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Der Fall des grausam getöteten Tristan lässt vielen keine Ruhe


Cold Case aus Frankfurt
Grausamer Mord an Tristan: Die schwierige Suche nach dem Täter

Von dpa, RF

Aktualisiert am 26.03.2023Lesedauer: 4 Min.
TristanBrübach - 1Vergrößern des Bildes
Tristan Brübach: Insgesamt gingen mehr als 23.000 Hinweise zu dem Mord an dem Jungen ein. (Quelle: Polizei Hessen)

Vor 25 Jahren wurde Tristan Brübach brutal getötet – bei keiner anderen Tat wurden vergleichbare Verstümmelungen gefunden. Der Täter ist bis heute unbekannt.

Jeder in Frankfurt-Höchst kennt sein Foto: ein blonder Junge im grünen Kapuzenpullover, der ohne Lächeln in die Kamera blickt. Der Junge auf dem Bild ist der damals 13-jährige Tristan Brübach. Er wurde vor 25 Jahren grausam getötet.

Am Tag des 26. März 1998 schlägt und würgt der Täter den 13-Jährigen bis zur Bewusstlosigkeit und durchtrennt ihm anschließend die Kehle. Danach schneidet er der Leiche mit einem Messer große Gewebe- und Muskelstücke vom Bein und Gesäß und entnimmt die Hoden. Die Körperteile nimmt er mit – die verstümmelte Leiche lässt er im Liederbachtunnel am Höchster Bahnhof zurück, auf einem Betonsockel aufgebahrt, seine Schuhe auf seinen Oberschenkeln drapiert. Dort wird sie am selben Tag von spielenden Kindern gefunden.

Tristans Mörder ist bis heute unbekannt. "Ist er selbst Familienvater? Lebt er in Frankfurt oder außerhalb? Pendelt er möglicherweise zu seiner Arbeitsstätte nach Frankfurt? Warum wählte er gerade Tristan als sein Opfer aus? Warum wurde Tristan auf so bestialische Art und Weise ermordet? Wo sind die nicht aufgefundenen Leichenteile?" Diese Fragen zu dem Fall sind bis heute auf der Seite des Bundeskriminalamtes zu lesen.

Mord am hellichten Tag

Die Brutalität und Grausamkeit des Falles sorgt für Entsetzen – weit über die Grenzen Frankfurts hinaus. Bei keiner anderen Tat wurden vergleichbare Verstümmelungen gefunden. Es scheint, als ob sich der Täter unbeobachtet gefühlt habe: Er überfiel Tristan am helllichten Tag, tötete ihn und ließ ihn im nahegelegenem Flussbett ausbluten. Erst danach soll er ihn in den Tunnel gebracht haben.

Eine Analyse der Ermittler aus dem Jahr 2012 kam zu der Einschätzung, dass der Täter den Tatort bewusst, sein Opfer allerdings zufällig auswählte. "Primäres Motiv des Täters ist die Erlangung der Körperteile eines männlichen, kindlichen Opfers zur Umsetzung seiner sexuellen Fantasien", heißt es seitens der Ermittler.

Auch nach 25 Jahren gibt es keine Antwort auf die Frage, ob der oder sogar mehrere Täter im Bereich des Tunnels auf den Jungen warteten oder ob sie Tristan unter einem Vorwand nach unten lockten. Vielleicht trafen sie auch nach Tristan an der Unterführung ein. Noch kurz vor der Tat war der Junge von mehreren Zeugen gesehen worden.

Tristan war viel allein unterwegs gewesen – die Mutter starb früh, der Vater zog ihn allein auf. Berichten zufolge verbrachte er viel Zeit mit seinem Kaninchen und spielte Fußball. Er wuchs in den Frankfurter Stadtteilen Höchst und Unterliederbach auf. Mehrere Zeugen gaben an, den Jungen zuvor mit einem Mann gesehen zu haben – identifiziert wurde dieser bislang nicht. Das Fahndungsbild von dem "Mann mit Zopf" ist in sämtlichen Internetforen und auch auf der Seite vom BKA zu finden: ein ungepflegter, blasser Mann mit dunkelblondem Zopf und einer Narbe an der Oberlippe, möglicherweise von einer Gaumenspalte.

Der Mann mit dem Zopf

Die bis heute wichtigste Spur im Mordfall Tristan: Das Fragment eines blutigen Daumenabdrucks. Dieser wurde auf einem Schulbuch des Jungen am Tatort gefunden. Im Jahr 2002 organisierte die Polizei eine Massentestung – bis zu diesem Zeitpunkt die größte ihrer Art in Deutschland. Tausende Männer, die zum Zeitpunkt der Tat zwischen 15 und 45 Jahre alt gewesen waren und in den Stadtteilen Höchst oder Unterliederbach gewohnt haben, sowie Pendler gaben ihre Fingerabdrücke ab – bisher konnte kein übereinstimmender Treffer in den Datenbanken gefunden werden.

Obwohl Tristans Schulbücher an der Unterführung gefunden worden waren, wurde sein Rucksack erst im März 1999 in einem Waldstück bei Niedernhausen entdeckt. Die Ermittler fanden in ihm eine Deutschlandkarte auf Tschechisch. Ob sie in Verbindung mit der Tat steht, bleibt offen.

Elf Tage nach seiner Ermordung wurde Tristan auf dem Friedhof in Frankfurt-Höchst beigesetzt. Auf einem Herz aus Stein an seinem Grab steht:" Tristan – *1984 – ermordet 1998". Eineinhalb Jahre nach Tristans Tod wird sein Grab von Unbekannten geschändet – es gelingt ihnen jedoch nicht, den Sarg zu öffnen.

Parallelen zu anderen Mordfällen

25 Jahre später haben sich die meisten Spuren der "AG Tristan" im Sande verlaufen. Insgesamt gingen mehr als 23.000 Hinweise zu dem Fall ein. Nachdem eine große Sonderkommission versucht hatte, den Fall aufzuklären, ging zuletzt nur noch ein Ermittler Hinweisen nach, die etwa im Zusammenhang mit anderen Kriminalfällen geprüft wurden: der Frankfurter Kommissar Uwe Fey. Er befindet sich mittlerweile im Ruhestand. "Die bisher erlangten Ermittlungsansätze wurden nach den derzeitigen Möglichkeiten der Kriminaltaktik und -technik ausgeschöpft. Wir gehen jedoch selbstverständlich weiterhin jedem Hinweis nach, der zur Tataufklärung beitragen könnte." sagt Thomas Hollerbach, Pressesprecher im Frankfurter Polizeipräsidium.

Dabei werden auch neueste und modernste kriminaltechnische Möglichkeiten mit einbezogen, sofern sich auf diesem Gebiet seit dem Mord an Tristan Neuerungen ergeben haben. "Bislang war dies jedoch erfolglos", sagt Hollerbach.

In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Verdächtige überprüft, gegen die im Zusammenhang mit anderen Straftaten ermittelt wurde. So etwa der mutmaßliche Serienmörder Manfred Seel. Erst vor drei Jahren prüften die Ermittler einen weiteren neuen Ansatz, sagt Nadja Niesen, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft: "Im Rahmen des hiesigen Ermittlungsverfahrens wegen Mordes an Tristan Brübach wurde auch eine mögliche Täterschaft von Christian B., gegen den im Fall "Maddie" ermittelt wurde, geprüft", sagt sie. "Es ergab sich jedoch kein konkreter Tatverdacht."

Private Initiative erinnert an Tristan Brübach

Das zuletzt mit dem Fall befasste Kommissariat K11, CCU (Cold Cases Unit), des Polizeipräsidiums Frankfurt geht weiter Hinweisen nach – wenn es sie denn gibt. "Erfolgversprechende Hinweise hat es zuletzt aber nicht mehr gegeben, und eine Tataufklärung wird natürlich mit zunehmendem Zeitablauf immer schwieriger", räumt Niesen ein.

In Internetforen diskutieren selbst ernannte Hobbyermittler ihre eigenen Theorien – auch heute noch. Der ungelöste Mordfall lässt vielen keine Ruhe. Zudem gibt es eine Website und Facebook-Seite von Privatleuten, die Tristan Brübach vor dem Vergessen bewahren wollen. Auf dem Hauptfriedhof Höchst erinnert dank der privaten Initiative seit 2018 ein kleines, einem Grab nachempfundenes Denkmal an den Jungen. Tristans Grab wurde mittlerweile wie das umgebende Gräberfeld eingeebnet. Auch das Herz aus Stein ist immer noch dort zu finden.

Verwendete Quellen
  • mordfall-tristan.de
  • Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa
  • bka.de: Tristan Brübach
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