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Vom GZSZ-Star zum verurteilten Corona-Leugner – der Absturz des Mustafa Alin


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Schauspieler verurteilt
Der Absturz des Ex-GZSZ-Stars Mustafa Alin

Von Leon Enrique Montero

28.10.2021Lesedauer: 4 Min.
Mustafa Alin posiert für ein Foto (Archivbild): Der Schauspieler wurde mit der Serie "GZSZ" bekannt.Vergrößern des Bildes
Mustafa Alin posiert für ein Foto (Archivbild): Der Schauspieler wurde mit der Serie "GZSZ" bekannt. (Quelle: APP-Photo/imago-images-bilder)

Vom TV-Star zum Netz-Schwurbler: Über Monate driftete der Ex-GZSZ-Star Mustafa Alin immer tiefer in die Szene der Corona-Leugner ab. Vor Gericht wurde er nun verurteilt. Was war passiert?

Es begann mit ein paar scheinbar harmlosen Facebook-Posts im Frühjahr 2020. "Suche seit Tagen den Virus aber finde ihn nicht", schrieb der heute 44-jährige Mustafa Alin seinen Fans. Er teilte Beiträge über die "Neue Weltordnung", einen vermeintlichen Finanzkollaps und 5G-Strahlung. Heute, knapp anderthalb Jahre später, musste sich der ehemalige "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"-Schauspieler vor Gericht verantworten.

Die Vorwürfe: Beleidigung, Bedrohung, Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz. Nach einer Zollkontrolle seines Wunstorfer Dönerladens im August 2020 soll er die Beamten im Nachgang auf Instagram beleidigt haben. Im November soll er eine Baumarkt-Mitarbeiterin ohne ihr Einverständnis gefilmt und das Ganze veröffentlicht haben, nachdem diese ihn auf die Maskenpflicht hinwies.

Im Verlauf des Zwischenfalls habe Alin dem Marktleiter mit den Worten "Komm doch raus, ich stech dich ab" gedroht. Es war der Auftakt einer Reihe von Verfahren gegen ihn im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie.

Prozess in Hannover: Nicht mehr viel übrig von guten Promi-Zeiten

Manch einem könnte der Schauspieler schon vor seiner Zeit als Verschwörungssuchender bekannt gewesen sein – aus der Serie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Sechs Jahre lang spielte er in der TV-Show die Rolle des Mesut Yildiz. Von den Zeiten als deutscher TV-Promi ist bei seinem Prozess vorm Amtsgericht Hannover nun nicht mehr viel übrig geblieben.

Die Tage vor der Verhandlung verbrachte er in Haft, nachdem er zum ursprünglichen Gerichtstermin am 23. September nicht erschienen war. In Handschellen wurde Alin nun vorgeführt. Es war nicht sein erstes Mal vor Gericht. Der 44-Jährige hat schon zahlreiche Vorstrafen vorzuweisen, etwa wegen Beleidigung und Körperverletzung.

Der Ex-GZSZ-Star ist Teil einer ganzen Riege Prominenter, die während der Corona-Pandemie immer tiefer in krude Verschwörungssagen abdrifteten. Und wie bei vielen Anhängern üblich, dokumentierte auch er seinen Abstieg in die Welt der Querdenker und Verschwörungstheorien über Monate auf seinen eigenen Social-Media-Kanälen.

Seine Inhalte auf Social Media: Antidemokratisch und volksverhetzend

Ging es Anfangs noch um die Maskenpflicht und Unmut über die Maßnahmen, wichen die Beiträge mit der Zeit immer mehr antidemokratischen und volksverhetzenden Inhalten. Im Oktober schrieb er auf Facebook: "Zensur Verfolgung Bald kommt der Judenstern." Er teilte häufiger Beiträge zur "Neuen Weltordnung", einer antisemitischen Verschwörung, oder zum "Great Reset".

Auf seinem mittlerweile gesperrten Instagram-Account postete der Schauspieler im März eine Seite aus der NSDAP-Zeitung "Völkischer Beobachter". In einem anderen Beitrag meinte der Schauspieler, Merkel plane "die Vermischung der Rassen durch Massenzuwanderung" und die "Sterilisierung der Deutschen durch Genverändernde Giftspritzen".

Die Sorge vor der vermeintlichen Ausrottung des deutschen Volkes zeigte sich auch bei einer Rede auf einer Corona-Kundgebung im Februar 2021 in Hannover: "Sie wollen die Deutschen schon immer sterilisieren. Und es wird Zeit, dass ihr endlich aufsteht, dass der Deutsche seine Würde zurückkriegt." Im Verlauf der Kundgebung wurde er wegen Verstößen gegen die Maskenpflicht von der Polizei mitgenommen.

Sein Verteidiger vor Gericht ist kein Unbekannter: Er verteidigte auch den Mörder von Walter Lübcke

In einem im November veröffentlichten Video ging der Schauspieler noch einen Schritt weiter, um die in seinen Augen stattfindende Pandemie-Lüge aufzudecken. Es zeigt Alin mit vorgetäuschten Beschwerden durch die Gänge einer Langenhagener Klinik irren, auf der Suche nach der Corona-Station. Der Clip brachte ihm nicht nur Aufmerksamkeit aus der Verschwörungs-Szene, sondern auch eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft wegen eines Verstoßes gegen die Vertraulichkeit des Wortes.

Gegenstand der Verhandlung am Donnerstag war dieses Video aber nicht. Schon kurz nach Prozessbeginn kam es zu Gesprächen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Sein Verteidiger ist kein Unbekannter.

Mit 90.000 Followern auf Facebook übersteigt Rechtsanwalt Frank Hannig die Reichweite seines Mandanten. Der Jurist aus Dresden war bei der Gründungsversammlung des "Pegida Fördervereins e.V." Wortführer. Eine inhaltliche oder personelle Nähe zu der Bewegung bestehe nicht, wie er auf Anfrage mitteilte. Der Anwalt hatte unter anderem den Lübcke-Mörder Stephan E. vertreten. Seine Bekanntheit in neurechten Kreisen ist schwer von der Hand zu weisen.

Vorwürfe eingeräumt, keine Entschuldigung beim Geschädigten

Nach der Zusammenkunft räumte Alin die Vorwürfe in allen Punkten ein. Dafür wurde von einer Haftstrafe abgesehen. Aus juristischer Sicht sei nicht klar gewesen, ob eine nachträgliche Beleidigung der Zollbeamten auf Instagram als solche zu werten sei. Das noch nicht rechtskräftige Urteil: Eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 60 Euro, insgesamt 10.800 Euro also. "Ich akzeptiere das Urteil", so der Schauspieler vor Gericht. Bei einem anwesenden Geschädigten wollte er sich nicht entschuldigen.

Mustafa Alin sei jemand, der "zu seiner Meinung und zu seinen Überzeugungen ebenso steht wie zu seinen Handlungen", sagte Rechtsanwalt Hannig. "Alin hat keine Veranlassung, irgendwas zurückzunehmen, und deswegen hat er sich auch nicht entschuldigt." Der Haftbefehl gegen den Schauspieler wurde aufgehoben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wie es nun für den Schauspieler weitergeht, ist erst mal unklar. Seinen Imbiss in Wunstorf hat er im Frühjahr verkauft. Wie die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" berichtete, blieben die Kunden auch wegen seiner Videos zur Corona-Pandemie aus.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • "Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Manhattan Burger übernimmt Imbiss von Corona-Leugner und Ex-'GZSZ' Schauspieler Mustafa Alin"
  • "Hannoversche Allgemeine Zeitung": "Neuer Anwalt von Stephan E. kommt aus dem Pegida-Umfeld"
  • Facebook-Seite von Mustafa Alin
  • "Correctiv.org": "Von der Stasi zu Pegida"
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