Nach tödlicher Messerattacke Polizisten in Zivil sollen kostenlos Bus und Bahn fahren dürfen
Die Gewerkschaft der Polizei fordert die kostenfreie Nutzung des Nahverkehrs für Beamte in Niedersachsen, auch ohne Uniform – um die Sicherheit in Zügen zu erhöhen.
Polizisten in Niedersachsen sollten nach Ansicht einer Gewerkschaft auch dann den Nahverkehr kostenlos nutzen können, wenn sie keine Uniform tragen. Das könnte auch zu mehr Sicherheit in Zügen führen, wie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) auf Anfrage mitteilte. "Nicht jede und jeder im Vollzugsdienst trägt permanent eine Uniform, zum Beispiel wenn man im Ermittlungsdienst arbeitet. Aber auch diese Kolleginnen und Kollegen können im Ernstfall schnell, geschult und sicher eingreifen, wenn die Sicherheit anderer Fahrgäste bedroht ist", teilte ein GdP-Sprecher mit.
In Baden-Württemberg würden Polizisten in Zivil eine Polizeimarke, Handfesseln und eine Dienstwaffe mit sich tragen und seien dadurch eindeutig der Polizei zuzuordnen. "Gerade in Zeiten, in denen über Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit im Personennahverkehr diskutiert wird, sollte dies daher überdacht werden, wie es in Schleswig-Holstein nun geschehen ist. Zudem kann es als Anreiz gelten, häufiger Bus und Bahn zu nehmen", hieß es von der Gewerkschaft.
Landesregierung hat ähnliche Pläne
Nach der tödlichen Messerattacke Ende Januar in einem Regionalzug in Brokstedt in Schleswig-Holstein hatte die Landesregierung in Kiel erste Schritte angekündigt, wie die Sicherheit in Zügen erhöht werden soll. Dazu zählt unter anderem, dass Polizistinnen und Polizisten in Zivil den öffentlichen Nahverkehr kostenfrei nutzen können, wenn sie eine Dienstwaffe bei sich tragen.
Laut Innenministerium in Hannover gibt es bereits seit Jahren eine Vereinbarung über die Freifahrt von Polizeivollzugsbeamten in Uniform in Zügen der Deutschen Bahn sowie im Nahverkehr in Niedersachsen. Derzeit werde geprüft, ob eine Ausweitung auf eine Freifahrt in ziviler Kleidung ähnlich wie in Schleswig-Holstein zielführend sei, teilte ein Sprecher mit.
Öffentliche Verkehrsmittel sind kein Kriminalitätsschwerpunkt
"Aus polizeilicher Sicht ist es zwingend erforderlich, um Bürgerinnen und Bürger nicht zu verunsichern oder gefährliche Situationen zu begünstigen, dass eine Erkennbarkeit der Polizeibeamtinnen und -beamten auch in ziviler Kleidung möglich bleibt, wenn diese von der Freifahrtregelung in öffentlichen Verkehrsmitteln Gebrauch machen", hieß es weiter aus dem Innenministerium. Die polizeilichen Statistiken ließen keine Kriminalitätsschwerpunkte in öffentlichen Nahverkehrsmitteln erkennen.
Grünen-Innenpolitiker Michael Lühmann sagte, man müsse die Maßnahmen aus Schleswig-Holstein genau prüfen, "ob sie nicht nur geeignet sind, das Sicherheitsgefühl der Reisenden zu erhöhen, sondern auch tatsächlich zur Sicherheit in den Zügen beitragen."
AfD-Innenpolitiker Stephan Bothe sagte, es sei sinnvoll, wenn auch Zivil-Polizisten den Nahverkehr kostenfrei nutzen dürfen, solange sie eine Dienstwaffe bei sich tragen. "Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass im Ernstfall zufällig ein bewaffneter Polizeibeamter anwesend ist und dann auch noch Schlimmstes verhindern kann?" Die Fahrgäste im Nahverkehr würden mit dieser Maßnahme kaum besser vor Gewalttätern geschützt als bisher.
- Nachrichtenagentur dpa