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"Reichsbürger" aus Frankfurt: Nutzt Heinrich XIII. seine Tochter für Propaganda?


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"Reichsbürger"-Verschwörung
Setzt der Terror-Prinz seine Tochter für Propagandazwecke ein?


Aktualisiert am 18.12.2022Lesedauer: 3 Min.
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Auf Einladung Russlands: Videoaufnahmen zeigen den Auftritt des Terror-Prinzen vor den Vereinten Nationen. (Quelle: t-online)

Bei einer Rede vor der UN sprach Heinrich XIII. Prinz Reuß offen der Bundesrepublik die Souveränität ab. Dabei ging es in der Rede um seine behinderte Tochter.

In der vergangenen Woche wurden bei einer bundesweiten Razzia 25 "Reichsbürger" festgenommen, darunter der mutmaßliche Rädelsführer Heinrich XIII. Prinz Reuß, wohnhaft in Frankfurt am Main. Er sollte unter Einsatz von Gewalt zum Staatsoberhaupt gemacht werden. Mittlerweile ist viel über die mutmaßlichen Putschisten, deren Hintergründe und Verstrickungen mit der AfD bekannt.

So auch über den "Reichsbürger"-Prinzen. Er glaubt seit Jahren an Verschwörungsmythen. Im Internet kursieren mehrere Reden von ihm. Im Jahr 2019 wurde er mutmaßlich vom Außenministerium der Russischen Föderation eingeladen, um zum Thema behinderte Menschen bei der UN in Genf eine Rede zu halten. Reuß' Tochter hat Trisomie 21. In dem rund achtminütigen Video nennt er Beispiele aus dem Alltag, die zeigen würden, wie seine Tochter durch deutsche Gesetze diskriminiert werde. Seine Tochter werde etwa per Gesetz als Sache und nicht als Mensch gesehen. Dabei benutzt er die Behinderung seiner Tochter für seine "Reichsbürger"-Propaganda.

Zu Beginn seiner Rede erzählt er, dass seine Tochter seit ihrer Ausbildung in einem Verein ein Berufsverbot habe, weil sie nicht versicherbar sei. "In meiner Firma darf ich sie nicht beschäftigen", sagt er. Warum sie nicht bei ihm arbeiten darf, erklärt er jedoch nicht. Dann spricht er davon, dass er einmal eine Geldstrafe an ein Frankfurter Gericht habe zahlen müssen, weil er zu einer Aussage nicht gekommen sei. Er habe sich um seine Tochter kümmern müssen, sagt er. "Dafür wurde ich vom Gericht mit 65 Euro bestraft. Wir wissen ja, dass Gerichte Firmen sind und Umsatz machen müssen", sagt er daraufhin. Dann beschwert er sich über die Stadt Frankfurt am Main, weil er keine Parkberechtigung bekomme, um seine Tochter, die übergewichtig sei, "näher ans Ziel zu bringen".

Reuß spricht offen der Bundesrepublik die Souveränität ab

In der Mitte seiner Rede spricht er ganz offen davon, dass die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat sei. So sagt er etwa: "1990 hat der damalige Außenminister Genscher nach der Wiedervereinigung Deutschland bei der UN abgemeldet und als 'Germany Lizenznehmer' wieder angemeldet." Ab diesem Zeitpunkt spricht er nur noch von "Germany" statt von Deutschland.

Weiter sagt Reuß, dass "Germany" in der UN-Charta als Feindstaat eingetragen sei, keine eigene Verfassung habe und noch immer das Grundgesetz aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gelte, das als "Verwaltungsordnung für das vereinte Wirtschaftsgebiet Deutschland durch die Alliierten geschrieben wurde".

Es stimmt zwar, dass die Charta noch immer eine Feindstaatklausel enthält. Die Bundesrepublik vertritt jedoch stets die Auffassung, dass die Feindstaatenklauseln spätestens mit dem Beitritt der beiden deutschen Staaten im September 1973 zu den Vereinten Nationen obsolet geworden sind. Die Tatsache, dass die Bundesrepublik Deutschland bereits viermal dem Sicherheitsrat angehört und einen Präsidenten der Generalversammlung gestellt hat, zeigten, dass Deutschland bei den Vereinten Nationen die vollen Rechte eines gleichberechtigten Staates ausübe, heißt es in einem Bericht der Wissenschaftlichen Dienste im Deutschen Bundestag.

Reuß aber sagt: "Wenn heute von der Souveränität Germanys gesprochen wird, so ist die Rede von der wirtschaftlichen Souveränität in dem vereinten Wirtschaftsgebiet der Alliierten."

Reichsbürger-Pass und Waffe (Symbolbild): Ein Reichsbürger hat bei seiner Festnahme einen Beamten verletzt.
Reichsbürger-Pass und Waffe: In Deutschland werden 18.000 Reichsbürger vermutet. (Symbolfoto) (Quelle: Christian Ohde/dpa)

"Reichsbürger"-Razzia

Die inhaftierten Personen sind Anhänger einer ganzen Bandbreite von Verschwörungsmythen, darunter Narrative der "Reichsbürger"-Szene sowie der QAnon-Ideologie. "Reichsbürger" erkennen den Staat und die demokratischen Strukturen nicht an, der Verfassungsschutz rechnet der Bewegung rund 21.000 Anhänger zu.

Der Prinz wünscht sich vor der UN das Deutsche Reich zurück

Gegen Ende seiner Rede findet er wieder den Dreh zu seiner Tochter. Er sagt, dass nun, über 70 Jahre später und ohne Friedensvertrag, deutlich werde, dass im "Vereinten Wirtschaftsgebiet Germany" Menschen wie Sachen behandelt würden. "Im Deutschen Kaiserreich, 1918, war der Mensch nach dem Gesetz noch Mensch und keine Sache. Vielleicht sollte man diese völkerrechtlichen Strukturen wieder aktivieren", sagt er vor UN-Vertretern.

Das Ende seiner Rede klingt so, als mache er deutlich, was die mutmaßliche Terrorgruppe drei Jahre später mit dem Prinzen an der Spitze geplant hat: "Das Deutsche Reich war völkerrechtlich und richterlich festgestellt. Es ist nicht untergegangen. Es bedarf nur einer Verwaltungsstruktur, um den Deutschen wieder eine Verfassung zu geben und um Friedensverträge abschließen zu können."

Vor einigen Monaten hatte das Haus Reuß dem MDR mitgeteilt, bei Heinrich XIII. Prinz Reuß handle es sich um einen "entfernten" Verwandten, einen "teilweise verwirrten" alten Mann, der "verschwörungstheoretischen Irrmeinungen" aufsitze. Er habe vor Jahren den Familienverbund verlassen, und es bestehe kein persönlicher Kontakt mehr. Nun sitzt der Prinz in Untersuchungshaft.

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