Vetternwirtschaft beim NDR? Lebensgefährte von Sender-Chefin arbeitet in unklarer Berater-Rolle
Hat man auch in der NDR-Chefetage fragwürdige Verträge abgeschlossen? Das legt ein Bericht über einen Radio-Berater aus Hannover nahe.
Im Zuge der Vorwürfe der Vetternwirtschaft gegen die abgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger kommen nun laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung ähnliche Vorwürfe auch gegen den Schwesternsender NDR auf. Offenbar leistet sich der Sender aus dem Norden für seinen Radiosender in Niedersachsen, NDR Niedersachsen 1, einen festangestellten Musik-Chef, Henry Gross – und dazu aber auf Beraterbasis auch noch Dieter Petereit.
Petereit ist dem Bericht zufolge der Lebensgefährte von Sabine Rossbach, der derzeitigen Direktorin des NDR Landesfunkhauses Hamburg. Mögliche Interessenskonflikte sieht der Sender nicht, wie ein Sprecher dem Blatt sagte: Petereits "persönliche Beziehung zu Frau Rossbach" sei demnach "im Sender bekannt" gewesen – der Beratervertrag mit dem NDR aber vom Landesfunkhaus in Niedersachsen genehmigt worden, nicht von Rossbachs Büro in Hamburg.
Vetternwirtschaft beim NDR: Welche Rolle spielte ein Berater?
Landesfunkhäuser sind die Vertretungen von öffentlich-rechtlichen Sendern in jenen Regionen, in denen die Sender in gleich mehreren Bundesländern ihr Programm senden. Dazu gehören neben dem NDR auch der MDR und der SWR. Der NDR unterhält in Hamburg, Hannover, Kiel und Schwerin diese Häuser – für die Einstellung von Mitarbeitern sind die Landesfunkhäuser selbst verantwortlich und darin voneinander unabhängig.
Doch der Aufgabenbereich von Rossbachs Lebensgefährten mutet merkwürdig an: Angeblich bis zu 50.000 Euro pro Jahr soll Petereit vom Landesfunkhaus in Hannover als Honorar über Jahre erhalten haben.
Der Sender erklärte, dass Petereit "längerfristige Veränderungsprozesse“ begleitet habe – der eigentliche Musikchef Gross, seit 2009 im Amt, konnte das offenbar nicht tun. Dabei sagte Gross dem Portal "Radioszene" vor zwei Jahren auf die Frage nach seinem Aufgabengebiet: "Musikzusammenstellung, Moderation von Musiksendungen, programmstrategische Projekte – dazu die üblichen Leitungsfunktionen."
Welche "längerfristigen Veränderungsprozesse" Petereit übernommen hat, die nicht Teil von Gross' Leitungsaufgaben sind, blieb am Abend offen. Der NDR will ähnliche Aufträge "in Zukunft noch sensibler behandeln, vor allem wenn es persönliche Beziehungen zu Mitgliedern der Geschäftsleitung gibt." Gegenüber der Zeitung sagte Petereit selbst: "Meine Frau hat mit der Vermittlung meiner Tätigkeiten als Berater innerhalb des NDR oder anderer Sender nichts zu tun."
- bild.de (kostenpflichtig): "Vorwürfe der Vetternwirtschaft auch beim NDR"
- §3 des Staatsvertrags über den Norddeutschen Rundfunk (PDF)
- radioszene.de: "Henry Gross: "Musik hat nach wie vor einen hohen Stellenwert"