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"Letzte Generation": So finanzieren die Klimaaktivisten ihren Protest


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Aktivisten brechen ihr Schweigen
Was hinter dem Geldregen für die "Letzte Generation" steckt

InterviewVon Stefan Simon

Aktualisiert am 16.01.2023Lesedauer: 6 Min.
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Polizisten führen einen "Letzte Generation"-Aktivisten ab, der zuvor eine Straße blockierte: Bis zu 1.000 Menschen engagieren sich für die Gruppe. (Quelle: Jonas Walzberg/dpa)
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Die Klimaaktivisten finanzieren sich über Spenden. Einige von ihnen erhalten sogar Gehälter. Doch wie das genau abläuft, dazu schwiegen sie. Bis jetzt.

Auch KIimaaktivisten brauchen Geld. Zum Beispiel bei der "Letzten Generation". Viele der rund 1.000 Mitglieder haben ihr Studium pausiert oder ihren Job geschmissen, um bei ihren Aktionen wie den Verkehrsblockaden dabei zu sein. Doch wie sich die Gruppe genau finanziert und von wem sie Geld erhält – darüber gibt es viele Spekulationen. Bekommen Aktivisten sogar Gehalt, etwa von der Organisation "Climate Emergency Fund"?

Falsch sei das nicht, doch es gebe zu viele "Halbwahrheiten", sagt Sprecherin Carla Hinrichs im Gespräch mit t-online, die erst vor zwei Wochen einen Strafbefehl vom Amtsgericht Frankfurt erhalten hat. Im Exklusiv-Interview mit t-online bricht sie zusammen mit Sprecher Kim Schulz erstmals ihr Schweigen um Ein- und Ausgaben sowie die kaum bekannten Finanzquellen der "Letzten Generation".

t-online: Frau Hinrichs, Herr Schulz, warum ist es Ihnen so wichtig, gerade jetzt Ihre Finanzen offenzulegen? Es ging Ihnen doch bislang immer nur um ihre Aktionen und den Klimawandel.

Carla Hinrichs: Es gibt sehr viele Menschen, die jetzt gerade alles, was sie haben, in den Widerstand gegen die Bundesregierung stecken, die derzeit versagt, um unsere Lebensgrundlage zu schützen. Dieser Widerstand wird oft als Freizeitengagement deklariert, aber so ist das nicht.

Die "Letzte Generation" benötigt Geld für Proteste, Banner und letztlich für die Aktivisten, die in vielen Bundesländern organisiert sind – was kostet sie das im Monat und wie viele sind sie?

Hinrichs: Wir gehen von etwa 800 bis 1.000 Menschen aus, die sich bundesweit bei der "Letzten Generation" einbringen. Sie halten Vorträge, gehen auf die Straße, organisieren Essen für diejenigen, die auf der Straße sind. Wie wir das alles finanzieren, das ist erst mal eine größere Frage.

Dann klären Sie uns doch mal auf.

Kim Schulz: Wir haben die Kosten nicht monatlich aufgestellt, weil das sehr unterschiedlich ist. Im Oktober, November, Dezember haben wir sehr viel Widerstand in Berlin geleistet und deswegen auch höhere Ausgaben gehabt. In anderen Monaten war das deutlich weniger. Wir werden aber auch mehr Menschen und dadurch steigen auch die Kosten. Wir haben dazu einen Transparenzbericht erstellt. Unsere Einnahmen 2022 lagen bei knapp über 900.000 Euro. Die Ausgaben bei etwa 535.000 Euro.

Von wem kommt das Geld?

Hinrichs: Das Geld kommt von Tausenden privaten Spenderinnen und Spendern, die über unsere Webseite, einen Link oder per Pay Pal Geld spenden auf unser nicht-gemeinnütziges Konto. Die Leute erhalten dafür keine Spendenquittung.

Sie werden auch von dem Berliner Verein "Wandelbündnis" oder der US-amerikanischen Organisation "Climate Emergency Fund" unterstützt.

Hinrichs: Der "Climate Emergency Fund", der weltweit viele Klimaaktivisten unterstützt, wollte uns helfen. Das geht aber nur, wenn Gruppen gemeinnützig sind. Im Laufe der Zeit wurden wir immer mehr und viele unserer Leute leisten gemeinnützige Arbeit. Sie halten etwa Vorträge und fahren dafür durch das Land. So entstehen hohe Ausgaben. Einige Unterstützende kamen daher auf die Idee, an das "Wandelbündnis" heranzutreten.

Das "Wandelbündnis" finanziert also Ihre Arbeit?

Hinrichs: Das "Wandelbündnis" war bereit, eine "Letzte-Generation-Unterstützungsinitiative" in ihre Strukturen zu integrieren. Diese konnte das Geld vom "Climate Emergency Fund" annehmen und die gemeinnützige Bildungsarbeit der "Letzten Generation" finanziell und personell unterstützen. Die Initiative heißt "Gemeinnützige Bildungsarbeit zur Unterstützung von Letzte Generation".

Was heißt Bildungsarbeit?

Hinrichs: Ein Mensch arbeitet etwa als Kampagner für Klimaschutz. Das umfasst die Organisation und die Vorbereitung von Vorträgen und Trainings. Oder dass man zum Thema Klimagerechtigkeit für das Verteilen und die Beschaffung sowie die Herstellung von Werbematerialien zuständig ist. Ansonsten gibt es noch andere Formen von Bildungsreferenten. Sie bereiten Vorträge vor, organisieren den Vortragsraum, vernetzen und tauschen sich mit anderen Gruppen aus.

Stellt das "Wandelbündnis" solchen Kampagnern auch sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge aus und zahlt ihnen Gehälter? Zu hören war von einer Summe von bis zu 1.300 Euro im Monat.

Hinrichs: Es gibt die Möglichkeit, in solch ein Verhältnis zu treten, sei es ein Minijob oder in Vollzeit. Sie erhalten jedoch nur Geld, um ihre Lebenshaltungskosten zu finanzieren. Das geht aber auch auseinander. Da ist eine Studentin dabei, die nur ihr WG-Zimmer zahlen muss, aber auch Menschen, die drei Kinder haben und ihren Job aufgegeben haben.

Reicht das zum Leben und wie viele Menschen erhalten ein Gehalt?

Hinrichs: Wie viel welche Person jeweils bekommt, hängt auch vom individuellen Bedarf ab. Es werden derzeit 41 Menschen für ihre Bildungsarbeit unterstützt.

Schulz: Soweit ich weiß, liegt der Höchstbetrag bei 1.300 Euro.

Wie viel Geld ist über das "Wandelbündnis" in Ihre Bildungsarbeit geflossen?

Schulz: Das waren 2022 etwa 50.000 Euro. Diese Gelder werden aber für Materialien für Vorträge verwendet oder für Räume, die angemietet werden müssen, nicht aber für Gehälter.

Also ist ein Teil von Ihnen demnach Berufsaktivist?

Hinrichs: So würde ich das nicht bezeichnen. Das sind einfach Menschen, die gerade beschlossen haben, die Bevölkerung darüber aufzuklären, dass wir in eine Klimakatastrophe rasen.

Erhalten Sie beide selbst auch Geld vom "Wandelbündnis"?

Hinrichs: Nein.

Schulz: Nein.

Wie finanzieren Sie sich dann?

Schulz: Meine Eltern unterstützen mich und ich brauche nicht viel.

Hinrichs: Seit ich mein Erspartes aufgebraucht habe, finanziere ich meinen Lebensunterhalt privat über Spenden außerhalb der "Letzten Generation". Das reicht für die Miete, Krankenversicherung und das Nötigste. Ich bin dankbar, dass sich immer mehr Menschen entscheiden, Teil des Widerstands zu werden. Auf der Straße oder indem sie Geld geben.

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Das Stiftungsvermögen des "Climate Emergency Fund" stammt von Philanthropen wie Aileen Getty, Enkelin des Erdöl-Tycoons Jean Paul Getty. Das klingt weniger nach Klimaaktivismus.

Hinrichs: Ja und nein. Ich glaube, wir müssen hier einmal wirklich kurz rauszoomen und anschauen, in welcher Situation wir sind. Wir rasen in eine Katastrophe, die unser aller Leben massiv beeinflussen wird. Wenn es so weitergeht, dann gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass wir in einer drei bis vier Grad heißeren Welt bis zum Ende des Jahrhunderts leben werden und unsere Welt wahrscheinlich in Kriegen versinken wird. Über diese Szenarien ist natürlich auch Aileen Getty nicht erfreut. Also hat sie sich entschlossen, ihr Geld zu investieren, und vielleicht ist das eine Wiedergutmachung. Wir wissen es nicht.

Dennoch ist es immer wieder Gesprächsthema: Klimaaktivisten werden von Öl-Erbin finanziert.

Hinrichs: Ich glaube nicht, dass uns das infrage stellt. Wir haben uns dazu entschlossen, einer Krise zu begegnen, die dazu führen wird, dass Milliarden Menschen dort, wo sie leben, in Zukunft nicht mehr leben können. Und wenn eine Enkelin eines Öl-Tycoons entscheidet, ihr Geld da reinzustecken, also in etwas Gutes, in etwas, das uns vor dem Abgrund bewahren kann, dann ist es natürlich Geld, das sinnvoll aufgehoben ist.

Auch der Filmregisseur Adam McKay ("Don't Look Up") unterstützt Sie. Welche großen Geldgeber oder bekannte Namen gibt es noch?

Schulz: Wir können Ihnen jetzt keine Liste an Namen von Spendern geben.

Hinrichs: Wir kennen auch nur diese drei Namen.

Erhalten Sie in irgendeiner Form direkte Zuwendungen aus den Ministerien auf Bundesebene oder Behörden auf Landesebene?

Hinrichs: Nein.

Es war zu lesen, dass Sie Fördergelder vom Staat bekämen.

Hinrichs: Das beruht auf einem absoluten Missverständnis. Wir nutzen für unser nicht- gemeinnütziges Konto die Plattform Elinor. Und Elinor wurde vom Bundeswirtschaftsministerium finanziell unterstützt, damit Gruppen Gruppenkonten erstellen können. Und wir benutzen eben so ein Gruppenkonto.

Sie sammeln außerdem Geld auf Gofundme, das zerteilt sich in sehr viele Einzelaktionen – mal für die Strafgebühren von Straßenblockierern insgesamt, mal gezielt für einzelne Aktivisten –, wie viel ist darüber insgesamt bisher zusammengekommen?

Schulz: Das ist sehr unterschiedlich, wie Sie bereits gesagt haben. Wir machen Gofundme-Kampagnen als "Letzte Generation", etwa für Klebegebühren. Aber auch Privatpersonen setzen solche Crowdfundings auf. Die Einkünfte aus den Gofundmes der "Letzten Generation" sind in unserem Transparenzbericht Teil der Sparte Sammelspenden/Crowdfundings, die für das Jahr 2022 insgesamt 313.372 Euro umfasst.

Frau Hinrichs, Herr Schulz, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Carla Hinrichs und Kim Schulz von der "Letzten Generation"
  • Transparenzbericht der "Letzten Generation"
  • Eigene Recherche
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