Erst vier Jahre später Hanau: Polizeichef entschuldigt sich bei Hinterbliebenen
Vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag meldet sich der Polizeipräsident zu Wort. Erstmals räumt die Polizei Fehler ein.
Mehr als vier Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Hanau hat der heutige Polizeipräsident von Südosthessen, Daniel Muth, die Hinterbliebenen der Opfer öffentlich um Entschuldigung gebeten. Er folgt damit dem heutigen Innenminister Roman Poseck (CDU), der diesen Schritt im Juni gegangen war. "Ich schließe mich dieser Entschuldigung an", sagte Muth der "Frankfurter Rundschau" (Mittwoch).
"Wir haben Fehler im Umgang mit den Opfern und den Angehörigen gemacht", sagte er weiter. Bei einem politisch motivierten Anschlag hätte "eine sogenannte Landeslage im Landeskriminalamt ausgelöst werden müssen, bei welcher die Führung der Lage an einen besonders erfahrenen Polizeiführer mit dessen Führungsstab übergeben worden" wäre, wird Muth weiter zitiert. "Das ist damals nicht geschehen."
Fehler beim Polizeieinsatz wurden damals nicht eingeräumt
In Hanau hatte am 19. Februar 2020 ein 43-jähriger Deutscher neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Ihre Namen waren Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov. Danach tötete er auch seine Mutter und sich selbst. Ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags hatte sich mit der Tat befasst und in seinem 750-seitigen Abschlussbericht 60 Handlungsempfehlungen genannt – ein Großteil fällt in die Zuständigkeit des Innenressorts.
Weder der damalige Innenminister Peter Beuth (CDU) noch der damalige Präsident des Polizeipräsidiums Südosthessen hatten Fehler der Polizei bei dem Einsatz eingeräumt. Das Polizeipräsidium Südosthessen mit Sitz in Offenbach ist auch für Hanau zuständig.
Angehörige kritisierten fehlende Verantwortungsübernahme
"Wir haben die Fehler benannt, die damals gemacht wurden, etwa bei der Überbringung der Todesnachricht", sagte Muth in dem Interview weiter. "Die Opferangehörigen haben sehr eindringlich geschildert, was das mit ihnen gemacht hat, nicht zu wissen, ob ihre Verwandten tot sind, am Leben sind, wo sie sind. Das muss für sie sehr schwer zu ertragen gewesen sein."
Die Initiative 19. Februar, in der sich Angehörige der Opfer und andere Betroffene des Anschlags sowie Unterstützer zusammengeschlossen haben, hat der Polizei wiederholt Fehler bei dem Einsatz vorgeworfen. Außerdem wurde kritisiert, dass nach dem Anschlag niemand die politische Verantwortung übernommen und es keine Konsequenzen gegeben habe.
- Mit Material der dpa
- Eigene Recherche