamleiter für Rückforderungen des Jobcenters Leverkusen am Dienstag als Zeuge am Düsseldorfer Landgericht.

Die Großfamilie soll bis 2021 Sozialleistungen in Höhe von 456.000 Euro bezogen haben, obwohl sie in Leverkusen in einem Anwesen mit Millionenwert residierte und über erhebliches Vermögen verfügte. Die Polizei hatte das Anwesen vor einem Jahr gestürmt und durchsucht, scharfe Schusswaffen gefunden und sechsstellige Summen Bargeld und Luxusuhren beschlagnahmt. Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen.

Leverkusen: Jobcenter-Teamleiter verteidigt Vorgehen

Der Jobcenter-Teamleiter sagte am Dienstag, unterschiedliche Handschriften in einem Formular seien kein Grund zum Zweifel, oft würden etwa Caritas-Mitarbeiter beim Ausfüllen helfen. "Entscheidend ist für uns, dass der Antrag vom Antragsteller unterschrieben ist. Wer ihn ausgefüllt hat, ist uns gleich", sagte er.

Nach Hinweisen von Verteidigern, dass sich auch die Unterschriften im Fall einer Antragstellerin überhaupt nicht ähnelten, sagte der Zeuge: "Wir prüfen nicht, ob sich die Unterschrift geändert hat." Auf Nachhaken der Anwälte, dass so ja völlig unklar sei, ob die Angeklagte oder jemand anders den Antrag auf Sozialhilfe gestellt hat, sagte der Jobcenter-Mitarbeiter: "Selbst wenn sie den Antrag nicht gestellt hätte: Der Leistungsbezug war ihr bekannt, sie hat ja Leistungen bekommen."

Wenn ein bereits bekannter Antragsteller sämtliche Fragen zu Einkommen und Vermögen unbeantwortet ließ, sei die Behörde davon ausgegangen, dass er dann über kein Einkommen und Vermögen verfügte.

Zeuge: Formulare werden niedrigschwellig ausgelegt

"Wir sind eine Sozialbehörde. Die Leute, die zu uns kommen, haben oft Probleme mit dem Ausfüllen von Formularen. Wir legen vieles niedrigschwellig zugunsten des Antragstellers aus. Da steht die Sicherung des Lebensunterhaltes für Bedürftige im Vordergrund." So habe auch keine Rolle gespielt, dass der aus Beirut stammende Hauptangeklagte angegeben hatte, Spätaussiedler zu sein.

Dass die Behörde bei Umzügen der Bedarfsgemeinschaften im gleichen Haus nicht stutzig wurde, sei ebenfalls nicht zu beanstanden. "Das Objekt ist uns in der Regel nicht bekannt. Ein Umzug im gleichen Haus ist erst mal nicht ungewöhnlich." In Hochhäusern komme dies oft vor. "Nur die Richtwerte müssen eingehalten werden", sagte der Jurist des Jobcenters. Ob der Behörde bekannt war, in welchem Anwesen die Familie residierte, blieb unklar. Es war auf Formularen auch keine Hausnummer angegeben.

Er sei bei der Durchsuchung des Hauses durch die Polizei dabei gewesen, sagte der Zeuge. Dabei habe er dann selbst gesehen, dass es keine abgetrennten Wohnungen gab, wie sie in den Mietverträgen angegeben gewesen seien. Er habe auch gesehen, wie die Polizei sehr viel Bargeld in Schubladen entdeckt und begonnen habe, es mit einer Geldzählmaschine zu zählen. Auch Rolex-Uhren und Kleidung von Luxusmarken seien dort gefunden worden.

Jobcenter will sämtliche Leistungen seit 2015 zurückfordern

Im Nachgang habe das Jobcenter alle Angeklagten angeschrieben und um Aufklärung gebeten: "Wir haben allerdings keinerlei Reaktion erhalten." Bis heute seien noch keine Rückforderungsbescheide gegen die Familienmitglieder ergangen, erklärte der Zeuge. Man befinde sich noch im Anhörungsverfahren. Das Jobcenter wolle aber sämtliche Leistungen seit Mai 2015 zurückfordern.

Bei den Verteidigern löst die Aussage Verwunderung aus: "Wenn ich mich beim Finanzamt zu meinem Einkommen nicht äußere, geht es nicht davon aus, dass ich keins habe", sagte ein Anwalt am Rande der Verhandlung.

Sieben Angehörige der Großfamilie Al-Zein müssen sich in Düsseldorf derzeit als Angeklagte vor dem Landgericht verantworten. Ihnen werden in wechselnder Beteiligung Geiselnahme, Sozialbetrug, Steuerhinterziehung, schwere Körperverletzung, Geldwäsche, Erpressung und Zwangsarbeit vorgeworfen. Es drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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