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Hessen: Drastischer Mangel an Wasser – die Pools sind voll


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Drastischer Wasserverbrauch in Hessen
"Nur wegen der Bonzen und ihren Pools"


Aktualisiert am 14.08.2023Lesedauer: 5 Min.
Ein Blick auf Kronberg und die Burg (Archivbild): In dem Frankfurter Vorort im Taunus leben viele Millionäre.Vergrößern des Bildes
Ein Blick auf Kronberg und die Burg (Archivbild): In dem Frankfurter Vorort im Taunus leben viele Millionäre. (Quelle: IMAGO/xmeinzahnx)

Viele Gemeinden in Hessen haben Probleme mit dem Wasserverbrauch. Eine von ihnen ist die Stadt Kronberg, wo viele Millionäre leben. Ein Besuch im Juli.

Wer im Juli 2023 durch den Viktoriapark in Kronberg spaziert, der sieht statt grünen Wiesen oft braune, ausgedörrte Flächen. Die Trockenheit setzt dem historischen Parkgelände zu und die Stadt muss Wasser sparen. Die Wasserampel, ein Warnsystem für zu hohen Wasserverbrauch, steht zu diesem Zeitpunkt auf Rot. "Warum haben wir denn das Problem?", fragt ein älterer Herr, der am Schillerteich steht. Es werde zu viel gebaut, beantwortet er die Frage selbst. Seine Lippen zittern vor Wut. Dann fügt er hinzu: "Und wegen der Bonzen und ihren Pools."

Das Narrativ der Reichen, die riesige Pools befüllen und jeden Tag ihren englischen Rasen wässern, ist nicht neu. Dass Kronberg mit zu den Orten in Deutschland gehört, in denen die meisten Einkommensmillionäre leben, eine Tatsache. Doch sind die Bestverdiener auch verantwortlich für den hohen Wasserverbrauch?

Es sei am Problem vorbei berichtet, wenn man versuche, es darauf zu fokussieren, findet Bürgermeister Christoph König. Der Sozialdemokrat sitzt an einem Vormittag im Juli zusammen mit einem Mitarbeiter der Wasserwerke am großen Konferenztisch in seinem Büro, um über das Wasserproblem in Kronberg zu sprechen. Das eigentliche Problem sei der Klimawandel.

Kronberg kämpft mit Trockenheit

König hat Erfahrung mit Berichterstattung über den Wasserverbrauch in seiner Stadt, die in den vergangenen Jahren immer wieder mit Trockenheit zu kämpfen hatte. In der "Zeit" erschien 2022 eine Reportage mit dem Titel "Dürre in Deutschland, aber die Pools sind voll". König war Protagonist in dem Artikel und beantwortete die Frage nach der Schuld der Millionäre damals noch mit "Natürlich stimmt es."

Ein führender Lokalpolitiker der FDP warf ihm daraufhin vor, das Klischee der asozialen Millionäre von Kronberg weiter zu befeuern. Vielleicht ist König auch deswegen darauf bedacht, sich in diesem Jahr anders zu äußern. "Man versucht, das Plakative rauszuarbeiten, dabei sind unsere Trinkwasserthemen dieselben wie in jeder vergleichbar strukturierten Stadt." Als Beispiel nennt er die Nachbarstadt Königstein, wo ebenfalls überdurchschnittlich viele Millionäre leben. Außerdem wohne die Mehrzahl der Kronberger nicht in einem Haus mit Garten, sondern in Mehrfamilienhäusern.

Doch das Problem mit den Gartenbesitzern will König auch dieses Jahr klar benennen: "Dieser massive Anstieg des Verbrauchs lässt sich ausschließlich dadurch erklären, dass in großem Umfang Gärten bewässert werden." Wegen dieses hohen Wasserverbrauches stellte die Stadt ihre Wasserampel von Gelb auf Rot, was sie in einer eindringlichen Pressemitteilung öffentlich machte. Die Mitteilung ist mittlerweile von der Website der Stadt verschwunden.

Auszüge der Pressemitteilung sind noch auf der Seite der "Taunus-Nachrichten" zu finden. Dort ist die Rede von einem "drastisch gestiegenen Wasserverbrauch". Und die Zahlen sprechen für sich. Laut der Stadt liegt der normale tägliche Wasserverbrauch von Kronberg im Herbst und im Winter bei 2.500 bis 2.700, im Frühjahr und im Sommer bei 3.000 bis 3.500 Kubikmetern. Doch in den heißen Tagen Anfang Juli stieg der Wasserverbrauch dramatisch. Fast 4.500 Kubikmeter, also 4,5 Millionen Liter, seien an einem Tag verbraucht worden.

Und auch in der Pressemitteilung werden die automatischen Bewässerungsanlagen für Rasen als ein Grund für den hohen Verbrauch genannt. Bei einer Rasenfläche von 100 Quadratmetern könne der Verbrauch bei bis zu 2.000 Litern pro Bewässerungsgang liegen. "Dies entspricht mehr als dem doppelten Tagesverbrauch einer vierköpfigen Familie", wird König zitiert.

Bei roter Wasserampel droht der Notstand

Doch was bedeutet es eigentlich, wenn die Wasserampel auf Rot springt? Es ist die letzte Warnstufe, bevor die Stadt den Wassernotstand ausruft. Leuchtet sie rot, sollen die Kronberger es unterlassen, ihre Gärten zu bewässern, Pools zu befüllen oder Gebäude und Autos zu reinigen. Doch es ist nur ein Appell, verbieten kann es das Rathaus den Menschen nicht, solange der Notstand nicht ausgerufen wurde.

Nicht weit vom Rathaus entfernt liegt der Berliner Platz im Stadtzentrum von Kronberg. Vor der Markthalle, die mit ihren Säulen ein wenig an Venedig erinnert, schütten Arbeiter Sand für ein Sommerfest mit Stadtstrand auf. "Wir leben in Kronberg in einer überkandidelten Gesellschaft, in der die Leute nicht viel nachdenken", sagt eine Bäckereiverkäuferin. Hier fließe das Geld. Sie selbst gieße ihren Garten nicht mehr, "außer ein paar Blümchen". Gleichzeitig habe sie Bekannte mit gefüllten Pools. Und in Kronberg können Pools auch mal 30 Kubikmeter Wasser oder mehr fassen. Früher habe man den Klimawandel nicht ernst genommen. "Aber jetzt merkt man es", sagt sie fast schon reumütig.

Ein wenig später kommt ihre Chefin dazu. "In Frankfurt gehen die Leute ins Café, in Kronberg holen sie sich Kaffee und Kuchen in den Garten." Sie wolle nicht wissen, was die Reichen für die Gärten ausgeben. Fast alle Menschen, mit denen t-online an diesem Nachmittag spricht, möchten nicht namentlich genannt werden. Kronberg ist eine kleine Stadt. Auch eine Dame, die Verständnis für die Großgartenbesitzer zeigt, möchte lieber unerkannt bleiben: "Wir leben nun mal in einer privilegierten Gegend." Die Stadt könne einfach mehr Wasser kaufen. Dass dieses Wasser woanders fehlt, scheint sie nicht zu interessieren.

Denn auch die Regionen, aus denen Kronberg Trinkwasser zukauft, leiden unter der Trockenheit. "Das Wasser kommt aus dem hessischen Ried und aus dem Vogelsberg. Beide Regionen haben massive Probleme durch den Wasserexport", sagt König. 2.000 Kubikmeter Wasser am Tag kauft Kronberg im Sommer über den Wasserbeschaffungsverband Taunus hinzu. Das Kontingent könne nicht spontan erhöht werden. Außerdem seien die Speicherkapazitäten der Stadt beschränkt und sie zu vergrößern, mache wenig Sinn, da man Trinkwasser nicht länger als drei Tage aufspeichern dürfe. Ungefähr 10.000 Kubikmeter fassen die Becken der Wasserwerke. Das reiche bei Normalverbrauch für die zulässige Lagerungszeit, so König.

Um dem Wasserverbrauch entgegenzuwirken, soll der Bau von Zisternen subventioniert werden. "Die Förderrichtlinie ist gerade beschlossen worden", erzählt König. Außerdem würden Straßenbäume mit Spülwasser aus der Wasseraufbereitung gegossen. Doch das müsse mit einem Tankwagen abgeholt werden. "Wir reden darüber, Brauchwasserleitungen zu verlegen." Man sei aber noch ganz am Anfang dieser Entwicklung. Der Golfklub, der letztes Jahr viel mediale Aufmerksamkeit erhielt, spare ebenfalls Wasser, erklärt König. Damals hatte Kronberg ein offizielles Gießverbot ausgesprochen, doch der Klub durfte weiter seine Rasenflächen bewässern. "Der Golfplatz wässert ausschließlich die Greens, den Fairway lassen sie vertrocknen." Zudem nutze der Klub überwiegend Wasser aus einer eigenen Quelle.

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Auch bei der nächsten Dürre werden die Pools befüllt

In der Facebook-Gruppe Kronberger Forum schreibt ein Nutzer am 10. Juli unter einen Post zur roten Wasserampel: "Ab sofort keine Bewässerung des Golfplatzes mehr! Kein Sonderrecht." Ein anderer Nutzer kommentiert, das Argument, der Platz habe seine eigene Wasserversorgung, sei für ihn nicht valide. Das Wasser solle nicht zur privaten Belustigung gehortet werden, sondern solle der Allgemeinheit gehören.

Zurzeit dürften die Debatten in den Facebook-Gruppen und in der Stadt abgekühlt sein. In den letzten Wochen regnete es viel und beständig im Rhein-Main-Gebiet. Wegen der Niederschläge sei der Trinkwasserverbrauch zurückgegangen, teilte das Rathaus mit. Seit dem 8. August steht die Wasserampel von Kronberg wieder auf Grün. Zumindest so lange, bis die nächste Dürre kommt – und wieder Pools befüllt und Rasen bewässert werden, als gäbe es kein Morgen mehr.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Gespräch mit Kronbergs Bürgermeister Christoph König (SPD)
  • Pressemitteilung der Stadt in den "Taunus Nachrichten" vom 12. Juli 2023
  • zeit.de: Dürre in Deutschland: Aber die Pools sind voll
  • fnp.de: Das leidige Pool-Klischee
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