Saarbrücken Erdrutschartiger Sieg für SPD bei Landtagswahl im Saarland
Bei der Landtagswahl im Saarland hat die SPD mit Spitzenkandidatin Anke Rehlinger die CDU um Ministerpräsident Tobias Hans klar als stärkste Kraft abgelöst. Demnach können die Sozialdemokraten mit etwa 43 bis 44 Prozent der Stimmen rechnen. Im Vergleich zur Wahl 2017 (29,6 Prozent) bedeutet dies ein Plus von etwa 13 bis 14 Punkten. Die CDU sackt hingegen auf 27,5 Prozent ab (2017: 40,7 Prozent), wie aus ersten Prognosen hervorgeht. Laut Prognosen lag die Wahlbeteiligung niedriger als vor fünf Jahren.
Für die kleineren Parteien ergab sich in den Prognosen folgendes Bild: AfD 5,5 Prozent (6,2), Grüne 5,5 bis 6,0 Prozent (4,0) und FDP etwa 4,8 bis 5,0 Prozent (3,3). Die Linke wäre nach 12,8 Prozent vor fünf Jahren mit nur noch 2,5 bis 2,7 Prozent nicht mehr im Landtag. Die Partei hatte sich an der Saar schwere Querelen geleistet - bis hin zum Austritt ihres Ex-Bundesvorsitzenden Oskar Lafontaine, der früher auch einmal sozialdemokratischer Ministerpräsident war.
Aufgrund der ersten Zahlen wäre im Saarland eine Koalition unter Führung der SPD sowohl mit CDU als auch Grünen mehrheitsfähig. Reichen könnte es auch für eine sozialliberale Regierung oder eine Ampel-Koalition wie in Berlin, wenn es die FDP und die Grünen in den Landtag schaffen. Andererseits wäre selbst eine absolute Mehrheit für die SPD nicht ausgeschlossen, sollten mehrere kleinere Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern.
Damit zeichnet sich ein Machtwechsel an der Saar ab. Rehlinger könnte die erste SPD-Ministerpräsidentin in der Geschichte des kleinsten deutschen Flächenlandes werden. Die CDU muss dagegen das schlechteste Ergebnis seit 1955 einstecken.
Rehlinger bezeichnete den Wahlsieg ihrer Partei als "Ergebnis harter Arbeit in den letzten Jahren". "Nach 23 Jahren sind wir wieder stärkste Kraft als Sozialdemokratie an der Saar", sagte sie. Die Partei habe sich in den verschiedensten Gremien und Organisationen Glaubwürdigkeit erarbeitet und das Vertrauen der Bürger zurückgewonnen.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte, Rehlinger habe Herzen und Köpfe erreicht. "Das gibt uns wahnsinnigen Rückenwind", sagte Kühnert mit Blick auf die übrigen in diesem Jahr anstehenden Landtagswahlen.
SPD-Landesgeschäftsführer Christian Petry bezeichnete das Abschneiden seiner Partei bei der Landtagswahl als "fantastisch". Rehlinger habe die Menschen erreicht. Die SPD sei jetzt offen für Gespräche über Koalitionen, sofern das überhaupt nötig sei. Dies gelte auch für eine mögliche große Koalition unter Führung der CDU. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer solchen Koalition mit der CDU an der Spitze komme, sei aber "eher geringer geworden", sagte Petry. In der künftigen Regierung müsse die Handschrift der SPD deutlich zu erkennen sein.
SPD-Fraktionschef Ulrich Commerçon bezeichnete den Sieg seiner Partei als "hervorragendes Ergebnis". Bedeutender sei jedoch, dass die Wahl zeige, dass Deutschland ein Land sei, "in dem die Demokratie herrscht". Das sei angesichts der weltpolitischen Lage das Wichtigste.
Die CDU stellte in Saarbrücken seit fast 23 Jahren ohne Unterbrechung die Regierungschefin oder den Regierungschef. Hans war allerdings zum ersten Mal Spitzenkandidat seiner Partei. Der heute 44-Jährige hatte den Posten 2018 von Annegret Kramp-Karrenbauer übernommen, die damals aus dem Saarland in die Bundespolitik wechselte. Im Wahlkampf ließ Hans offen, ob er bei einer CDU-Niederlage auch als Vize unter Rehlinger ins Kabinett gehen würde. In allen Umfragen hatte er viel schlechtere Beliebtheitswerte als Rehlinger.