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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hohe Kosten und Defizite Feste in Frankfurt – drohen weitere Absagen?
Nachdem das Schweizer Straßenfest bereits abgesagt wurde, droht nun auch der CSD in Frankfurt auszufallen. Der Grund: Extrem gestiegene Kosten.
Eines der beliebtesten Feste der Stadt, das Schweizer Straßenfest, ist bereits abgeblasen. Ob der Christopher Street Day (CSD) stattfinden kann, ist fraglich: Massiv gestiegene Kosten und Defizite aus den vergangenen Jahren zwingen die Veranstalter in die Knie.
Fallen noch weitere Frankfurter Feste ins Wasser? Das Berger Straßenfest soll stattfinden, doch die Probleme sind dieselben. Auch die Organisatorin, die "IG Untere Bergerstraße", hat mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Während etwa bei den Veranstaltern vom CSD ein Defizit von 69.000 Euro klafft, sind es für das Berger Straßenfest 40.000 Euro. Dennoch: Der Großteil konnte durch die Stadt und Sponsoren gedeckt werden, wie auf Anfrage von t-online mitgeteilt wurde.
Viele Vereine haben seit der Pandemie mit explodierenden Kosten zu kämpfen. Die Dienstleistungen für Security und Elektrik seien deutlich teurer. "Die Kosten bei manchem Dienstleister sind um 50 Prozent gestiegen. Wir müssen die Kosten tragen, damit wir aber auch alle Stände vermieten, können wir nicht gleichzeitig die Gebühren deutlich erhöhen. Da entsteht eine finanzielle Lücke, die wir selbst tragen müssen", sagt Vorsitzender Kaweh Nemati.
Die Bedingungen für den Wäldchestag oder das Museumsuferfest sind freilich andere. Denn hinter den Festen steht die Tourismus + Congress GmbH, die als Vermarktungsgesellschaft zur Stadt Frankfurt gehört. Doch auch für die beiden großen Feste sind die Kosten deutlich gestiegen. "Logistik, Elektrik, Sicherheit, Strom, wie bei allen Festen auch. Bei einigen Dienstleistern pendeln sich die Kosten langsam wieder ein, teilweise gab es sogar Steigerungen von 800 Prozent. Das klingt absurd, aber es war tatsächlich so", sagt der Geschäftsführer der Tourimus + Congress GmbH, Thomas Fehder, zu t-online.
"Für die Stadt ist das Museumsuferfest wertvoll"
Doch auch wenn hinter der Gesellschaft die Stadt steht, muss sie das Gesamtbudget von 60 bis 70 Prozent selbst erwirtschaften. Also müsste sie Kosten reduzieren, so Fehder. Das heißt: weniger Werbung, weniger Programm. "Klar werden wir durch Zuschüsse der Stadt unterstützt, dennoch schaut die Stadt genau hin, wie sehr sie Verluste mittragen kann", sagt Fehder.
Im vergangenen Jahr habe man ein Minus im sechsstelligen Bereich erwirtschaftet. "Dann fragt die Stadt schon: Was ist uns das Fest wert? Wie stark kann ich den Verlust auffangen? Für die Stadt ist das Museumsuferfest wertvoll, da muss man eben auch mal einen Verlust in Kauf nehmen."
Beim Wäldchestag dagegen müsste schon viel passieren, bis er abgesagt werde. Das Fest findet seit 1792 in der Mainmetropole statt – einige Unternehmen geben ihren Mitarbeitern sogar extra dafür frei. Mit der Dippemess sei man auf einem guten Weg. "Die Pandemie hatte uns da sehr getroffen. Wir mussten teilweise die Standmieten erhöhen, haben hier jedoch versucht, mit den Schaustellern einen Kompromiss zu finden. Das hat ganz gut geklappt", sagt Fehder.
Das Fressgass Fest soll ebenfalls stattfinden – zumindest in diesem Jahr, wie der Veranstalter mitteilt. "Wir haben dieses Jahr 40-jähriges Jubiläum und deshalb war es uns natürlich sehr wichtig, dass es stattfindet. "Gerne hätte man dafür "ein paar besondere Aktionen geplant", aber dafür "reichen die Einnahmen aus dem Fest nicht aus". Denn: Laut eigenen Angaben wird aus den Einnahmen des Festes auch die Weihnachtsbeleuchtung für die Fressgasse finanziert.
Die Kosten seien bereits im letzten Jahr um teilweise 43 Prozent gestiegen. "Wenn die Kosten weiter steigen, dann wird Frankfurt in Zukunft sicher auf weitere Traditionsfeste verzichten müssen, was sehr bedauerlich wäre", sagt der Veranstalter zu t-online. Doch man bleiben optimistisch und gehen davon aus, dass es das Fressgass Fest auch 2024 geben wird.
CSD in Frankfurt auf zusätzliche Gelder der Stadt angewiesen
Auch die Offenbacher Stadtmarketinggesellschaft spricht von enorm gestiegen Kosten für die Veranstaltungen. Beim Mainuferfest handle es sich allerdings, anders als beim CSD oder bei den Frankfurter Straßenfesten, um ein städtisches Fest für die Vereine. "Das bedeutet, dass die Finanzierung seit jeher durch die Stadt erfolgt und folglich mit Kosten für die Stadt verbunden ist", sagt ein Sprecher der Stadt. Organisiert werde das Fest von der Offenbacher Stadtmarketinggesellschaft, einer Beteiligungsgesellschaft von Stadt und Stadtwerken Offenbach. Es soll auch in diesem Jahr stattfinden.
Damit der lokale CSD gerettet werden kann, ist der ausrichtende ehrenamtliche Verein auf Spendengelder, Sponsorings und zusätzliche Mittel der Stadt angewiesen. Die SPD Frankfurt fordert ihre Fraktion und den designierten Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) auf, Gespräche mit der zuständigen Dezernentin für Diversität, Nargess Eskandari-Grünberg (Grüne), Stadtkämmerer Bastian Bergerhoff und dem Vorstand des CSD Frankfurt zu führen, "um herauszufinden, welche Probleme entstanden sind" und wo die Stadt unterstützen kann, heißt es in einer Mitteilung.
Auch Michael Müller, Fraktionsvorsitzender der Linken im Römer, fordert die Frankfurter Politik zur Unterstützung auf: "Die Tatsache, dass der CSD in diesem Jahr auf der Kippe steht, weil durch die anhaltend hohe Inflation Kosten explodieren, ist ein Problem – nicht nur für den CSD, sondern auch für viele andere Vereine, die Straßenfeste und Ähnliches organisieren." Es brauche zumindest einen Inflationsausgleich.
- Eigene Recherche
- Anfragen an Stadt Offenbach, Stadt Frankfurt, IG Untere Bergerstraße
- Mitteilung der SPD in Frankfurt am 25.April 2023
- Mitteilung der Linken-Fraktion im Römer am 25. April 2023