"Man hat es ihnen einfach gemacht" Darum benutzte Hannovers 60-Millionen-Bande die Post
Über ein ausgeklügeltes System soll eine Bande an 60 Millionen Euro in bar gekommen sein. Dass die Betrüger von Post-Partneragenturen aus arbeiteten, war wohl kein Zufall.
Vier Post-Partneragenturen in Hannover waren bisherigen Ermittlungen zufolge der Dreh- und Angelpunkt eines groß angelegten Betrugsgeschäfts. Hier eröffneten Strohleute "Massen an Konten", auf die dann Geld aus kriminellen Machenschaften geflossen sein soll, wie Staatsanwalt Oliver Eisenhauer t-online sagte.
Insgesamt 60 Millionen Euro sollen sich die 15 mutmaßlichen Mitglieder einer Bande ausgezahlt haben. Von Mitte 2021 bis zum Ende der Betrügereien hoben sie demnach jeden einzelnen Tag im Schnitt mehr als 20.000 Euro ab – in jeder der Partnerfilialen.
Ermittler über Hannover-Bande: "Raffiniert, aber..."
Dass diese mutmaßliche Geldwäsche im ganz großen Stil in unscheinbaren Postagenturen stattfand, scheint einen Grund zu haben: "Die Betrüger waren zwar raffiniert", sagt Staatsanwalt Eisenhauer. "Aber man hat es ihnen auch einfach gemacht."
Denn: In Deutschland gibt es praktisch an jeder zweiten Ecke ein Geschäft, das Dienste der Post anbietet. Die sogenannten Partneragenturen befinden sich in Kiosken, in Schreibwarenläden oder in Lebensmittelgeschäften. Der Statistikdienst Statista zählte zuletzt insgesamt 12.700 Postannahmestellen in Deutschland – in mehr als 90 Prozent davon arbeitete kein Personal der Deutschen Post.
1.800 dieser Shops bieten zudem Finanzdienstleistungen der Postbank an. Das heißt: Hier können Kunden in einem kaum zu kontrollierenden Umfeld Konten eröffnen.
Postbank weiß "seit längerer Zeit" Bescheid
Das hat sich offenbar die Bande aus Hannover zunutze gemacht. Wie genau sie dabei vorgegangen sein soll, wie sie Strohleute rekrutierte, welche Schätze die Mitglieder horteten und was die Ermittler bisher über die Herkunft der 60 Millionen Euro wissen, die über die Konten der Bande gewaschen worden sein sollen, lesen Sie hier.
Die Postbank weiß eigener Auskunft zufolge schon "seit längerer Zeit" über das Betrugssystem der Bande aus Hannover Bescheid. Man arbeite bei der Aufklärung mit den Behörden zusammen, teilte ein Sprecher t-online am Dienstag mit. "In Absprache mit der Deutschen Post wurde außerdem vor geraumer Zeit in den betreffenden Postpartneragenturen die Vermittlung von Finanzdienstleistungen eingestellt."
Postbank beendet Angebot in Post-Partnershops
Wann genau dies passierte, will die Postbank nicht verraten. Sicher ist aber: In Zukunft wird ein Betrug, wie er in Hannover stattfand, nicht mehr möglich sein. Diesen Februar wurde bekannt, dass die Postbank künftig keine Finanzdienstleistungen in Partnershops der Post mehr anbieten will. Ende 2025 soll damit endgültig Schluss sein.
Ob diese Entscheidung möglicherweise auch im Zusammenhang mit den mutmaßlichen Machenschaften der Bande in Hannover steht, dazu äußerte sich die Postbank auf Anfrage von t-online nicht. Im Februar hatte ein Sprecher des Instituts den angekündigten Schritt noch mit sinkender Nachfrage begründet: "Wir beobachten schon länger, dass Kundinnen und Kunden ihre Bankgeschäfte zunehmend online durchführen und der Anteil bargeldloser Zahlungen steigt."
- Telefonat mit Staatsanwalt Oliver Eisenhauer
- Anfrage an die Postbank
- de.statista.com: "Anzahl der Annahmestellen und stationären Einrichtungen der Deutschen Post AG 2022"
- handelsblatt.com: "Postbank zieht sich stärker aus der Fläche zurück als bekannt"
- presseportal.de: Mitteilung der Polizeidirektion Hannover vom 6. Mai 2024