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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kundgebung in Hannover "Alarmstufe Brot": Bäcker fürchten um ihre Existenz
Rohstoff- und Energiepreise sorgen bei Bäckereien für Existenzängste. In Hannover äußerten sie ihren Frust – und ihre Sorgen für die Zukunft des Handwerks.
Am Mittwochnachmittag sind Mitarbeiter der Bäckereibranche aus unterschiedlichen Städten einem Aufruf einer Bäckerei-Kette aus Hannover zu einer gemeinsamen Kundgebung gefolgt. Vor dem Neuen Rathaus kamen nach ersten Schätzungen mehrere Tausend Mitarbeiter und Vertreter des Handwerks zusammen. Auch die Parteispitzen der größten niedersächsischen Landtagsfraktionen waren einer Einladung der Veranstalter gefolgt.
Unter den Demonstranten war auch Hans Gerhard Misch. Misch betreibt seine gleichnamige Bäckerei in Celle. Sein Betrieb blickt auf eine über 200 Jahre währende Familientradition an. Die explodierenden Energie- und Rohstoffpreise machen dem Unternehmer jedoch Sorgen: "Das geht an unsere Substanz", sagt Misch t-online. Die Kosten für Gas in seinem Unternehmen würden sich voraussichtlich vervierfachen. Bereits jetzt muss der Betrieb einzelne Produkte aus dem Sortiment streichen, um wenigstens ein Grundangebot anbieten zu können. Wie es weitergeht? "Ungewiss", sagt Misch.
Die Kundgebung geht auf eine der Bäckermeisterin Caterina Künne aus Hannover zurück. In einer ersten Aktion in der vergangenen Woche hatten zahlreiche Bäckereien in der Region bereits wortwörtlich die Lichter ausgemacht: Um auf ihre Lage aufmerksam zu machen, verkauften zahlreiche Bäckereien in und um Hannover am Donnerstag ohne Beleuchtung. Dazu traf sich Künne auch zum Austausch mit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seinem Wirtschaftsminister und Herausforderer bei den Landtagswahlen im Oktober, Bernd Althusmann (CDU). Beide versprechen Hilfen, auch unabhängig vom Bund – wenn es sein muss.
Bäcker: "Das Getreide ist zu teuer"
Weiter angereist sind Mitarbeiter der Holzofen-Bäckerei Schnarre aus Herford (Nordrhein-Westfalen). Auch dieses Unternehmen blickt auf über 100 Jahre eigener Geschichte zurück. Daniel Schnarre, Inhaber dieser Bäckerei, musste bereits die Vielfalt seines Sortiments reduzieren. "Das Getreide ist zu teuer", sagt er t-online. Auf Gas sei sein Unternehmen vor wenigen Jahren nach Aufforderung des Bundes umgestiegen. Eigentlich wollte er seine Öfen grundsätzlich nur mit Holzpellets heizen. Wegen der CO₂-Umlage stieg er um. Jetzt verdreifacht sich genau hier der Preis.
"Meine größte Sorge ist es, meinen Mitarbeitern Sicherheit zu geben", sagt Schnarre. Fachkräfte im Bäckerhandwerk seien rar. Man wolle immer um Jeden kämpfen. Aktuell fehle ihm aber die Aussicht, dass er seinen Mitarbeitern noch glaubwürdig eine gute Zukunftsaussicht geben kann, wenn vom Bund nicht schnellstmöglich Hilfen kommen, so Schnarre. Einfache Lösungen sieht er nicht. Schnarre kennt auch das Leid der Landwirte. Er weiß, dass man langfristig auch nicht einzig auf Rohstoffe aus dem Ausland setzen dürfe, wenn Preise in Deutschland auf der Spitze sind. "Das führt nach dem Gas aus Russland dann doch direkt in die nächste Abhängigkeit".
"Zeichen stehen auf Sturm"
"Die Energiekrise schlägt derzeit voll auf die Bäckereien durch", hieß es vorab von den Organisatoren. "Die Zeichen stehen auf Sturm." Die Politik müsse die Bedrohung für die Betriebe ernster nehmen und verbindlichere Hilfsangebote machen – auch zum Schutz der Jobs.
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Schon in der vergangenen Woche hatten viele Bäcker in Norddeutschland ihre Probleme thematisiert. Mit einer symbolischen "Licht aus"-Aktion machten sie darauf aufmerksam, dass die Existenz vieler Betriebe ohne Hilfen gefährdet sei. Nach Innungsangaben gibt es in Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern etwa 800 Handwerksbäckereien mit Tausenden Verkaufsfilialen.
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
- Reporter vor Ort